Mittwoch, Mai 13, 2020

Kurzreviews Februar/2020

Die dritte nachträgliche Review-Liste und was für ein Brocken, schließlich präsentiere ich dieses Mal satte 39 Filme (das könnte die längste Liste sein, die ich bis zum heutigen Tag veröffentlicht habe...) und (kärgliche) 2 Serienstaffeln/-specials (ausgeschlossen Filme, die ich mich nicht im Stande sehe zu bewerten, weil ich sie z.B. nur zum Einschlafen gesehen habe und noch nicht beendete Serienstaffeln), die ich bisher im Monat Februar gesehen habe.


Serien-Staffeln
Superman: The Animated Series (Season 1) (1996-1997) - (6,5-7,5)
Sex Education (Season 2) (2020) - (8-8,5+)

Filme
Zatoichi and the Fugitives [座頭市果し状 Zatōichi hatashijō(1968)
Diesmal bekommt es Ichi mit einer Bande ruchloser flüchtiger Mörder mitsamt ausgefuchster weiblicher Begleitung zu tun, die sich beim lokalen intriganten, gewinnsüchtigen Oyabun Unterschlupf erkauft haben. In der Zwischenzeit findet Ichi bei Shimura Takashis mildtätigem Arzt einen naturgemäß bloß ephemeren sicheren Hafen, der ihm abermals einen Ausweg, ein neues Leben verspricht, bevor ihn das blutverschmierte Schicksal mitleidlos einholt und diesen Silberstreifen gnadenlos zunichtemacht. "Zatôichi no uta ga kikoeru" ähnlich ist "Zatōichi hatashijō" ordentlicher Durchschnitt ohne große Überraschungen, ohne groß herauszustechen, in manchem variiert er bekanntes gar höchstens minimal. (6,5)

Samaritan Zatoichi [座頭市喧嘩太鼓 Zatōichi kenka-daiko(1968)
Der wäre mir glatt unter die Räder gekommen, Sichtung und Schreibtätigkeit lagen wohl etwas zu weit auseinander, so habe ich ihn in meiner Erinnerung etwa mit "Zatōichi goyō-tabi" durcheinandergebracht. Das tut ihm Unrecht: "Zatōichi kenka-daiko" ist mitnichten eine vergessenswerte Episode, sondern mindestens grundsolides bis gehobenes Mittelfeld innerhalb der Serie, sichergestellt vermöge der bewährten kompetenten Kapazitäten vor und hinter der Kamera, nicht zuletzt Misumi Kenjis über jeden Zweifel erhabene Regie. Man könnte sagen, dass "Zatōichi kenka-daiko" einem Remake von "Zatōichi kenka-tabi" gleichkommt, hüben wie drüben hilft Ichi einer Jungfrau in Nöten (die er ein Stück weit selbst zu verschulden hat) und begleitet sie fortan pflichtversessen auf ihrer beschwerlichen Reise, um sie vor den Häschern der Yakuza zu bewahren, welche sie in die Prostitution zu zwingen trachten. Hinzu gesellt sich Satō Makotos widerliche Ausgeburt eines gedungenen Mörders, dem sich Ichi in einem hervorragenden finalen Duell stellen darf. (7)

Zatoichi Meets Yojimbo [座頭市と用心棒 Zatōichi to Yōjinbō(1970)
Das erste Treffen der Giganten: Katsu Shintarō versus Mifune Toshirō, Ichi kontra Tsubaki Sanjūrō - mehr oder weniger. In letzter Konsequenz war nie klar ersichtlich, ob Mifunes Charakter tatsächlich dem legendären Ronin aus Kurosawa Akiras "Yojimbo" entsprechen soll oder nicht. Sei's drum: die Assoziationen und Parallelen sind überdeutlich, die Produktion kokettiert vermittels ihnen unübersehbar. Und um beiden Legenden gerecht zu werden, spendierte man dem Zusammentreffen die für einen Zatoichi-Steifen üppige Laufzeit von annähernd zwei Stunden im Kontrast zu den sonst gebräuchlichen knackigen 90-Minütern. Ergo dürfen die beiden Rivalen fröhlich-ausgiebig die zwei ansässigen Yakuza-Clans, die diesfalls um den Goldschatz ringen, auf den es unsere Helden natürlich gleichfalls abgesehen haben, an der Nase herumführen und gegeneinander ausspielen, sich zusätzlich untereinander necken und reizen, dieses Mal kooperieren, ein anderes Mal bedrohen und die Klingen kreuzen. Das Beste aus beiden Welten, wage ich zu behaupten, schlimmstenfalls ein bissken zu lang ausgefallen, bestenfalls ein idealer Zweikampf zweier Ikonen, der beiden gerecht zu werden versteht. Nebenbei bemerkt der erste Zatoichi, den ich jemals sah. (8)

Amoklauf (1992)
Richtiggehend ein Meta-Leistung, die akkurate Wiedergabe dessen, wie es sich anfühlt, einem Uwe Boll-Machwerk beizuwohnen: als ob man abgestochen wurde und im eigenen Blut hundserbärmlich verreckend hilflos am Boden kriecht, während Boll sich an seinem tolldreisten Genius autoerotisch aufgeilt... (von 0 bis Ultrakunst alles drin)

Fred - Der Film [Fred: The Movie(2010)
Eine der nervtötensten YouTube-Ausgeburten in unerträglicher Spielfilmlänge, eine kaum zu ertragene Qual, eine peinlich witzlose Höllenmarter, ein aussagekräftiges Exempel für das Versagen von YouTuber-Filmen, die dem folgenschweren Irrtum erliegen, dass die strunzdoofen, für das Videoportal produzierten Clips ihre aus unbegreiflichen Gründen unverschämt und unverdient erfolgreichen Urheber in irgendeiner Form dazu befähigen würden, "echte" Filme zu drehen. Und weil bei diesen nicht der Hauch eines Quäntchens künstlerischer Schaffenskraft vorhanden ist, verfallen sie allesamt auf die einfallslose Spielart einer im bestmöglichen Fall witzig gemeinten Teenie-Komödie reich an YouTuber-Cameos und popkulturellen Jokes. Äußerstenfalls für Fans erträglich und leider mit zwei Nachfolgern gesegnet... (warum ließ ich bloß meinen Trashfilm-Kumpel zum Geburtstag die nächste Auswahl treffen...) (1,5)

Heart of America (2003)
aka "Homeroom". Neben Nazis, den bösartigen Finanzeliten und Videospielen das nächstbeliebteste Sujet von Dr. Uwe Boll: Amokläufe. Dieser sein Beitrag zum Thema Schießereien an Schulen fällt im Endeffekt tolerierbar aus, Boll widmet sich extensiv allen Beteiligten und ist nach Kräften um eine differenzierte, umfassende Betrachtung bemüht, ohne notwendigerweise effektheischendem Sensationalismus zu erliegen. Er krankt an den eingefahrenen Boll-Macken, allzu fesselnd oder gar tiefgründig ist das Ergebnis nicht unbedingt, bis zu einem gewissen Grad gelingt der Skandalnudel trotz allem eine anständige Auseinandersetzung. (5,5)

Zatoichi: The Festival of Fire [座頭市あばれ火祭り Zatōichi abare-himatsuri(1970)
Einer der kaprioleskesten, possenhaftesten Zatoichi-Teile, der Stellenweise geradezu munter am Rad dreht, solche absonderlichen, originellen Ideen aufbietet, dass er in seiner Gesamtheit wohltuend launisch aus der Reihe tanzt. Seien es Ichis Gegenspieler Mori Masayuki, der an Katsu Shintarōs Suginochi in "Shiranui kengyô" gemahnt, wäre dieser zu einem ehrfurchtgebietenden Yakuza-Obermotz aufgestiegen, Nakadai Tatsuyas manischer Ronin, Pītās androgyne Präsenz und homoerotische Avancen, das zankende Ehepaar im Teehaus oder die feurige Klimax, die aus einem Shaw Brothers-Klopper hätte stammen können - "Zatōichi abare-himatsuri" schüttet ein Füllhorn der skurrilen Attraktion über uns aus, die ihn zu einem aberwitzig tollen Erlebnis machen. (8)

Pòrco Rósso [紅の豚 Kurenai no Buta (Porco Rosso)] (1992)
"Top Gun" konnte bekanntlich meine hohen Ansprüche an spektakuläre "Dogfights" wider Erwarten nicht erfüllen. Stattdessen muss Miyazaki Hayao die Kohlen für den Fliegerfilm aus dem Feuer holen: in meiner Rangliste der bislang gesichteten Studio Ghibli-Schöpfungen nimmt "Kurenai no Buta" einen niedrigeren Rang ein, doch sogar angesichts dessen ist er ein bezauberndes Erlebnis, durchdrungen von einer unwiderstehlicher Magie, die ansonsten höchstens andere Kunstwerke aus dem Hause Ghibli verströmen und eben sagenhafter, rasanter, mitreißender Flugszenen und -kämpfe, frei von Politik und verlogener Ideologie, an dessen Stelle Miyazaki Herzlichkeit und Menschlichkeit setzt. Man merkt: Miyazaki frönt einmal mehr und nicht zum letzten Mal (wen wundert's) seinem Traum vom Fliegen, angesiedelt im Schlaraffenland eines Howard Hughes, einer entzückenden, entfesselten Abenteuerwelt vor dem Hintergrund des sich anbahnend zweiten Weltkriegs (dessen Umbruchstimmung Miyazaki gekonnt sublim walten lässt), einer letzten Zuflucht für Glücksritter und Freigeister, in welcher der Himmel und das Fliegen zur letzten Bastion und zum ultimativen Ausdruck besagter Freiheit werden. Dies und der allgegenwärtig ausgestrahlte, befreiend entspannende Habitus, hinzukommend die gewohnt exquisiten, bildschönen Malereien, der unnachahmlich Wechsel zwischen unmittelbarer unterhaltsamer Action-Komödie und Besinnlichkeit, letzteres vor allen Dingen manifestiert in einem in Worten schlichtweg nicht wiederzugebenden erhabenen Moment reiner brillanter Anmut, einer wundervollen Vorstellung von Himmel und Hölle oder, von dualistischem Ballast enthoben, einfach vom Jenseits, lassen "Kurenai no Buta" weit über anderen Flieger-Abenteuer-Fantasien stehen. (8)

Poltergeist (1982)
Steven Spielbergs, pardon, meine Tobe Hoopers Vorstadt-Grusler trägt unverkennbare Spielberg-Wesensmerkmale, gibt dessen Sicht der modernen amerikanischen Vorstadt-Familie wieder: den familienpflichtvergessenen Vater, die charakterstarke Mutter, das dem Fantastischem gegenüber empfängliche Kind, allgemein Spielberg'scher Hang zum Familienkitsch gepaart mit fachkundig aufgebauten Gänsehaut-Szenen. Letztlich ist das basale Thema von "Poltergeist" die zerrüttete Familie, die ihren inneren Zusammenhalt und die daraus erwachsende Stärke wiederfinden muss, geht somit eine großes Stück über das Gehabe eines ordinären, unambitionierten Grusel-Stoff hinaus und gebietet obendrein über die ein oder andere satirische Spitze. Gleich den meisten Spielberg-Erzeugnisse ist er ein Event-Film, der weitläufig über seine Genre-Grenzen hinausreicht und wirkt. Für den modernen Spuk-Horror konstatierte er zudem maßgebliche Tropen nebst weitreichendem Einfluss. Das gesamte "Insidious"-Universum etwa wäre ohne "Poltergeist" undenkbar... ob man das nun begrüßt oder nicht. (8)

Poltergeist II - Die andere Seite [Poltergeist II: The Other Side(1986)
Das Sequel wiederum fußt nahezu vollständig auf schauerlichen Effekten und einer Prise schmalziger Indianer-Mystik, in der Hoffnung, dergestalt aus der Erfolgswelle des Vorgängers ein paar zusätzliche Dollar auffangen zu können. Zugegeben: den ein oder anderen bedrohlich-beängstigenden Moment weiß Brian Gibson durchaus zu kreieren, besonders Julian Beck ausgemergeltes Totenschädelgesicht kann einen schon das Frösteln lehren. (5,5)

Das Goldene Schwert des Königstigers [獨臂刀 Du bei dao (One-Armed Swordsman)] (1967)
Eine Revolution für die Gattung des bis dato vor sich hin darbenden Martial Arts-Films: Chang Cheh, der Shaw Brothers-Godfather des Wuxia- und Kung Fu-Films, legte via "Du bei dao" den Grundstein für das, was wir heute weithin unter dem Begriff des "Eastern" verstehen, begründete grundlegende Konstituenzien, Ästhetiken, stilistische und narrative Wiedererkennungsmerkmale, erschuf neben alldem geradeheraus den Typus des reüssierenden tragischen Eastern-Antihelden und bescherte allem eine bis anhin ungekannt drastische Intensität der Gewaltdarstellung. Die von ihm geschlagenen hohen Wellen waren gewaltig, markierten den Beginn des goldenen Zeitalters des Kung Fu-Flicks, der Shaw Brothers-Studios und der Karriere Jimmy Wang Yus. Ein bahnbrechender Meilenstein! (8,5)

Manhattan (1979)
Zur Einstimmung auf den New York-Urlaub: Woody Allens Ode an Manhattan in formschöner Schwarzweiß-Fotografie, Lieben, Leiden, Beziehungskrisen und neurotisches Gefasel von the Man himself in seinen notorisch pointierten Dialogen. Gäbe es nicht "Annie Hall" (s.u.), "Manhattan" wäre mit Sicherheit die endgültige Liebeserklärung an die Stadt, die niemals schläft. (8)

Die Rückkehr des Königstigers [獨臂刀王 Du bei dao wang (Return of the One-Armed Swordsman)] (1969)
Neben dem gediegenen, literarisch, opernhaft anmutenden Wegbereiter, frönt der zweite Teil vollends dem Heroic Bloodshed: um den verachtenswerten hinterhältigen Missetätern das Handwerk zu legen, schart Jimmy Wang Yu rechtschaffene und ehrbare Kämpfer um sich, die in großer Zahl in zahlreichen blutigen Gefechten den Heldentod sterben. "Du bei dao wang" entfaltet sich in der Folge in Form einer nicht enden wollenden Kette vielseitiger, packend choreografierter bewaffneter Zusammenstöße zwischen Wang Yus tapferen Recken und ihren ehrlosen, unbefangen zu den schmutzigsten Tricks greifenden Gegnern. Das Fechten, Bluten, Sterben und Fallenstellen mag auf längere Sicht eine ermüdende Wirkung nach sich ziehen, bis dahin hat "Du bei dao wang" sein Ziel indessen längst erreicht. (8)

Das Schwert des gelben Tigers [新獨臂刀 Xin du bi dao (The New One-Armed Swordsman)] (1971)
aka "Triple Irons". Der dritte im Verbund: nachdem Jimmy Wang Yu den Show Brothers unrühmlich den Rücken gekehrt hatte, oblag es David Chiang das Erbe in diesem Quasi-Reboot (japp, gab's schon damals in China/HK) fortzuführen. Schwertkräftige Unterstützung erhält er von niemand geringerem als Ti Lung und sich mutuell die ewige Freundschaft schwörend stürzen sie sich ins Getümmel, um den arglistigen Schuften das Handwerk zu legen. Im Grande Finale darf Chiang zu guter Letzt seinen Racheschwur erfüllen, seine Feinde reihenweise niedermähen und schlussendlich unter Zuhilfenahme eines raffinierten artistischen Kunstgriffs dem Endgegner einschneidend beibringen, dass es einen einarmigen Schwertkämpfer niemals zu unterschätzen gilt. Grandios. (7,5)

The Blade - Das zerbrochene Schwert [刀 Dao (The Blade)] (1995)
In meinem Text zu Miike Takashis "Dead or Alive: Hanzaisha" hatte ich noch spekuliert, inwiefern ein ganzer Film im Stil des Openings etwaige Zuschauer audiovisuell hoffnungslos überfrachten und überfordern würde. Dank Hark Tsui vollkommen enthemmtem 90er-HK-Kinos repräsentiert durch "Dao" haben wir nun ein konkretes Vorführmodell vor uns liegen: ein ungestüm-wild vorbeiwirbelnder Rausch, ein Malstrom aus Bildern und Eindrücken, der inhaltlich analog zum Titel auf das Wesentliche reduziert daher kommt, schlummernde Energien freilegt, hysterisch, frenetisch, in einer irrsinnigen Rasanz zu Werke gehend, dass man sich manchmal bloß noch fragen kann "Was zur Hölle ist hier eigentlich los?". Vor allem im direkten Vergleich zur Urfassung "Du bei dao" fällt der Bruch zwischen klassischem Kung Fu-Produkt und Harks entfesselter HK-Extrem-Action-Extravaganza unübersehbar ins Auge. An herkömmlichem Erzähltechniken, daran, seine archetypische Geschichte nach Konventionen und festgefahrenen Paradigmen runterzuleiern, liegt Hark herzlich wenig, lieber zelebriert er Bewegung, Kinetik und körperliche Erfahrung genussvoll, bläst zum Angriff auf alle Sinne und Nervenenden. Nach vollzogener Tat fühlt sich jede Faser des Körpers gereizt und empfindlich an, reagiert auf jeden Sinneseindruck, elektrisiert, aufgeladen, es brizzelt bis in die Fingerspitzen. Der Wahnsinn! (7,5)

Zatoichi Meets the One-Armed Swordsman [新座頭市・破れ!唐人剣 Shin Zatōichi: Yabure! Tōjin-ken(1971)
Das zweite Treffen der Giganten, Japan meets Hongkong, Chambara versus Wuxia, Ichi gegen den One-Armed Swordsman, Katsu Shintarō trifft auf Jimmy Wang Yu. Im Unterschied zu "Zatōichi to Yōjinbō" nimmt sich Yasuda Kimiyoshi keine zwei Stunden Zeit für das Aufeinandertreffen, er kehrt zurück zum probat-moderaten 90-Minüter und mehr Raum benötigt er gar nicht, um seinen Hauptfiguren einen gebührenden Rahmen zu schaffen. Das anfängliche, wechselseitige misstrauische Abtasten und die Schwierigkeiten der Sprachbarriere kommen hinlänglich zur Geltung, sorgen für brenzlige und amüsante Situationen. Freilich, Missverständnisse sind vorprogrammiert und nehmen im Verlauf der Handlung zusehends folgenschwere Ausmaße an, bis es zur unweigerlichen Konfrontation kommt, dem alles entscheidenden Duell, das aus Anlass der Umstände zutiefst tragisch ausfällt, weil keiner der beiden Heroen im Unrecht ist oder böse Absichten hegt, beide glauben an die Rechtschaffenheit ihrer Taten, was ihren Waffengang umso betrüblicher macht. (7)

Zatoichi at Large [座頭市御用旅 Zatōichi goyō-tabi(1972)
Mir käme kein "Zatoichi"-Film in den Sinn, den ich nach Berücksichtigung aller Tatsachen misslungen nennen würde, das handwerkliche Niveau ist dafür zu persistent auf einem konstant hohen Level. Gleiches trifft auf "Zatōichi goyō-tabi" zu, den ich anderweitig selbst nach der zweiten Sichtung vergleichsweise dröge und repetitiv empfand, obschon Mori Kazuo sich einige schöpferische Manierismen erlaubt. Bekannte Storyelemente ohne bemerkenswerte Variation und eine sonderbare, disparate Kombination der raueren, tristeren Machart eines "Zatōichi rōyaburi" und komödiantischen Versatzstücken machen "Zatōichi goyō-tabi" in meinen Augen zu einem der schwächsten "Zatoichi"-Werke. (5,5)

Shanghai Police - Die wüsteste Truppe der Welt [富貴列車 Foo gwai lit che (Millionaires Express)] (1986)
Dt. Kinofassung. aka "Shanghai Express".

Zatoichi in Desperation [新座頭市物語・折れた杖 Shin Zatōichi monogatari: Oreta tsue(1972)
Katsu Shintarōs zweite Regiearbeit deutet bereits die im Titel angelegte neue Richtung der Zatoichi-Reihe an: er gibt sich kälter, grausamer, auswegloser, schäbiger, regelrecht eingepfercht kommt man sich vor, in seiner depressiven, rauen Formgebung ähnelt er Yamamoto Satsuos "Zatōichi rōyaburi", einschließlich dessen ungemein trüben, bitteren politischen Beigeschmacks, die Bloßlegung der von skrupelloser Gier und Selbstsucht erfüllten Oyabuns, duckmäuserische Erfüllungsgehilfen einer affektierten, selbstherrlichen Oberklasse, deren Mitglieder ihrerseits meinen, aufgrund ihres Status widernatürliche Rechte für sich beanspruchen zu können, lüstern Minderjährige für sich vereinnahmend und weltfremd regierend - niemand schreitet dagegen ein, keiner hinterfragt die herrschenden Verhältnisse, zum Schluss müssen sie sich nicht den Konsequenzen ihres verabscheuungswürdigen Verhaltens stellen. Damit nicht genug, kratzt er nicht unwesentlich am heldenhaften Image Ichis, dessen Fixierung darauf, eine bestimmte Schuld zu tilgen, ihm den berechtigten Vorwurf einbringt, die sich auferlegte Buße bloß um seiner selbst willen abzuleisten, seinem eigenen guten Gewissen und verqueren Pflichtschuldigkeits-Gefühl zu genügen, an der Lage seiner Schutzbefohlenen am Ende des Tages hingegen nichts bessert. Überhaupt reagiert Ichi mehr als er heroisch agiert, das schwerwiegendste Gewaltverbrechen entgeht ihm schlechtweg zur Gänze, nie schreitet er heldenmütig ein, um für die Sache der Gerechtigkeit einzutreten. Zu einem überfälligen Zeitpunkt erst mutiert er zum Racheengel, einen Sieg scheint er indes kaum errungen zu haben. In seiner Trostlosigkeit und Niedergeschlagenheit erinnert er in einem gewissen Sinne an "Il grande silenzio", Ichis Handicap im Finale lässt an "Django" denken, einzig das Meer evoziert ein Kitano Takeshi-ähnliches Sentiment eines transzendentalen Orts der Verheißung, der Befreiung, großteils unerreichbar, es sei denn durch Überschreitung der letzten Grenze. (8,5)

Zatoichi's Conspiracy [新座頭市物語・笠間の血祭り Shin Zatōichi monogatari: Kasama no chimatsuri(1974)
Der vorläufig letzte Zatoichi-Kinofilm (im TV-Serienformat feierte die Figur 100 Episoden lang in 4 Staffeln noch Erfolge bis 1979) führt Ichis Weg gen Heimat, einem Freund aus Kindestagen entgegen, der sich zu seinem Bedauern als niederträchtiger, habsüchtiger Schurke entpuppt. Geschickt versteht er sich darauf, den nichtsahnenden Dörflern perfide Honig ums Maul zu schmieren, sodass sie viel zu spät registrieren, auf welche heimtückische Art er sie im Verbund mit Yakuza und korrupten Magistraten kaltlächelnd übervorteilt. Der sozio-politische Kommentar leitet sich hieraus ohne weiteres Zutun ab, eine aufschneiderische, fehlgeleitete "Jugend-Gang" bringt eine kritische, gleichwohl nicht ungnädige Karikatur von Japans Nachwuchs an. Alles in allem ein befriedigender Abschluss, kein imposantes Glanzstück, aber ersprießliche Zatoichi-Handwerkskunst allemal. (7)

Zatoichi: The Blind Swordsman [座頭市 Zatōichi (Zatoichi: Darkness Is His Ally)] (1989)
15 Jahre nach "Shin Zatōichi monogatari: Kasama no chimatsuri" und nicht ganz 10 Jahre nach Ende der Serie wollte Katsu Shintarō es einmal noch wissen: zum 26. und letzten Mal schlüpfte er in Ichis Tabis, übernahm darüber hinaus für dessen Abschieds-Vorstellung höchstselbst den Regieposten und betitelte dies schlicht "Zatōichi". Satte zwei Stunde weiht Katsu diesem Abschiedsakt, einem melancholischen Abgesang, der mit einem Bein überdeutlich in den 80er-Jahren steht. Der merklich gealterte Katsu absolviert seine Paraderolle dessen ungeachtet mit bewunderungswürdiger Bravour in den geruhsameren Momenten und behänder Furiosität in den Actionszenen. In seiner melancholischen Ruhe gerät "Zatōichi" überdies am Stärksten, unterdessen die habituellen Yakuza-Ränke in ihrer Verworrenheit glattweg ein wenig störend dünken, allerwenigstens blutdurchtränktes, tosendes Gemetzel garantieren. (7)

Ghostbusters - Die Geisterjäger [Ghostbusters(1984)

Zatoichi - Der blinde Samurai [座頭市 Zatōichi (The Blind Swordsman: Zatoichi)] (2003)
Jedes nach Katsu Shintarōs Tod entstandene Zatoichi-Sequel/Remake/Reboot/Re-Whatever hat ein zentrales Problem zu überwinden: die Hauptrolle zu besetzten. Katsus Darbietung des kapriziösen blinden schwertschwingenden Masseurs gehört unabdinglich zu dem Part dazu, gemeinsam bildeten sie eine monadische Symbiose, ein unzertrennliches Ganzes. Streicht man ihn aus der Gleichung, entsteht ein Vakuum immensen Ausmaßes, das nicht leichthin zu füllen ist (ein frappantes Defizit bei "Ichi" und "Zatoichi - Tha Last" notabene). Kitano Takeshi ging das Sujet resultierend daraus auf die einzig mögliche Art und Weise an: er versucht gar nicht erst Katsu zu ersetzen. Sein "Zatōichi" erfüllt in jeder Hinsicht die Funktion einer Hommage: indem er Ichi lediglich dort, wo es unvermeidlichen ist, unaufdringlich in den Mittelpunkt rückt, ihn daneben wohlbemessen im Hintergrund walten lässt, derweil er sich primär um die Nebenfiguren kümmert, erzählt er klassisches, an opportuner Stelle nach Gutdünken der eigenen Handschrift gemäß variiertes Zatoichi-Material, ohne so zu tun, als könne er ernstlich das Vermächtnis des Stammhalters fortführen. Das befreit ihn von einer enormen Last und eröffnet ihm Mittel und Wege, Hommage, eigensinnige Kapricen (The Stripes...) und persönlichen, humorvollen Stil unter einen Hut zu bringen, vorrangig in der Figur Ichis, die Kitano um für ihn charakteristische Facetten nuanciert zu bereichern versteht. Zumal er im Gegensatz zu anderen Produktionen, die dazu neigen, den blinden Masseur dahingehend fehlzuinterpretieren, ihn oder ein etwaiges Surrogat immerzu stoisch-grüblerisch darzustellen, das warmherzigere, lebensfreudige, auch mal lausbübische, den weltlichen Genüssen zugeneigten Naturell Ichis richtiggehend erkannt hat. (7,5)

Ghostbusters 2 [Ghostbusters II(1989)

Der Stadtneurotiker [Annie Hall(1977)
Was ich zu "Manhattan" von mir gab, lässt sich für "Annie Hall" an und für sich wortwörtlich wiederholen, inszenatorisch überragt letztere ersteren in meinen Augen jedoch eindeutig qua seiner spielerischen Vielfalt der Darstellungsweisen und wird im Zuge dessen zur Woody Allens epitomen Romanze für New York, gerichtet an eine Stadt, durch die man mit Allen flanieren und neurotisch intellektuell-verkorkst über Gott und die Welt plaudern möchte. (9)

Blindman - Der Vollstrecker [Blindman(1971)
aka "Il Pistolero Cieco". Zatoichi im Western-Gewand: ein selbstbewusster, nassforscher blinder Pistolero, der nach Gehör treffsicher schießt, ein treues Pferd, das ihm die Richtung weißt und Ringo Starr... "Blindman" ist gelinde gesagt ein eigentümlicher Schalk, ein frecher kleiner Italo-Western mit ungewöhnlichem Revolverhelden und einem trockenem Sinn für Humor. Eine überraschend geglückte Western-Version des blinden Schwertschwingers. (7)

Blinde Wut [Blind Fury(1989)
Exemplarischer Vorreiter des familienfreundlicheren 90er-Jahre Action-Kintopps, als solcher recht vergnüglich nostalgisch und infolge akuter Blutarmut (der könnte locker ab 12 durchgehen) prima fürs Nachmittagsprogramm geeignet, an den überschaubaren semi-harten Scharmützeln braucht man sich ob ihres beinahe Slapstick-artigen Charakters, speziell in Bezug auf die depperten Handlanger, gar nicht lange aufhalten. Dazu gesellen sich ein nerviges Balg, Ersatzfamilien, eine sonnendurchflutete, gülden gefilterte Optik, ein Bösewicht-Hauptquartier in den Bergen, dass James Bond-Fans in Verzückung geraten lässt, und familientaugliche Mätzchen. Rutger Hauer (R.I.P) schultert die Spielart des amerikanischen Zatoichi ohne größere Mühe und ist einer der ausschlaggebenden Gründe, weshalb "Blind Fury" für 80 Minuten annehmbare Kurzweil bietet. (6)
Fred 2: Night of the Living Fred (2011)
Siehe "Fred: The Movie". (1,5)

Ichi - Die blinde Schwertkämpferin [ICHI (Ichi)] (2008)
Löblicher Versuch einer neumodischen Zatoichi-Variante mit dem Spin, Ichis (hinzugedichtete) Tochter, so angedeutet, zur Protagonistin zu erklären, darum bestrebt, die erwähnte Hürde der Hauptrolle kunstfertig zu umgehen. Kann man machen und es funktioniert zufriedenstellend, obgleich Ayase Haruka die meiste Zeit variationslos sexy-grimmig dreinschaut, unaufhörlich ihrem Papi nachtrauert, zu allem Überfluss unter einer versuchten Vergewaltigung leidet - man sieht's: die Zeichen stehen auf Dyskolie, das lebenslustige Temperament Ichis wird aufs Neue ausgeklammert. Einen kleinen Ausgleich schafft Osawa Takao, der sein eigenes Kreuz zu schultern hat, demgegenüber einen mimikfreudigeren, lebendigeren Gegenpol zur Schau trägt, außerdem allmählich zärtliche Bande zu Ayase knüpft. Die bunten Vögel rund um die Platzhähne Shidō Nakamura und Takeuchi Rikki runden das Paket ab und besorgen das mandatorische Kreuzen der Klingen. (6,5)

Zatoichi: The Last [座頭市 THE LAST Zatōichi Za Rasuto (Zatōichi: The Last)] (2010)
Ein reichlich verspäteter Versuch, Katsu Shintarō zu beerben und bedauerlicherweise ein Musterbeispiel für die bei Kitano Takeshis "Zatōichi" angesprochenen Fehlinterpretationen: zum einen suhlt er sich nachgerade in Schwermut und Missmutigkeit, miesepetrig schleppt er sich dahin, ignoriert Ichis lebensbejahende Gemütsart zur Gänze, ergeht sich anstelle dessen bei jeder sich bietenden Gelegenheit in Selbstmitleid. Zum anderen erweist sich Ex-Boyband-Mitglied Katori Shingo als grobe Fehlbesetzung: erheblich zu jung, zu uncharismatisch, mimisch zu ausdrucksschwach kann er weder Kitano, geschweige denn Katsu auch nur ansatzweise das Wasser reichen. Die konfusen, schwer nachvollziehbaren Intrigenspiele, schwach konturierten Nebenfiguren samt nebulöser Motivation und adynamischen Schwertkampf-Choreografien tun ihr Übriges. (4)

Batman (1989)

Batmans Rückkehr [Batman Returns(1992)

Beverly Hills Cop (1984)
Ein Kuriosum (schon wieder...) des 80er-Jahre-Cop-Buddy-Films, den in derartige Kult-Dimensionen hochzustilisieren es schon einer beträchtlichen Menge an Nostalgie-Verklärung bedarf. Womit ich "Beverly Hills Cop" nicht unterstellen möchte, dass er nichts zu bieten wüsste: Eddie Murphys aufgeweckter, gewitzter, straßenschlauer Cop, in dessen hervorstechendstem Merkmal, sich zungenfertig aus (fast) jeder Situation schlagfertig herauszureden, sein wahrscheinlich prägnantestes Kult-Potenzial liegt, macht Spaß, keine Frage, ebenso seine Sperenzchen mit Widersachern und dem Judge Reinhold-John Ashton-Duo, die für so manche grobhumorige Szenen zuständig sind. Nicht zu vergessen Harold Faltermeyers kultiges Axel Foley-Thema, das einen immensen Anteil daran gehabt haben dürfte, die Reihe derart im Bewusstsein seiner Fans und im Gedächtnis der Popkultur zu verankern. Was ich sagen möchte ist, dass "Beverly Hills Cop", "Fright Night" nicht unähnlich, ein beachtliches Renommee genießt, das der Film an sich höchstens begrenzt einlöst. (7)

Shape of Water - Das Flüstern des Wassers [Shape of Water(2017)
Lange aufgeschoben, obwohl man mich einen Guillermo del Toro-Fan nennen könnte. Um ehrlich zu sein hat mich sein Erfolg bei den Oscar gehörig abgeturnt. Er sei ihm gegönnt, andererseits provoziert eine derartig überfällige Prämierung bei den Academy Awards für einen oftmals übersehenen bzw. von der Academy ignorierten Filmemacher oft genug den Eindruck der Pflichtschuldigkeit, der Alibi-Verleihung, weil er an der Reihe ist, um bisher Versäumtes aufzuarbeiten, nicht, weil er sie genuin verdient hat (case and point: Leonardo DiCaprio in "The Revenant"). "Shape of Water" ist ein solcher Kandidat, zweifelsohne eine hingebungsvolle, dieweil nicht des Regisseurs beste Leistung. Aufsehenerregend Neues liefert er nicht: die übliche Außenseitergeschichte, inklusive unzähliger Verweise auf Intoleranz und Unterdrückung, eine stellvertretende Reformande gegen 50er-Jahre-Resentiments. Subtil ist das nicht, noch nie dagewesen genauso wenig, allweg herzerquicklich. Wie man es von del Toro kennt, trägt er das Herz am rechten Fleck und ist seinen Misfits unter Einschluss des Antagonisten (Michael Shannon darf seine Standard-Performance des missmutigen, verklemmten, sexuell frustrierten, intoleranten Fieslings mit dauerabgefuckter, sauertöpfischer Mimik abspulen) innig hingegeben, ihr Schicksal lässt keineswegs kalt, die ganz großen überwältigenden Gefühlswallungen wollen sich infolge der eklektizistischen Formelhaftigkeit allerdings ebenso wenig einstellen. In jedem Fall ist "Shape of Water" ein visueller Genuss in seiner ausgesucht künstlichen Rekonstruktion einer 50er-Jahre-Fantasy-Welt, die glaubwürdig und fantastisch zugleich erscheint. Böse Zungen mögen ihn überkandidelt nennen, alles in allem hat sich hier weniger der Regisseur als die sich feucht-fröhlich austobende Production Design-Division verdient gemacht. Merkwürdig gewollt und herzerfüllt in einem Atemzug. (7)

Crimson Peak (2015)
Ähnliches Spiel, lange Zeit übergangen, dabei hat mir Guillermo del Toros Gothic Romance-Pastiche wesentlich mehr zugesagt. Angefangen bei dem wirklich traumhaften, elaborierten, detailverliebten Set des eponymen Sharpe-Anwesens, über die hervorragenden Darsteller, zuvorderst Jessica Chastain, bis hin zur stilsicheren Inkorporierung von der Film- und Literaturgattung immanenten Motiven erweist sich "Crimson Peak" als wunderbare, detailversessene Liebesbekundung des Regisseurs an das Genre. (7,5)

Uzala, der Kirgise [Дерсу Узала/デルス·ウザーラ Dersu Uzala (Dersu Uzala: The Hunter)] (1975)

Fred 3: Camp Fred [Camp Fred(2012)
Unterbietet seine Vorläufer nochmal um ein ganzes Stück, ist was Inhalt und Gagdichte angeht komplett vakuumentleert. Für alles andere: siehe "Fred 2: Night of the Living Fred". (1)

Wrong Turn (2003)
Zum Abschluss des chaotischen "Wrong Turn"-Marathons die Nummero 1: ein halbwegs brauchbarer Backwood-Horror nach bekannten Mustern, von Exposition, über das blutige Dezimieren peu à peu, bis zum Finale, dass sich wohl bewusst alle Möglichkeiten für Sequels offen lässt... die dann auch kamen, sage und schreibe sechs an der Zahl... so toll isser nun auch wieder nicht. (6)

Mein großer Freund Shane [Shane(1953)
Ein Western-Urgestein, das archetypische Ringen zwischen dem freien Cowboy, oder zumindest der naiven Vorstellung von dessen Freiheit, dorthin zu gehen und das zu tun, was er will, und der Zivilisation um die Vorherrschaft in der Welt, zwischen Einzelinteresse und Gemeinschaft. Alan Ladds eponymer Shane ist selbst ein Außenseiter und Eigenbrötler, ein waschechter Individualist, im Grunde genommen ein störender Faktor im Gefüge der sesshaft gewordenen Farmer, die von den Ranchern bedroht werden und gegen die sie Shane letzten Endes verteidigt. Bei Lichte besehen ein verräterischer Akt: für die Rinderbarone und Viehtreiber stellt das unaufhaltsame Voranschreiten der sesshaften Zivilisation eine gleichartige Bedrohung dar und antizipiert das Ende ihrer und Shanes Lebensart. Konträr zu seinen Zeitgenossen hat Shane dahingegen erkannt, dass sich die Zeit des einsamen, freiheitsliebenden Revolverhelden und Nonkonformisten dem Ende neigt, ihre Tage gezählt sind und die städtische Gesellschaft sich unabwendbar auf dem Vormarsch befindet, kurzum: den Kampf gewinnt. Also bekämpft er Feuer mit Feuer, weiß alldieweil, dass es für ihn keinen geziemenden Platz bei denen gibt, die er vor seinesgleichen beschützt. (8)

















39 - 6,5 (254,0)

Freitag, April 24, 2020

Nachschlag No. 38: For a Fistful of Ryō 両

Lustige bis aufschlussreiche Vermischung von Bildermaterial aus Kurosawa Akiras "Yojimbo" und Ennio Morricones legendärem Score zu Sergio Leones unatorisiertem Remake "Per un pugno di dollari". Erwähnte ich schon die Bedeutung von Kurosawa für die Welt des Kinos im Allgemeinen, "Yojimbo" im Speziellen? ;)

Dienstag, April 21, 2020

Kurzreviews Januar/2020

Hiermit präsentiere ich die zweite nachträgliche Review-Liste der diesmal 24 Filme und 2 Serienstaffeln/-specials (ausgeschlossen Filme, die ich mich nicht im Stande sehe zu bewerten, weil ich sie z.B. nur zum Einschlafen gesehen habe und noch nicht beendete Serienstaffeln), die ich im Monat Januar gesehen habe:


Serien-Staffeln
Das Büro [The Office(Season 5-6) (2008-2010) - (7-8)
Todd McFarlane's Spawn (Season 1) (1997) - (7-7,5)

Filme
Nachtasyl [どん底 Donzoko (The Lower Depths)] (1957)
Kurosawa Akiras werktreue Adaption von Maxim Gorkis Schauspiel besitzt eine unübersehbar theaterhafte Komponente: der Schauplatz beschränkt sich auf zwei Räumlichkeiten desselben demarkierten Orts, die überschaubare Dramatis personae ist fix, sogar Akt-Übergänge lassen sich ausmachen. Dementgegen erweckt "Donzoko" zu keiner Zeit einen befangenen theaterhaften Eindruck. Im Gegenteil: das komprimierte, räumliche begrenzte Setting scheint Kurosawa nachgerade zu beflügeln: je beengter der Raum, desto reicher die Ausdrucksmöglichkeiten des Regisseurs und seiner Darsteller, deren Arrangement umso wohlbedachtere Präzision erfordert. "Donzoko" ist zuvorderst ein Ensemblefilm, in welchem fraglos ein jeder beachtliches leistet, die Gruppe als Ganzes, als Einheit alldieweil unverkennbar im Mittelpunkt steht. Und Kurosawa versteht es meisterlich, diese Einheit anzuführen, jedem einzelnen Akteur zur rechten Zeit gebührend Spielraum zu entbieten. Inhaltlich richtet er sein Augenmerk auf die Außenseiter der Gesellschaft, die Randfiguren, die Verlierer und Verlorenen, die bei alledem indessen nicht den Hoffnungslosen gleichzusetzen sind. Denn es ist die Hoffnung, genährt von ihren Sehnsüchten, ihrem Wunschdenken, ihren Verlusten und vergeblich erträumten Luftschlössern, welche diese Existenzen am Rande der Verzweiflung am Leben erhält, sie antreibt, Lieben, Freuden, Tod und Leiden ertragen lässt - so utopisch unerfüllbar einem diese Hoffnung auch dünken mag. Letzten Endes gleicht "Donzoko" "Rashomon" in seinem Spiel mit Wahrheit, Dichtung, Illusion, konstatiert übereinstimmend eine fatale Wechselwirkung zur trügerischen, zwingenden Selbstwahrnehmung, die oftmals, beinahe immerfort Selbsttäuschung gleichkommt und von der sich zu lösen höchstens in wenigen Ausnahmefällen gelingen mag. Dass Kurosawa sowohl Vorlage, als auch Eigenerzeugnis als heitere Angelegenheit empfand, mag zunächst irritieren, bei näherer Betrachtung wird man dahingegen feststellen, wie eng Humor und tragischer Fatalismus hier als miteinander verknüpft und unabdingbar voneinander abhängig und ableitbar betrachtet werden. Zumal sich aus dieser Haltung erklären lässt, warum "Donzoko" trotz allem ein derartig unterhaltsames, zugleich nachdenkliches Stück geworden ist, das oftmals hinter Kurosawas prestigeträchtigeren Werken unberechtigterweise in den Hintergrund zu rücken scheint. (9)

Die Verborgene Festung [隠し砦の三悪人 Kakushi toride no san akunin (The Hidden Fortress)] (1958)
Zweifelsfrei Kurosawa Akiras zugänglichster Film, ein keckes, mitreißendes, stellenweises ironisches Jidai-geki-Abenteuer in exquisiten Breitwandaufnahmen, dass bewusst sein Comic Relief-Pärchen zum protagonistischen Kern macht. Ich gebe unumwunden zu: "Kakushi toride no san akunin" ist nicht mein Lieblings-Kurosawa. Gleichwohl werde ich ihm seinen enormen Spaßfaktor nicht in Abrede stellen. Inzwischen ein zweischneidiges Schwert ist sein janusgesichtiger Status des inspirativen Quells für "Star Wars", bedenkt man die Umwälzungen, welche George Lucas Sternenkrieger-Saga hervorgerufen hat und die Disney heute auf katastrophale Weise totzureiten versucht... (7,5)

Allein unter Nachbarn [La comunidad(2000)
Álex de la Iglesia-typische Farce, angesiedelt im Sündenpfuhl des spanischen Mietshauses, deren kunterbunt schrullige Bewohner sich vor Gier gegenseitig an die Gurgel gehen. Salopp formuliert: wäre James Stewart in "Rear Window" nicht an den Rollstuhl gefesselt gewesen und hätte sich in eigener Person in das beobachtete Gebäude begeben, vielleicht wäre ihm ein vergleichbares Abenteuer widerfahren... vorausgesetzt die Bewohner wären raffgierige Verrückte gewesen. Spaßig! (7)

Citizen Kane (1941)
An Orson Welles vermeintlich besten Film aller Zeiten muss sich jeder Cineast zwangsläufig mindestens einmal im Leben die Zähne ausbeißen und wird dafür mit einer einzigartigen Biographie Noir belohnt, die allen Konventionen des Biopics zuwiderläuft, indem sie sich weigert, eine planmäßige, geradlinig chronologische Aneinanderreihung von Lebensstationen seiner Hauptfigur vorzulegen, anstelle dessen eine assoziative Verkettung von Eindrücken und Erinnerung in bereits gefilterten Aussagen von Anderen collagiert, die ein vielgestaltiges und vielschichtiges Puzzlespiel ergibt, ein zertrümmertes Mosaik eines Menschenlebens, dass es wieder zusammenzusetzen gilt, nicht eines, dass man bequem vorgesetzt bekommt und einem das Mitdenken erübrigt. Ein revolutionäres Bravourstück, dem es leider nicht vergönnt gewesen war, die gängige Form des öden formelhaften Biopics zu begraben. (9,5)

Die Bösen schlafen gut [悪い奴ほどよく眠る Warui yatsu hodo yoku nemuru (The Bad Sleep Well)] (1960)
Erstes Erzeugnis von Kurosawa Akiras eigener Kurosawa Productions, die er gründete, nachdem sein Vertrag mit Toho ausgelaufen war, und ein weiterer Gendai-geki Noir Kurosawas nach "Yoidore Tenshi" und "Nora Inu". Scheinbar befand ich mich in der falschen Stimmung für das, was der Regisseur sich vorgestellt hatte: enttäuschenderweise sagte "Warui yatsu hodo yoku nemuru" mir nicht zu, aus mehreren Gründen. Grundsätzlich zu langatmig, zu theaterhaft wirkte er auf mich. Man nehme zum Beispiel die den Film eröffnende Hochzeit, die gerne als brillant in Szene gesetzte Exposition angeführt wird, die auf mich im Gegensatz dazu arg bräsig erschien. Was dort geschieht, ist, dass die anwesenden Reporter und Journalisten in der Funktion eines Theaterchors ohne größere Raffinesse die für die Handlung zentralen Personen aufzählen, beschreiben und ihre Beziehungen untereinander erklären, was für mich einem bühnenhaften, erklärbärigen Zähfluss gleichkam. Korrespondierend dazu löst Kurosawa den dramatischen Höhepunkt gen Schluss nicht in Bildern auf, sondern lässt davon berichten: was geschehen ist, die Kulmination der aufwühlenden Ereignisse, welches Schicksal die Protagonisten ereilte, wird einem indirekt, schwafelig vorgetragen. Um nicht missverstanden zu werden: ich habe bestimmt nicht auf einen vordergründige Spannung forcierenden, nervenaufreibenden Thriller von Kurosawa spekuliert. Dass er sich auf das Drama, die Charaktere und Anprangerung von Korruption, Bestechung, Unterschlagung und den verdorbenen, amoralischen Subjekten der japanischen Oberschicht, die selbst vor heimtückischem Mord nicht zurückschrecken, konzentrieren würde, war zu erwarten. Auf die spannungslose, ermüdende Umsetzung, die sich mir präsentierte und die mehr auf Worte als auf Bilder zu vertrauen schien, war ich andererseits nicht gefasst. Möglicherweise komme ich mit Kurosawas moralinsauren Predigten einfach nicht zurecht oder möglicherweise hat mich sein Pseudo-Hamlet auf dem falschen Fuß erwischt. Mal schauen, was das nächste Wiedersehen ergibt. (6)

Yojimbo - Der Leibwächter [子用心棒 Yōjinbō (Yojimbo)] (1961)
Eine der erfolgreichsten und ikonischsten Großtaten Kurosawa Akiras, dessen Vermächtnis und weitreichend Einfluss auf verschiedenen Genres man niemals unterschätzen sollte. "Yojimbo" ist aufgrund seiner abenteuerlichen Chambara-Qualitäten, des spitzfindigem Humors und Mifune Toshirōs obercoolen sittenwidrigen, amoralischen Ronins ohne Frage dem Zweig von Kurosawas Unterhaltungskino zuzuordnen. Je nach Sichtweise ist er sogar Kurosawas einzige Vollblut-Komödie, wenngleich er auf seinen sozialkritischen Standpunkt nicht verzichtet: die hiesigen durch und durch verdorbenen, unrettbaren Dorfbewohner haben alle Prinzipien von Ehre, Samurai-Tugend und Menschlichkeit über den Haufen geworfen und sich der niedrigsten Form der Gier hingegeben, was Kurosawa in einem überspitzten, komödiantischen Gestus karikiert, nichtsdestotrotz seinem kritischen Blick auf seine Zeitgenossen gut wiedergibt. Die kraftvolle Inszenierung, Miyagawa Kazuos wunderbare, räumliche Kameraarbeit und Sato Maserus ausgezeichneter Score runden diesen Meilenstein zusätzlich ab. (8,5)

Sanjuro [椿三十郎 Tsubaki Sanjūrō(1962)

Zwischen Himmel und Hölle [天国と地獄 Tengoku to Jigoku (High and Low)] (1963)
Hat mir im Vergleich zu "Watsui yatsu hodo yoku nemuru" bei allen Parallelen mehr zugesagt: ohne in seinen moralisch-didaktischen Duktus nachzugeben, kreiert Kurosawa Akira phasenweise schweißtreibend spannungsgeladene, langanhaltende Sequenzen, konzentriert sich andernorts akribisch auf die Arbeit der Polizisten, verharrt minutenlang in Besprechungen, in denen die Beamten ihre Ergebnisse nacheinander minutiös vortragen, was er mit einer solch präzisen Faszination einfängt, dass zu keiner Sekunde Langeweile aufkommt. Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass "Tengoku to Jigoku" mit 140 Minuten Laufzeit für einen Krimi relativ lang ausgefallen ist, manches ein Ticken zu breit ausgewalzt wird. (7)

Tora! Tora! Tora! (1970)
Ein ambitionierter Rekonstruktions-Unterfangen der Geschehnisse vom 7. Dezember 1941 und des Weges dorthin, im ehrgeizigen Bemühen um Objektivität geschildert aus den Perspektiven beider Parteien, durch jeweils eine amerikanische und eine japanische Filmcrew realisiert (der ursprünglich in der Funktion des Regisseurs der letzteren Crew angedachte Kurosawa Akira zog sich von diesem Posten zurück, entweder, weil er es bewusst auf eine Kündigung anlegte, da weder er mit dem amerikanischen Studiosystem, noch dieses mit ihm etwas anzufangen wusste, oder, weil er schlicht Opfer megalomanischen Wahnsinn geworden ist...). Diese penible Detailversessenheit birgt eine nicht zu verleugnende Faszination, vor allem für Anhänger der Polemologie oder Fans historischer Schlachten. Gleichwohl wächst "Tora! Tora! Tora!" nie über den Status einer dokumentarischen Auflistung und der unvermeidlichen Materialschlacht hinaus, alles kommt befremdlich nüchtern und distanziert daher, gleich der dröge-prosaischen Bebilderung einer chronologischen Auflistung der Ereignisse aus einem theoretisch-akademischen Lehrwerk. Insbesondere die amerikanische Schilderung verkommt dergestalt zu einem staubtrockenen Rapport (sieht man von der deplatziert anmutenden Humor-Einlage der Flugschule ab), unterdessen zumindest auf japanischer Seite meist wortlos schwermütige Andeutungen und Reflexions-Ansätze aufblitzen. Anerkennenswert, doch eher pragmatisch-sachbetontes Anschauungsmaterial zu Pearl Harbor. (7)

Carrasco, der Schänder [The Outrage(1965)
Western-Remake von "Rashomon", dass sich im Wesentlichen detailtreu am Vorbild orientiert und eine durchaus zufriedenstellende Interpretation abliefert, die szenische Dichte des Originals freilich nicht erreicht. (7)

Rotbart [赤ひげ Akahige (Red Beard)] (1965)
Einmal mehr befasst sich Kurosawa Akira mit den Ausgestoßenen der Gesellschaft, in diesem Fall mit den Kranken, den zum Sterben Verdammten. Die Klinik in "Akahige" ist gleich dem Squatter Camp an den Ufern des schmutzigen Pfuhls in "Yoidore Tenshi", dem runtergekommenen Nachtasyl in "Donzoko" (s.o.) oder der Müllkippe in "Dodeskaden" (s.u.) ein Randbezirk, in dem sich die Paria sammelt und von denen Kurosawa in episodenhafter Form erzählt, aus dem Gebaren dieser Menschen in dieser Extremsituation Implikationen für die Conditio humana ableitet. "Akahige" ist ein zutiefst existenzialistisches Drama mit universeller Botschaft, was Menschsein und Menschwerdung bedeutet. Traurigerweise trennten sich hiernach über ein Zerwürfnis die Wege von Kurosawa und seinem langjährigen Hauptdarsteller Mifune Toshirō, die beide ihre Karrieren auf unterschiedlichen Wegen weiter verfolgten. (7,5)

German Fried Movie (1991)
Gut zu wissen, dass Uwe Boll schon auf einem schmerzhaft unlustigen Tiefpunkt begonnen hat. (0)

Rashomon - Das Lustwäldchen [羅生門 Rashômon (Rashomon)] (1950)

Hot Shots! - Die Mutter aller Filme [Hot Shots!(1991)
Daran führte nach "Top Gun" kein Weg vorbei. ;)

Dementia 13 (1963)
aka "The Haunted and the Hunted". Frühchen von Francis Ford Coppola, dem Roger Corman eine Handvoll überschüssiger Budget-Moneten überließ, um einen günstig produzierten B-Horror abzudrehen - und nichts anderes ist dabei rum gekommen, eine rohe, zu Zeiten Talent aufblitzen lassende Mischung aus rabiaterem Edgar Wallace-Grusel-Krimi und kostengünstigem Corman-Trash, die einzig Coppola-Komplettisten zu empfehlen ist. (B-Movie-Skala: 5)

Hafen im Nebel [Le quai des brumes (Port of Shadows)] (1938)
Eine der Galionsfiguren des poetischen Realismus. All die stimmungsvollen Assoziationen, die der Titel weckt, weiß Marcel Carné eindrücklich zu evozieren, all die durch den Nebel schleichenden Schattengestalten erfüllt von Frustration und Fatalismus, all die im Nebel verborgen liegenden Hafenspelunken bzw. purgatorischen Nicht-Orte, all die gebrochenen, einsamen, eisigen Charaktere, die ein Hauch von Sonnenschein kurzzeitig zu erwärmen verspricht, bevor die gnadenlose, unausweichliche Aussichtslosigkeit ihre Hoffnung auf Erfüllung, auf einen Weg hinaus aus der Frustration, hinaus aus der Malaise, sie mit aller Härte und Grabeskälte niederwirft. Womöglich ist "Le quai des brumes" auch der Ursprung dieser Assoziationen und Bilder, wer weiß. (8)

Angry Birds 2 - Der Film [The Angry Birds Movie 2(2019)
Es glich einem Wunder, dass "The LEGO Movie" wider Erwarten den heiklen Spagat zwischen unterhaltsamen, eigenständigen Animationsfilm und platter Werbebotschaft zu meistern imstande war (bevor das Sequel an ganz anderen Hürden scheiterte) und "The Angry Birds Movie" etwas gleichartiges zuzutrauen, mochte sich wohl niemand erst vorstellen. Mich persönlich hat er jedenfalls ähnlich unerwarteterweise zufriedengestellt, ohne irgendwelche Begeisterungsstürme ausgelöst zu haben, die mich auf den Nachfolger entsprechend angefixt hätten - den ich nun, kaum zu glauben, sogar ein Quäntchen besser fand. Er ruminiert nicht die Story des Erstlings, sondern macht sein eigenes Ding, bemüht sich erfolgreich, den bisherigen ans Herz gewachsenen untypischen Helden zwischen allen Neuzugängen gerecht zu werden und schickt sie auf eine vergnügliche Odyssee, die ich redlich witzig und abwechslungsreich fand. Kein Meilenstein, aber ein sehenswerter Spaß, wenn man an "The Angry Birds Movie" seine Freude finden konnte. (6,5)

Es - Kapitel Zwei [It Chapter Two(2019)
Stephen Kings It scheint einer ungeschriebenen, unumstößlichen Regel zu unterliegen, demnach der zweite Teil der Geschichte, id est alles, was mit dem volljährigen Loosers Club zu tun hat, qualitativ erheblich abfällt. Ich räume ein, dass ich den Vorgänger seinerzeit eine Winzigkeit überschwänglich bewertet haben mag, obgleich ich schon damals anmerkte, dass er im Kern von den tollen Jugenddarstellern getragen wurde, es in erster Linie der Coming-of-Age-Anteil war, der mich überzeugte, derweil der Horror-Aspekt nicht immer gelungen ausfiel. Und siehe da: die Fortsetzung (oder "Chapter Two" - bin ich eigentlich der einzige, der diesen "Kapitel"-Untertitel-Trend hochgradig bescheuert findet?) leidet haargenau unter diesem Umstand: streicht man die jugendlichen Charaktere aus der Gleichung bzw. ersetzt sie durch zwar (größtenteils) adäquate, allerdings höchst unsympathische, uninteressante Erwachsenen-Pendants, bleibt bloß noch der Horror-Part... und der offenbart in Chapter Two umso eklatantere Mängel, entbehrt großräumig subtilen Grusel, versucht im Austausch mit gräulich schlecht getricksten, übergroßen CGI-Monstrositäten und -Fratzen zu klotzen, die selbst in einer Geisterbahn mehr Gelächter denn Panik provoziert hätten. Neben dem lausigen Schnitt und der exorbitanten Laufzeit (Tommy Lee Wallace benötigte für den Stoff gerade mal die Hälfte der Zeit und selbst bei ihm fiel das Erzähltempo zeitweilig regelrecht zäh aus... und er hatte immerhin Tim Curry!) erweist sich das katastrophale Drehbuch als mittelschweres Desaster: abgesehen von quälend dümmlichen Dialogen, unfreiwillig komischen Hysterie-Einlagen und hilflosen Versuchen, halbherzig an Charakterentwicklungen aus dem Vorläufer anzuknüpfen, fehlt es ihm schlicht an einer Marschrichtung, einer stringent strukturiertem Zielvorstellung, die auf einen fulminanten Schlusspunkt hinsteuern könnte. In der Folge verliert sich Chapter Two in schwach geschriebenen und umgesetzten Einzel-Episödchen, die keinen nennenswerten Zusammenhalt von Erlebten und Erfahrung liefern, geschweige denn, dass sie nachvollziehbar und mitreißend in einem großen Finale münden würden. Stattdessen endet die vorgeblich epische letzte Schlacht gegen das Urböse Es damit, dass der Loosers Club, ich wiederhole: der Loosers Club!, der sich selbst aus gequälten Außenseitern und dauer drangsalierten Mobbing-Opfern zusammensetzt wohlgemerkt, den armen Pennywise eiskalt und lächerlich leichtfüßig zu Tode mobbt... hätten die ganzen Kinder, die dessen Appetit zum Opfer gefallen sind, sich nur mal darüber lustig gemacht, dass er in Gestalt eines Clowns auftritt, je nachdem könnten sie heute noch am Leben sein - mitsamt der Lehre im Gepäck, dass man mit Mobbing gut durchs Leben kommt... da frage ich mich, was ich mit dieser zutiefst fragwürdigen Herangehensweise anfangen soll und wie es sein kann, dass ich mehr Mitleid für Pennywise als für Eddie hege. (2,5)

Zatoichi's Vengeance [座頭市の歌が聞える Zatôichi no uta ga kikoeru(1966)

Dodeskaden - Menschen im Abseits [どですかでん Dodesukaden (Dodes'ka-den)] (1970)
Zwecks künstlerischer Unabhängigkeit und um gleichgesinnten Künstlern eine Insel im Studiosystem Japans zu bieten, gründeten Kurosawa Akira, Ichikawa Kon, Keisuke Kinoshita und Kobayashi Masaki den "Club der vier Ritter" (四騎の会 Yonki no kai). Kurosawa oblag die Verantwortung des Debüts, für das er sich nicht lumpen lassen wollte: fünf Jahre nach seinem letzten Film "Akahige" legte er seinen ersten Farbfilm vor, auf den er sich voller Begeisterung, Optimismus und bester Laune stürzte und der prompt das Dasein der kurzlebigen Produktionsfirma beendete. Was war passiert? Nun, Kurosawa entschloss sich, einen Stoff zu verfilmen, der sich in seinen Augen hervorstechend zum frohgemuten Unterhaltungsfilm eignete. Entsprechend niederschmetternd kam für ihn die Erkenntnis, dass an dem, was ihm beschwingt und fidel vorgekommen sein mag, weder die heimatliche Kritik, noch das japanische Publikum sonderlich Unterhaltsames finden konnten. Er musste enttäuscht feststellen, dass das gesellschaftliche Klima nicht in der Stimmung war, ein zweistündiges kollagenhaftes Drama über eine Gruppe von kapriziösen Misfits und Nonkonformisten, die allesamt an den Ausläufern einer Mülldeponie ihr Leben zu bestreiten versuchen, darunter ein geistig behinderter Junge, der tagtäglich in der Fantasie lebt, ein Straßenbahn-Zugchef zu sein, ein Mädchen, das von ihrem Onkel vergewaltigt wird oder ein obdachloser Vater, der den Tod seines Sohnes zu verantworten hat, gleichermaßen munter aufzufassen.
Nein, "Dodesukaden" passt beileibe nicht in das handelsübliche Schema dessen, was der Mainstream unter einer leichtherzigen Tragikomödie verstehen mag. In das Schema des Auteurs Kurosawa passt es hingegen umstandslos, vergleicht man ihn etwa mit "Donzoko", der sich in verwandter Weise den Randfiguren der Sozialstrukturen widmete, um aus ihren Fatum Rückschlüsse auf das offengelegte Wesen des Menschen zu ziehen, das unter dem gewaltigen Druck einer genormten, konformistischen gesellschaftlichen Mitte allzu gern leichtfertig unterschlagen, an den Rand gedrängt wird und ironischerweise erst unter diesen Eigenbrötlern in der Lage scheint, erneut durchzubrechen, obgleich sich die aus "Rashomon" oder "Donzoko" bekannten Illusionen und Desillusionen kaum von denen der hiesigen Figuren unterscheiden. "Dodesukaden" ist in der Tat eine vergleichsweise ausgelassene, unaufgeregte, fast entspannte Meditation tragischen Ursprungs über das Menschsein an sich, das Kurosawa am ausgeprägtesten immer dort aufspüren zu können meint, wo der Mensch an den Rand dessen getrieben worden ist, was der Konsens zu akzeptieren bereit ist. In "Dodesukaden" hat Kurosawa viel zu sagen, bedauerlicherweise wollten vorrangig seine Landsleute nichts davon hören. Schuldgefühle und das künstlerische Versagen, das er verspürte, trieben ihn schließlich zu einem Suizid-Versuch, der glücklicherweise fehlschlug. (7,5)
Zatoichi's Pilgrimage [座頭市海を渡る Zatōichi umi o wataru(1966)
"Zatōichi umi o wataru" ist zuallererst chic anzuschauen: Kameramann Takeda Senkichiro fängt die dörfliche Idylle samt naturbelassener Umgebung in satten, strahlenden Farben und pittoresken Kadrierungen ein, wodurch Ichis 14. Abenteuer zu einem durchgehenden Augenschmaus gerät. Okusu Michiyos bildhübsches Äußeres tut das ihrige dazu, obgleich man nicht recht gewusst zu haben scheint, wohin man mit ihrer Figur gehen wollte, weswegen ihr Part abgesehen von ihrer adretten Erscheinung den größten Schwachpunkt ausmacht (womit ich ihre Leistung freilich nicht kleinreden möchte). Anders Yamagata Isaos Boss Tohachi, der sich endlich wieder als optisch einprägsamer (diese Wampe...) Bösewicht mit Ausstrahlung entpuppt, dessen Handlanger Ichi ansehnlich choreografiert und gefilmt über den Jordan schicken darf. Deutlich sichtbar machen sich bei "Zatōichi umi o wataru" ferner Western-Assoziationen bemerkbar, eine Spielart des lone Gunman, welchen der Zufall (oder ist es doch Schicksal?) in das von Rinderdieben geplagte Dorf geleitet, denen der auf sich gestellte Heroe im Showdown für die Gerechtigkeit eintretend tatkräftig die Stirn bietet. Eine Abweichung von Shindo Kanetos ursprünglich angedachten Drehbuchentwurfs übrigens, der Ichi zwecks Buße für das durch ihn verschuldete Blutvergießen auf die eponymen Pilgerfahrt zu 88 Tempeln zu schicken gedachte. Für so viel Introspektion hatten die hohen Tiere bei Daiei wenig überraschend keinen Nerv und lenkten das Projekt in mundgerecht konsumierbare Chambara-Unterhaltung, weswegen Überbleibsel von Shindos Konzept bloß in den ersten Minuten wiederzufinden sind. (7)

Zatoichi's Cane Sword [座頭市鉄火旅 Zatōichi tekka-tabi(1967)
Einer der ersten Zatoichi-Beiträge, der mit Gesangseinlagen kokettiert, hier in Gestalt von Enka-Sängerin Suizenji Kiyoko, die ein blumiges Ständchen zum Besten geben darf. Ansonsten ein handelsübliches Zatoichi-Abenteuer gleichauf "Zatôichi no uta ga kikoeru", das Ichi gestattet, seiner durchtriebenen Seite nachzugeben und das diesmalige perfide Yakuza-Magistrat-Komplott gehörig zu necken. Warum lässt er sie nicht schleunigst über die Klinge springen? In einem Subplot um Tōno Eijirōs Waffenschmied diagnostiziert dieser Ichis legendärem und eponymen Schwert den baldigen Bruch und stellt es vorerst außer Dienst, weshalb Ichi bis zum Showdown vollends auf seine Raffinesse und Schlagfertigkeit angewiesen ist. Eine willkommene Abwechslung, überhaupt wissen die Szenen rund um Tōno am besten zu gefallen. (7)

American Werewolf [An American Werewolf in London(1981)
John Landis Auffrischung des Werwolf-Mythos greift klassische Erkennungsmerkmale auf und überträgt sie gekonnt in die Moderne, reichert sie darüber hinaus um einen subtilen Sinn für schwarzen Humor mit bisweilen satirischem Biss an, der dem Horror zu keiner Zeit den Rang abläuft, in Gegenteil ihn vorzüglich ergänzt. (8)

Zatoichi the Outlaw [座頭市牢破り Zatōichi rōyaburi(1967)
Zu "Zatōichi rōyaburi" lässt sich, davon bin ich überzeugt, viel sagen, denn obwohl ich ihn als erstes richtiggehend durchwachsenes Segment wahrgenommen habe, reizt er die Gemüter vermöge einiger starker Momente, der eindrucksvollen Kameraarbeit Miyagawa Kazuos und einer Ausrichtung, die merklich von den Vorgängern abweicht. Das Debüt von Katsu Shintarōs neugegründeten Katsu Productions entfernt sich unter der Regie von Yamamoto Satsuo spürbar von der leichten Unterhaltung, die den Zatoichi-Filmen immerzu irgendwo zu eigen war und klatscht dem Zuschauer einen richtiggehend pessimistischen, brüsken Klotz vor den Latz. "Zatōichi rōyaburi" ist weitaus weniger farbenfroh, im Gegenteil macht der Look einen ausgeblichenen, tristen Eindruck, der ernüchternde politische Subtext kommt verstärkt zum Tragen und die Gewalt, meine Güte, der Gewaltgrad hat immens angezogen. Reichlich spritzt das Blut und die Körperteile fliegen, sogar eine drastische und zeigefreudige Enthauptung bleibt einem nicht erspart, was den Scharmützeln eine begrüßenswert grimmigere Schattierung verleiht, die sich bezeichnend von der Leichtfüßigkeit der meisten Vorläufer emanzipiert. Insgesamt fällt "Zatōichi rōyaburi" tonal weitestgehend humorbefreit und pessimistisch aus. Wiewohl ihn das aus dem Gros herausragend lässt, sieht er sich andernteils einem Drehbuch von schwankender Qualität gegenüber, einem schwer überschaubaren Durcheinander angefüllt mit einer unübersichtlichen Vielzahl agierender Personen, unterdes die Inszenierung das ihrige dazu beiträgt, die Klarheit zu erschweren. Ungeachtet aller Schwächen einer der bemerkenswertesten Beiträge zum Zatoichi-Zyklus. Nebenbei bemerkt, das erste Mal, dass Katsu den Zatoichi-Titelsong zum Besten gibt. (5,5)


























24 - 6,9 (164,5)

Donnerstag, April 16, 2020

Nachschlag No. 37: What A Mighty Winged Maniacal Feeling!

In meiner Review-Liste Dezember 2019 haben viele großartige Musikstücke von verschiedenen großartigen Soundtracks Platz gefunden. Freilich wären es keine großartigen Soundtracks, wenn sie bloß ein einziges, einsames Highlight zu bieten gehabt hätten. Dementsprechend hatten sich viele, viele weitere Beispiele angeboten, die ich aus Platzgründen leider nicht ergänzen konnte und die mich dazu zwangen, eine schwerfallende Auswahl zu treffen.
Die naheliegende Wahl für "Flashdance" fiel selbstverständlich auf Michael Sembellos "Maniac" und sei es bloß, um ein Argument aus dem Text zu unterstreichen. Alternativ hätte sich etwa die Version des Lieds angeboten, die Carpenter Brut produziert hat und die ich, so sehr ich das Original schätze, frevelhafterweise glatt ein Stückchen besser finde.

Nicht unterschlagen möchte ich die andere naheliegende Wahl: Irene Caras kultiges "What A Feeling"... und die dazu passende Filmszene, welche meinen Kommentar vergleichbar zu stützen in der Lage gewesen wäre.

Aber nicht nur der "Flashdance"-Soundtrack offenbarte manches musikalische Glanzstück. Auch Kenny Loggins Arbeit für "Top Gun" hält das ein oder andere beschwingte Liedchen für passionierte 80er-Afficinados parat.

Ganz zu schweigen vom herrliche gayen "Playing With The Boys"... das sich, "Maniac" nicht unähnlich, ebenfalls hervorragend zur Untermalung einer Anmerkung zu "Top Gun" geeignet hätte...

Und da wir gerade von Kenny Loggins sprachen: zum Abschluss!

Freitag, April 10, 2020

Kurzreviews Dezember/2019

Wieder einmal eine unverschämt lange Pause zwischen den Review-Listen, die letzte veröffentlichte ich schließlich im November. Keineswegs war es so, dass es nichts zu gucken gegeben hätte, ganz im Gegenteil! Die Februar-Liste ist gerappelt übervoll mit Sichtungen und da ich mit der hiermit veröffentlichten Dezember-Liste bereits alle Hände voll zu tun hatte, mag es einige Zeit in Anspruch nehmen, bevor ich meinen (mehr oder weniger... Betonung auf weniger...) etablierten Veröffentlichungs-Rhythmus wieder einzuholen vermag. Aber ich versuche mein möglichstes.

Wie dem auch sei: hiermit präsentiere ich wiederum die 25 Filme, 3 Kurzfilme und 2 Serienstaffeln/-specials (ausgeschlossen Filme, die ich mich nicht im Stande sehe zu bewerten, weil ich sie z.B. nur zum Einschlafen gesehen habe und noch nicht beendete Serienstaffeln), die ich bisher im Monat Dezember gesehen habe:


Serien-Staffeln
Das Büro [The Office(Season 3) (2006-2007) - (7-8)
Das Büro [The Office(Season 4) (2007-2008) - (7-7,5)

Kurz-Filme
Spawn: The Recall (2014) - (7)
Wallace & Gromit - Die Techno-Hose [Wallace & Gromit: The Wrong Trousers(1993) - (8,5)
Wallace & Gromit unter Schafen [Wallace & Gromit: A Close Shave(1995) - (8)
Wallace & Gromit - Auf Leben und Brot [Wallace and Gromit in 'A Matter of Loaf and Death'(2008) - (8,5)

Filme
Töte alle und kehr allein zurück [Ammazzali tutti e torna solo)] (1968)
Enzo G. Castellaris Action-betonter Italo-Western verfügt über sattsam Schießereien und Schlägereien auf Kosten der holzschnittartigen Charaktere, gebietet mit Frank Wolff über einen einprägsamen Bösewicht und geht zügig zu Werke. Randnotiz: nimmt nebenbei die Söldner-Film-Welle vorweg. (6)

Der Idiot [白痴 Hakuchi (The Idiot)] (1951)
Kurosawa Akira adaptiert Dostojewski, was vor dem Hintergrund seiner seit Kindestagen gehegten und lebenslang gehaltenen Verehrung für den Autor, welcher einen entscheidenden inspirativen und motivischen Einfluss auf das Schaffen des Regisseurs ausübte, bloß eine Frage der Zeit war. Im Resultat stellt sich "Hakuchi" als ein ambitioniertes, zugleich erwartbar sperriges Wagnis heraus, ein Clash of Cultures und Clash of Authors, das stets delikate Aufeinandertreffen eines Verehrers und seinem Idol. Kurosawas kritischen Abstand missende Ehrfurcht vor, womöglich seine Identifikation mit Dostojewski oder sogar die nicht minder unterstellte Sorge, seinem im Geiste gleichgesinnten Vorbild zu genügen, schlägt sich in einer ungewohnt markanten Werktreue nieder, hinter der er seinen eigenen ausgeprägten inszenatorischen Stil frappant zurückstellt. Mangelnde künstlerische Distanz zur Quelle scheint es zu Lasten zu legen zu sein, dass die Transponierung des Schauplatzes in das verschneite, an das winterliche Russland gemahnende Hokkaido bestenfalls einem kosmetischen Trick gleichkommt, eine kulturelle Übertragung kaum stattfindet, "Hakuchi" strukturell ausgesprochen "literarisch" dünkt, ausufernde Dialoge, Monologe in begrenzten Räumen vorherrschend sind und das Gros der Handlung, obendrein Gemüt und Verfassung, Dilemma und Schicksalsschläge seiner Protagonisten in Worten und weniger in Bildern ausdrücken.
Dass die Verantwortlichen bei Shochiku aufgrund mangelnden Vertrauens in das riskante Projekt großzügig die Schere ansetzten und aus dem viereinhalb Stunden Epos einen mit annähernd drei Stunden immer noch üppig bemessenen Torso fertigten, erwies dem Projekt einen hinzukommenden Bärendienst. Das tut der Intensität des Dramas gleichwohl keinen Abbruch, das, wenn schon nicht infolge von Kurosawas Inszenierung, zumindest dank der sensationellen Schauspielleistungen in seinen Bann zieht: Mori Masayuki, Kuga Yoshiko und Mifune Toshirō liefern in ihren zentralen Rollen beachtliche Leistungen ab, über allen thront indes einmal mehr Hara Setsuko, deren überragendes, durchdringendes Spiel ein wahres Erlebnis darstellt. Eine problematische Literaturverfilmung, nichtsdestominder beeindruckend, fesselnd, Beachtung verdienend. (7,5)

Wrong Turn 3: Left for Dead (2009)
Aus Jux und Tollerei in chaotischer Reihenfolge... ist das von Bedeutung? Nö. Ist das Teil allerdings ebenso wenig, dafür reich an rundweg unsympathischen Charakteren, die blutig, wenn auch nachlässig animiert hingeschlachtet werden. (5)

Einmal wirklich leben [生きる Ikiru (To Live)] (1952)
Der zweigeteilte Höhepunkt in Kurosawa Akiras Nachkriegsschaffen zum Ersten. "Ikiru" stellt die Kulmination der anspruchsvollen humanistischen Linie in seinem Œuvre dar, die Vollendung seines Drama-Korpus, das sich den Menschen und das menschliche Wesen zum Thema nimmt, es speziell im Kontext des nachkriegszeitlichen Japans eingehend und eindringlich einer Untersuchung unterzieht, sich ferner kritisch mit der betreffenden Gesellschaft und Reibungen zwischen den Generationen auseinandersetzt. Der in kafkaesken Bedingungen arbeitenden Verwaltungsbeamten Watanabe Kanji siecht gleich einem lebenden Toten auf seinem Posten gleichermaßen stupide wie unproduktiv vor sich hin (weswegen ihm seine lebhafte jugendliche Berufskollegin den unschmeichelhaften Spitznamen "die Mumie" verleiht), ist einer abgestumpften alltäglichen Routine und erkalteten Beziehung zu seinem Sprössling erlegen, bis Magenkrebs sein baldiges Ende ankündet und ihn die ihn umgebene Lethargie durchbrechen, den Entschluss fassen lässt, einmal wirklich zu leben (in diesem Fall eine treffende Wiedergabe des Inhalts in der Übersetzung des Titels) und seinem Leben allerwenigstens im Angesicht des Todes einen seine Existenz überdauernden Sinn zu geben. In seiner Geschichte fließen alle etablierte Kernelemente Kurosawas zusammen und fügen sich zu einem formvollendeten Ganzen. Abermals inspiriert von russischer Literatur, Tolstoi in diesem Falle, und angeregt von Gedanken an den eigenen Tod, vereint er das eindrückliche, skeptische Bild der Nachkriegsgesellschaft Japans, die klagende Feststellung auseinandertreibender Kriegs- und Nachkriegs-Generationen und ihrer Wertvorstellungen, nicht zuletzt eine ätzende Abrechnung mit einem schwerfälligen, ineffizienten, sich selbst genügenden Bürokraten-Apparat, der, bestehend aus karrierefixierten Emporkömmlingen und duckmäuserischen Ja-Sagern, zu keiner Leistung, seinen Aufgaben und den Menschen, denen er ursprünglich dienen sollte, Genüge zu leisten nicht im Stande ist. Für Kurosawa überdies eine symptomatische Inkarnation eines allgemein wuchernden Übels im Zeitgeist des japanischen Wirtschaftsaufschwungs: das Versagen oder genauer gesagt die aus niederen Beweggründen bewusst in Kauf genommene Verdrängung von Ethik, Moral und Menschlichkeit, namentlich eine Kritik am von falschen Ambition angetriebenen, verlogenen Karrieristen und Materialisten, eine Kritik, die Kurosawa und seine Drehbuchautoren Hashimoto Shinobu und Oguni Hideo mithilfe des brillanten Bruchs zur Filmmitte prägnant akzentuieren, ein Kniff, der ein bereits herausragendes Drama zur wahren Größe reifen lässt. Humanistisches Anliegen, Familien-Drama und Gesellschaftskritik in Form einer bitteren Reflexion und schneidenden Vorhaltung legt der Regisseur demzufolge seinem intimen, sensiblen und zutiefst zu Herzen gehenden Portrait eines sterbenden Menschen zugrunde, dass er meisterlich inszeniert und dabei alle Register seines Könnens zieht. Fürwahr eine Meisterleistung. (10)

Die Sieben Samurai [七人の侍 Shichinin no Samurai (Seven Samurai)] (1954)
Der zweigeteilte Höhepunkt in Kurosawa Akiras Nachkriegsschaffen zum Zweiten. Wenn "Ikiru" den moralisch-didaktischen Zweig in seinem kreativen Output verkörpert, darf man "Shichinin no Samurai" rechtmäßig den fulminanten Höhepunkt seines Unterhaltungskinos nennen (auf das sich der Mann ebenso meisterhaft verstand, unterdies nie nötig gehabt hätte, auf Tiefsinnigkeit zu verzichten). Peinlich berührtes Geständnis: obwohl ich von klein auf vielgestaltig Kurosawas Einfluss, "Shichinin no Samurai", dieses Emblem des Meisterregisseur-Kinos, insbesondere, auf das cineastische Universum zu spüren bekam, nicht zu vergessen dank mancher seiner anderen Schaustücke, bin ich bis zu diesem Tage nicht in den vollumfänglichen Genuss des vermutlich namhaftesten Vertreters seines Schaffens im Samurai-Genre gekommen. Ich habe ihn mal begonnen, jedoch aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen frühzeitig beendet. Das sei hiermit nachgeholt und diese gravierende Lücke endlich geschlossen.
Und was soll ich sagen? Ecce: das von allen Seiten als epochemachendes Meisterstück besungene Jidai-geki-Epos, das Erzeugnis, das dem Regisseur sein Cognomen des Tennō einbrachte, hält in jeder Hinsicht ein, was sein imposanter Ruf verspricht: die reichhaltigen 200 Minuten Filmlänge breiten Kurosawa eine umfängliche Spielwiese aus, auf der er sich fröhlich austoben darf. Dementsprechend detailliert widmet er sich jedem Aspekt: den Charakteren, der Inszenierung, der Geschichte - die übrigens unerwarteterweise kleinformatig, in sich gekehrt ausfällt, schließlich bestreiten die eponymen Samurai nicht auf verlorenem Posten ein glorreiches letztes, epochales Gefecht gegen einen übermächtigen Gegner, das ihren gottgleichen Status des unantastbaren, niemals irrenden Heroen untermalen und herausstellen würde, sondern verteidigen "nur" ein politisch betrachtet unbedeutendes Bauerndorf gegen eine Horde räuberischer Banditen (was bei Kurosawa letzten Endes auf einen vergleichbaren Erlösungsgedanken hinauslaufen mag), demonstriert daneben hinlänglich menschlichen Makel. Den Raum, der dem Regisseur zur Charakterisierung zur Verfügung steht, setzt er wohlbedacht ein, um seine sieben unterschiedlichen Helden weitaus differenzierter zu zeichnen. Einige fraglos mehr als andere, diesem und jenen eine hervorstechende Position innerhalb der Ränge der tapferen Recken einnehmen zu lassen war unvermeidlich, dennoch erweisen sie sich allesamt auf ihre Art und Weise markant und nicht immer augenfällig heroisch. Ihre Beziehung zu den Dorfbewohnern legt des Weiteren die problematischen hierarchischen Denkmuster Japans offen, die Kurosawa qua Mifune Toshirōs Wanderer zwischen den Welten weiters unterminiert und hinterfragt. Inszenatorisch müssen selbstredend die Actionszenen ins Auge fallen, bei denen Kurosawas zum ersten Mal Teleobjekte und mehrere Kameras zum Einsatz brachte, um die Scharmützel effektiv aus verschiedenen Perspektiven einfangen zu können, was ihm ermöglichte, ein bis dato ungeahntes Immersionsgefühl zu evozieren.
Es zieht einige Zeit ins Land, bis es zur ersten Auseinandersetzung mit den Widersachern kommt, eine Zeit des Kennenlernens, der Vorbereitungen, des Wartens und des Miteinanders, bei dem es gilt Autoritäten klarzustellen und zarte Bande zu knüpfen, unter den Samurai einerseits, zu den Dorfbewohnern andererseits. Schon vor der ersten blutigen Schlacht herrscht somit eine ungeheure Dynamik unter den Charakteren vor, die spätestens in den gewaltsamen Konfrontationen, vor allem wenn es ans Sterben geht, zusätzlich an Dramatik gewinnt. Und am Ende bekundet Kurosawa gar unbeschönigten Zweifel, ob und was die Samurai unter Einsatz ihres Lebens gewonnen haben, wozu oder wem das Töten und Sterben und die vermeintliche Heldentat letztlich nützte. (10)

Ein Leben in Angst [生きものの記録 Ikimono no kiroku (I Live in Fear aka Record of a Living Being aka What the Birds Knew)] (1955)
aka "Bilanz eines Lebens". Im Anschluss an sein bravuröses Samurai-Epos kehrt Kurosawa Akira zur modernen japanischen Gesellschaft zurück und berichtet vom Leben einer Familie im Angesicht des kalten Krieges und der damit einhergehenden atomaren Bedrohung, der sich Japan, immerhin Verbündeter der USA, in brenzliger Nachbarschaft zu Russland höchlichst ausgesetzt sieht. Was Kurosawa nun im Speziellen beschäftigt, ist die eigene Fassungslosigkeit darüber, wie es menschenmöglich sein kann, sich mit einer solche Situation beinahe fatalistisch zu arrangieren, sie nachgerade leichtsinnig als gegeben hinzunehmen und ein alltägliches Leben fortzuführen. Das führt ihn wie von selbst zur beim ihm häufig anzutreffenden inneren Zerrissenheit, welche besagte Großfamilie plus Mätressen mitsamt unehelichen Kindern zu zerstören droht, eine Zerrissenheit, die er nicht zum ersten Mal als Symptom der Zerrüttung einer modernen japanischen Gesellschaft diagnostiziert, die zusehends humanistische und familiäre Werte zu Gunsten von Materialismus und Karrieredenken aus den Augen zu verlieren droht. Der aus dieser Haltung zu befürchtenden Versuchung einer polemischen Strafpredigt erliegt Kurosawa dankbarerweise nicht (im Gegensatz zu "Shūbun"), ihm liegt die menschliche Tragik am Herzen, die sozio-politischen Verwicklungen erst in zweiter Linie. Aus diesem Grund scheint ihm auch daran gelegen, möglichst allen Akteuren gerecht zu werden, ihrer Lage, ihren konträren Positionen das nötige Maß an Verständnis entgegenzubringen, zumal die drohende nukleare Katastrophe allzeit ein Abstraktum bleibt, die Beteiligten niemals einer konkreten, fassbaren Gefahr gegenüberstehen, wodurch ein unmissverständlich richtiger oder falscher Weg niemals ersichtlich wird, es Schwierigkeiten bereitet, sich bei aller Aufrichtigkeit und guter Absicht vorbehaltlos der einen oder der anderen Position anzuschließen, was ein beachtliches Gefühl der Unsicherheit und der Unabwägbarkeiten erzeugt.
Zu erwähnen seien nebendem die unbestritten starken Darsteller, allen voran der nicht wiederzuerkennende Mifune Toshirō verblüfft in der für ihn untypischen Hauptrolle des alternden Patriarchen und Fabrikbesitzers, der sich um augenscheinlich jeden seiner Liebsten bis zum letzten selbstlos zu sorgen scheint und zu den größten, entsagungsvollen Opfern bereit ist, sowie der Tod von Kurosawas Stammkomponisten Hayasaka Fumio, weswegen sein Schüler Masaru Satō den Score für "Ikimono no kiroku" fertigstellen musste und fortan seinen Posten einnahm. (7,5)

Das süße Leben [La dolce vita(1960)
Federico Fellinis legendäre, episodenhafte Chronique scandaleuse, Marcello Mastroiannis vielbeschworener Streifzug durch Welt der Reichen und Schönen - eine gnadenlose Abrechnung mit der Hautevolee Roms? Ganz so einfach macht es Fellini einem da nicht. In Wahrheit muss sich ein Jeder, der in "La Dolce Vita" eine einseitige Kritik an der Banalität der High Society zu erkennen meint, selbst den Vorwurf einer entlarvenden, möglicherweise ideologisch aufgeladenen, voreingenommenen Oberflächlichkeit oder Projektion gefallen lassen. Bestimmt entbehrt Fellinis schwer fassbares Gebilde weder einer scharfsinnigen, kritischen Sichtweise auf die High Society, auf ihre Illusionen, Verlockungen und Verheißungen, noch eines dekuvrierenden Blickes hinter all die verzweifelten Maskeraden und das glamouröse, blendende Aufspielen, welcher die unter all dem Glanz brodelnde Verzweiflung offenlegt. Bei alledem muss man nichtsdestoweniger einsehen, dass er der abgebildeten Welt, zu der er sich im Endeffekt zugehörig erachtete, eine in gleichem Maße faszinierte, manchmal vielleicht ein Gran weit traurig anmutende Zuneigung entgegenbringt. "La dolce vita" ist keine beißende Satire im engeren Sinne, doch er handelt zweifelsohne von Menschen, mehr noch: von ihrem unerfüllt bleibenden Sehnen nach Sinn, nach Erfüllung, nach Liebe. Dass dieses Sehnen bisweilen arg merkwürdige Formen und Auswüchse annimmt, liegt nun mal in der Natur des Menschen. Daher preist Fellini in gleicher Weise, was er nicht ernstlich verdammt. (9)

Wrong Turn 4: Bloody Beginnings (2011)
Stumpfsinniger Schrott, der sich als Prequel tarnt, nullkommajosef aus seinem Setting zu machen weiß, neben alldem komplett hirnverbrannt dämlich endet. (2)

Wrong Turn 2: Dead End (2007)
Den wiederum fand ich ordentlich, ein brauchbares, unterhaltsames Sequel, das den Vorgänger verwertbar weiterspinnt, fleißig die Sex- und Gore-Keule schwingt und sein Figureninventar emsig dezimiert, bevor sich die Handvoll Überlebenden amüsant zur Wehr setzen dürfen. (6,5)

Das Schloß im Spinnwebwald [蜘蛛巣城 Kumonosu-jō (Throne of Blood)] (1957)
Für seine Macbeth-Bearbeitung greift Kurosawa Akira verstärkt und nachdrücklich auf Noh-Elemente zurück, reduziert den Shakespeare-Klassiker dergestalt auf seinen elementaren Kern, befreit ihn von schmückendem mystischen Ballast und Nebenfiguren, konzentriert sich ohne ausgiebigere Schwänke, dafür hochstilisiert auf Mifune Toshirōs Washizu Taketoki (Macbeth) und Yamada Isuzus Washizu Asaji (Lady Macbeth) und ihren stufenweisen Abstieg in den Wahnsinn und die Verdammnis. Eine im höchstem Maße stimmungsvolle Adaption, die gekonnt die Essenz der Vorlage freilegt. (7,5)

Wallace & Gromit: Auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen [The Curse of the Were-Rabbit(2005)
Eine liebevolle Spielfilmversion aus dem Hause Aardman, die Charme, Witz und Herz der Kurzfilme nahtlos auf die große Leinwand transportiert, ein den Erwartungen entsprechendes temporeiches, fantastisch animiertes Außenseiter-Abenteuer voller subtiler Anspielungen vorlegt. (7,5)

Macbeth [The Tragedy of Macbeth(1971)
Roman Polanskis (vom Playboy (!) finanzierte) Bearbeitung des Shakespeare-Materials suhlt sich voll und ganz im Dreck und Blut einer düsteren, authentischen Mittelalter-Welt, nimmt sich hierneben keinen Deut zurück bei der Bebilderung von Gewalt und Grausamkeiten. Assoziationen zu den Sharon Tate-Morden drängen sich unwillkürlich auf, überhaupt üben die gnadenlose, mitleidlose Grundstimmung, die skrupellosen, kaltblütigen Charaktere gleichauf eine beträchtliche auf das Gemüt drückende Dominanz aus und schaffen eine Umgebung schonungsloser seelischer und physischer Brutalität. "The Tragedy of Macbeth" ist im Endeffekt eine passioniert trostlose Angelegenheit und eine der besten Umsetzungen des Stückes auf Film. (8)

Macbeth (1948)
Rekonstruierte Langfassung. Kommen wir zum Nächstbesten, was man mit dem Stoff anstellen konnte: typisch Orson Welles gibt er der Form Vorrang gegenüber dem Inhalt und mein lieber Schwan, diese Form hat es in sich! Die unbeschreiblich präzis choreografierte, ästhetisch formvollendete Kameraarbeit transformiert das Theaterstück in einen deliriösen Film noir, surreal verzerrt, perspektivisch anamorphotisch, ein Shakespeare-Noir in einem Fiebertraum. Wegen der Gestaltungsmittel eine ungemein fesselnde, unvergleichliche Adaption, ein Erlebnis, ein Geniestreich! (9)

Flashdance (1983)
Oh weh. Natürlich kannte ich das (überhaupt nicht sexualisierte...) "Maniac"-Musikvideo, das es nicht versäumte, sein blutjunges weibliches Objekt der Begierde in jeder formschönen Positur, aus jedem erdenklichen, anlassigen Blickwinkel abzulichten, wohlweislich darum bemüht, ungeachtet aller Tendenzen nicht in den Bereich der offensichtlicher Pornografie abzurutschen, der grobe Inhalt war mir bekannt, über das 80er-Jahre-Gepräge war ich mir im Vorfeld im Klaren... und trotz dieses Vorwissens konnte ich nicht ahnen, dass diese genannten Punkte bereits das Maximum dessen ausmachen, womit sich "Flashdance" auszeichnet. Hübsche junge Frauen tanzen spärlich bekleidet am Rande des Striptease (oft genug überschreiten die Tanzszenen bedenkenlos diese Grenze) in slickem 80er-Gewand zum Gefallen alter Säcke, träumen nebenher vom großen Durchbruch und... mehr ist nicht. "Flashdance" mutet bedenklich und nicht zu beschönigend lüstern triebhaft an in seiner unverhohlenen Fleischbeschau und Eindimensionalität, erklärt zu allem Überfluss einen fast doppelt so alten Lüstling mit Stalker-Attitüde allen Ernstes zum idealen Liebhaber der 19-jährigen Jennifer Beals, dem sie sich bereitwillig hingibt, eine Liaison, die ihr darüber hinaus Connections verschafft - ein Schelm, wer hier böses denkt. Was bleibt sind die ansehnliche Optik und... zugegeben: Jennifer Beals beziehungsweise Marine Jahans (oder gar Crazy Legs?) körperbetonte Räkelübungen SIND hübsch anzuschauen, keine Frage. (3,5)

Footloose (1984)
Holt merklich mehr aus seinem Sujet heraus, präsentiert sich als Generations- und Weltanschauungs-Konflikt primär zwischen Kevin Bacon und John Lithgows nicht vollständig verbohrtem Reverend, ein Spiegel einer Umbruchzeit, des begreiflichen Aufbegehrens und verständlichen Wunsches nach freier Entfaltung von jungen Erwachsenen gegenüber einem bornierten, spießbürgerlichen Establishment, was gleichermaßen in den 80ern, wie in den 50ern seinen Platz hätte finden können. Herbert Ross versucht das derart breit auszuspielen, aus dermaßen vielen verschiedenen Winkeln zu betrachten, dass "Footloose" zwischen all den angeschnittenen Komplexen an allen Ecken ein eine Idee zu kurz kommt. Entgegen den Erwartungen wird das Tanzbein zudem vergleichsweise selten geschwungen, ein vor zorniger, trotziger Energie nur so strotzendes Highlight à la Kevin Bacons Vorstellung in der Lagerhalle ist eine rares Glanzlicht in einem Werk, das nicht hundertprozentig wagt, auf pure visuelle kinetische Ausdruckskraft zu setzen, statt dessen meint, sich nach Art eines filmischen Entwicklungsromans aufführen zu müssen. (6)

Das Leben des Brian [Life of Brian(1979)
Die Mutter aller Blasphemie-Klassiker, eine treffsicher respektlose Verulkung von Religion, Politik und religiösem Monumental-Epos auf bewährte Monty Python-Art. Unübertroffen! (9)

Dogma (1999)
Habe ich den als Jugendlicher vergöttert (gnihihi)! Schlägt naturgemäß in eine ähnliche Kerbe, angereichert um Kevin Smith-Manierismen noch und nöcher. Was ich seinerzeit himmelschreiend komisch fand! Und deswegen und wegen der durchgängig christliche Fantasy auf den Arm nehmenden, sie bis zu einem gewissen Maße andererseits verklärenden Gag-Parade fröhlich abgefeiert habe. Diese wohligen Jugend-Erinnerungen haben das Wiedersehen nicht schadlos überstanden, was vor allen Dingen an Smith recht überschaubaren Art der Inszenierung zu verorten ist, unterdessen das spielfreudige Ensemble auch heute noch die ganze Zeit über die gute Laune aufrecht hält. (7)

Joker (2019)

Top Gun (1986)
Ein weiteres Kuriosum der 80er, das wahrscheinlich homoerotischste Anwerbungs-Video der Welt (oder in Tarantinos treffsicheren Worten: ein schwuler Fantasyfilm), ein mit allerlei ins Nichts laufenden Pseudo-Dramen aufgepolsterter Luftikus, ein inhaltliches Vakuum unter Tony Scotts chic abgelichteten Lobgesang auf die kernige Männlichkeit, die feschen, großspurigen Draufgänger der US-Luftwaffe, die sich unablässig an sich selbst aufgeilen. Dass er inhaltlich und ironischerweise zuvorderst in den brachialen Flugszenen (die ich extrem unübersichtlich und chaotisch (was der Realität entsprechen mag), in der Folge alles andere als involvierend empfand) ausgerechnet seiner Parodie "Hot Shots" unterliegt, die allen Albernheiten zu Trotze wenigstens Plot-Elemente wie den Sabotage-Nebenstrang bot, ja sogar den Bromance-Cock-Contest besser hinbekommen hat, macht vielleicht die Substanzlosigkeit der Chose ersichtlich. Im Besonderen das Problem des Krieges bzw. der Feindes-Darstellung bemüht er sich putzig holprig zu umschiffen. Um fair zu bleiben: was blieb ihm anderes übrig, ohne sich in eine prekäre Zwickmühle zu befördern? Der Verlust eines unzweifelhaft zwingend zu unterwerfenden Feindes geht umstandslos einher mit einem zügigen Verlust an Sinngehalt für die Rolle des Soldaten, der, so eine hammergeile Sau er auch sein mag, ohne zu überkommenen Feind kopfüber an Bedeutung verliert. Also bleibt "Top Gun" vage was das Wer, Wie und Warum der Kampfhandlungen anbelangt, gegen wen, aus welchen Gründen und vor allem mit welcher Berechtigung hier gekämpft wird, damit die affengeile Testosteron-Propaganda-Show nicht in die Verlegenheit kommt, zugeben zu müssen, dass es hier realiter um gar nichts geht, eine affengeile Sau von Pilot ohne eindimensionalen Konflikt seine Geilheit gar nicht erst auszuspielen vermag, in der Konsequenz zu einer ihres Raison d’Être völlig beraubten Tötungsmaschine verkommt. Und da bleibt einfach nicht mehr viel übrig, außer die eigene Sinnlosigkeit des Seins zu zelebrieren. Zu dieser Erkenntnis ist "Top Gun" sehr zu seinem Pech nicht fähig. (4)

Der Leuchtturm [The Lighthouse(2019)
Wahnsinn und das unbändige Meer zum Ersten: Chapeau! zu Robert Eggers bedingungslosen formellen Stilwillen, die seiner Seemansmär eine nicht zu verachtende wiedererkennbare Eigenständigkeit verleiht. Ansonsten spult er die aus "VVitch" bewährte Masche ab: während er sich drüben beflissen am Schatz von Neuenglands Hexen-Schreckgeschichten bediente und diese ohne allzu tiefgreifende Reflexion bebilderte, schöpft er  hüben aus einem Quellenhort reich an allerlei Seemannsgarn, dass er zu einem Geflecht von Abgeschiedenheit, Wahnsinn und rachsüchtigen Meeresgewalten spinnt, nach allen Regeln der Kunst ausgeschmückt mit sexuellen und psychologischen Facetten. Was am Ende im Gedächtnis bleibt, sind zwei sich den Teufel von der Seele spielende Akteure und ein gnadenloser Abwärtsstrudel in den gischt-geschwängerten Wahnsinn - oder man drückt es in den entwaffnend lapidaren Worten meiner besseren Hälfte aus: da werden halt ein bis zwei Männer wahnsinnig! Na und? Trifft es irgendwo genauso gut. (7,5)

Dagon (2001)
Wahnsinn und das unbändige Meer zum Zweiten: einer der dünngesäten geglückten Versuche, Lovecraft'scher Vesania Herr zu werden und wie es nicht anders hätte sein können zeichnete sich der zu meinem Bedauern kürzlich verstorbene Stuart Gordon (R.I.P) hierfür verantwortlich. Die größten Mängel ergeben sich aus den budgetbedingten Grenzen, denen sich das Projekt gegenüber sah, was sich am ehesten an den missratenen CGI-Effekten zeigt, deren Einsatz sich zum Glück in Grenzen hält. Denn abgesehen davon ist Gordon eine überaus stimmige Umarbeitung von Lovecrafts "Shadow over Innsmouth" gelungen (des Autors Kurzgeschichte "Dagon" hat allenfalls am Rande mit seinem Film-Pendant zu tun): das abgeschiedene spanische Fischerdorf weiß er als Setting diesbezüglich wunderbar alptraumhaft in Szene zu setzen, wenn er grotesk gebeugt gehende, bizarre Geräusche von sich gebende, in kaschierendes Ölzeug gekleidete Gestalten zwischen den in sintflutartige Regenschwälle gehüllten gedrängten Gässchen herumhatschen lässt. Eine unheilvolle Stimmung kommt in diesen anfänglichen Minuten in erster Linie dadurch auf, dass man das Abscheuliche höchstens andeutungsweise wahrnimmt oder mitunter nur zu sehen glaubt, bis Gordon zur rechten Zeit den Hund (oder... Fisch...) von der Leine lässt, einen aufgebrachten Mob missgestalteter Mensch-Fisch-Hybriden über die Protagonisten hereinbrechen lässt und die Menschenjagd feuchtfröhlich eröffnet. Was es mit dem Dorf und seinen Bewohnern auf sich hat, von der fürchterlichen Transformation, ausgelöst durch den verhängnisvollen Pakt mit den unheilbringenden Göttern, denen sich die Dörfler willfährig unterworfen haben, erlangt der Zuschauer bloß indirekt Kenntnis, der allem zugrunde liegende Mythos verbleibt überwiegend Lovecraft-gerecht im Dunkeln. Alles in allem überzeugt Gordons "Dagon" namentlich im Bereich der Atmosphäre, die einen guten Eindruck davon gibt, was eine Lovecraft-Verfilmung sein kann und sein sollte. (7)

Wall Street (1987)
Ein stilbildender Klassiker der 80er-Jahre, unterlegt mit Oliver Stones unverkennbaren didaktischem Anspruch, seiner speziellen Sicht auf die Machenschaften an der Börse und auf die Menschen, die sich dafür verantwortlich zeichnen. Es obliegt Michael Douglas in der Rolle (die er übrigens bravourös ausfüllt) des zum skrupellosen Prima inter pares verabsolutierten Börsengurus, für den Profit alles bedeutet, derweil Menschenschicksale zur Nebensächlichkeit geraten, dem abgefeimtem Typus Börsenmakler ein Gesicht zu geben. Was Stone von seinesgleichen hält und für wen er Partei ergreift, liegt auf der Hand. Letzten Endes kann der Filmemacher trotz und allem nicht umhin, eine gewisse Faszination, um nicht zu sagen heimliche Bewunderung für den Charakter Gordon Geckos zu hegen. Umso überzeugender fällt Charlie Sheens Entwicklung vom naiven Anfänger zum hörigen Schüler Geckos aus, der dessen diabolischen Energie und Überzeugungskraft und den süßen Verheißungen eines luxuriösen Glamour-Lebens, das einem jeden materialistischen Wunsch zu erfüllen verspricht, erliegt. Die Kunst von Stones Herangehensweise ist, dass er weder zu subtil, noch zu plakativ arbeitet, seine Meinung in der Sache unmissverständlich vertritt, den Verlockungen des Widersachers dahingegen nicht blind gegenübersteht. Einer von vielen Gründen, weshalb "Wall Street" bis heute einer der besten Beiträge zum Thema Börse ist. (8)

9 1/2 Wochen [Nine 1/2 Weeks(1986)
Auf zum nächsten Kultstück der 80er. Ich muss gestehen, "Nine 1/2 Weeks" ist einer dieser Kandidaten, die tatsächlich erst im Nachhinein ihre Wirkung entfalten und die Gehirnwindungen durchaus in Bewegung zu versetzen in der Lage sind. Unmittelbar nach der Sichtung empfand ich Adrian Lynes Erotik-Drama zunächst einmal als dröge Schlaftablette in der nichts Aufsehenerregendes passiert. Die zahmen erotischen Spielchen locken niemand hinter dem Ofen hervor, die stylische Optik wirkt auf den ersten Blick durchgehend unterkühlt und sinnentleert, die Charaktere erwecken wenig bis gar kein Interesse, wenn Kim Basinger Mickey Rourke schlussendlich eröffnet, dass seine emotionale Öffnung zu spät erfolge, deckt sich das mit meiner Einschätzung der Figuren: bewegendes bekennen sie zu spät. Gleichzeitig muss ich einräumen, dass "Nine 1/2 Weeks" ohne Frage die visuelle Apotheose, das Epitom des mondänen 80er-/90er-Erotik-Thrillers darstellt, zwei äußerst attraktive Schauspieler in fiebriger Fotografie einfängt und nicht zuletzt anerkennenswert eine dysfunktionale Liebesbeziehung, ein Sinnbild 80er-Jahre Machismos und Fetischisierung von Hochglanz-Banalitäten, in Szene zu setzen weiß. Die Wahrheit liegt irgendwo zwischen zwei Antipoden: geleckte Bild-Arrangements, die gleichermaßen hohl und bedeutsam zu sein scheinen, schwach konturierte Charaktere, lähmende Trägheit und Taubheit, was beides selbst zur Sprachmelodie gerinnt, Trivialität und Bedeutsamkeit im Kampf und doch im Verein. Eventuell ohne es sein zu wollen, gerät "Nine 1/2 Weeks" zu einem beachtenswerten Zwitterwesen, in seiner Ausdrucksweise "La Dolce Vita" (s.o.) nicht unähnlich: einerseits findet es sich als Produkt des 80er-Jahre-Kinos selbst dem superfiziellen Fetisch verbunden, zelebriert ihn gewissermaßen lustvoll und schwelgerisch. Andererseits unterläuft er dessen oberflächliche Attraktivität, legt deren schmerzliche Leere und Unterdrückung von Emotionen bestürzend deutlich bloß. Und wäre er nicht Mitglied des Clubs, wäre ihm diese Selbsterkenntnis unter Umständen gar nicht möglich gewesen. (6)

Monsieur Claude 2 [Qu'est-ce qu'on a encore fait au bon Dieu?(2019)
Uff, ganz dünnes Eis. In meiner Verwandtschaft gibt es eine Reihe an Leuten der älteren Generationen, die sich bei dem scheckiglachen, alldieweil ich daneben sitze und mich frage, was ich gerade verpasse. Nach wie vor möchte ich nicht so sehr auf dem Rassismus-Aspekt rumreiten, der unzweifelhaft vorhanden ist. "Qu'est-ce qu'on a encore fait au bon Dieu?" bietet im Wesentlichen mehr vom selben, ist, je nachdem, wen man fragt, etwas besser oder weist Sequel-Ermüdungserscheinung auf. Für mich bleiben die Mängel des Erstlings bestehen. Drum: siehe dort. (5)

Monsieur Claude und seine Töchter [Qu'est-ce qu'on a fait au Bon Dieu?(2014)








































25 - 6,9 (172,0)