Dienstag, April 21, 2020

Kurzreviews Januar/2020

Hiermit präsentiere ich die zweite nachträgliche Review-Liste der diesmal 24 Filme und 2 Serienstaffeln/-specials (ausgeschlossen Filme, die ich mich nicht im Stande sehe zu bewerten, weil ich sie z.B. nur zum Einschlafen gesehen habe und noch nicht beendete Serienstaffeln), die ich im Monat Januar gesehen habe:


Serien-Staffeln
Das Büro [The Office(Season 5-6) (2008-2010) - (7-8)
Todd McFarlane's Spawn (Season 1) (1997) - (7-7,5)

Filme
Nachtasyl [どん底 Donzoko (The Lower Depths)] (1957)
Kurosawa Akiras werktreue Adaption von Maxim Gorkis Schauspiel besitzt eine unübersehbar theaterhafte Komponente: der Schauplatz beschränkt sich auf zwei Räumlichkeiten desselben demarkierten Orts, die überschaubare Dramatis personae ist fix, sogar Akt-Übergänge lassen sich ausmachen. Dementgegen erweckt "Donzoko" zu keiner Zeit einen befangenen theaterhaften Eindruck. Im Gegenteil: das komprimierte, räumliche begrenzte Setting scheint Kurosawa nachgerade zu beflügeln: je beengter der Raum, desto reicher die Ausdrucksmöglichkeiten des Regisseurs und seiner Darsteller, deren Arrangement umso wohlbedachtere Präzision erfordert. "Donzoko" ist zuvorderst ein Ensemblefilm, in welchem fraglos ein jeder beachtliches leistet, die Gruppe als Ganzes, als Einheit alldieweil unverkennbar im Mittelpunkt steht. Und Kurosawa versteht es meisterlich, diese Einheit anzuführen, jedem einzelnen Akteur zur rechten Zeit gebührend Spielraum zu entbieten. Inhaltlich richtet er sein Augenmerk auf die Außenseiter der Gesellschaft, die Randfiguren, die Verlierer und Verlorenen, die bei alledem indessen nicht den Hoffnungslosen gleichzusetzen sind. Denn es ist die Hoffnung, genährt von ihren Sehnsüchten, ihrem Wunschdenken, ihren Verlusten und vergeblich erträumten Luftschlössern, welche diese Existenzen am Rande der Verzweiflung am Leben erhält, sie antreibt, Lieben, Freuden, Tod und Leiden ertragen lässt - so utopisch unerfüllbar einem diese Hoffnung auch dünken mag. Letzten Endes gleicht "Donzoko" "Rashomon" in seinem Spiel mit Wahrheit, Dichtung, Illusion, konstatiert übereinstimmend eine fatale Wechselwirkung zur trügerischen, zwingenden Selbstwahrnehmung, die oftmals, beinahe immerfort Selbsttäuschung gleichkommt und von der sich zu lösen höchstens in wenigen Ausnahmefällen gelingen mag. Dass Kurosawa sowohl Vorlage, als auch Eigenerzeugnis als heitere Angelegenheit empfand, mag zunächst irritieren, bei näherer Betrachtung wird man dahingegen feststellen, wie eng Humor und tragischer Fatalismus hier als miteinander verknüpft und unabdingbar voneinander abhängig und ableitbar betrachtet werden. Zumal sich aus dieser Haltung erklären lässt, warum "Donzoko" trotz allem ein derartig unterhaltsames, zugleich nachdenkliches Stück geworden ist, das oftmals hinter Kurosawas prestigeträchtigeren Werken unberechtigterweise in den Hintergrund zu rücken scheint. (9)

Die Verborgene Festung [隠し砦の三悪人 Kakushi toride no san akunin (The Hidden Fortress)] (1958)
Zweifelsfrei Kurosawa Akiras zugänglichster Film, ein keckes, mitreißendes, stellenweises ironisches Jidai-geki-Abenteuer in exquisiten Breitwandaufnahmen, dass bewusst sein Comic Relief-Pärchen zum protagonistischen Kern macht. Ich gebe unumwunden zu: "Kakushi toride no san akunin" ist nicht mein Lieblings-Kurosawa. Gleichwohl werde ich ihm seinen enormen Spaßfaktor nicht in Abrede stellen. Inzwischen ein zweischneidiges Schwert ist sein janusgesichtiger Status des inspirativen Quells für "Star Wars", bedenkt man die Umwälzungen, welche George Lucas Sternenkrieger-Saga hervorgerufen hat und die Disney heute auf katastrophale Weise totzureiten versucht... (7,5)

Allein unter Nachbarn [La comunidad(2000)
Álex de la Iglesia-typische Farce, angesiedelt im Sündenpfuhl des spanischen Mietshauses, deren kunterbunt schrullige Bewohner sich vor Gier gegenseitig an die Gurgel gehen. Salopp formuliert: wäre James Stewart in "Rear Window" nicht an den Rollstuhl gefesselt gewesen und hätte sich in eigener Person in das beobachtete Gebäude begeben, vielleicht wäre ihm ein vergleichbares Abenteuer widerfahren... vorausgesetzt die Bewohner wären raffgierige Verrückte gewesen. Spaßig! (7)

Citizen Kane (1941)
An Orson Welles vermeintlich besten Film aller Zeiten muss sich jeder Cineast zwangsläufig mindestens einmal im Leben die Zähne ausbeißen und wird dafür mit einer einzigartigen Biographie Noir belohnt, die allen Konventionen des Biopics zuwiderläuft, indem sie sich weigert, eine planmäßige, geradlinig chronologische Aneinanderreihung von Lebensstationen seiner Hauptfigur vorzulegen, anstelle dessen eine assoziative Verkettung von Eindrücken und Erinnerung in bereits gefilterten Aussagen von Anderen collagiert, die ein vielgestaltiges und vielschichtiges Puzzlespiel ergibt, ein zertrümmertes Mosaik eines Menschenlebens, dass es wieder zusammenzusetzen gilt, nicht eines, dass man bequem vorgesetzt bekommt und einem das Mitdenken erübrigt. Ein revolutionäres Bravourstück, dem es leider nicht vergönnt gewesen war, die gängige Form des öden formelhaften Biopics zu begraben. (9,5)

Die Bösen schlafen gut [悪い奴ほどよく眠る Warui yatsu hodo yoku nemuru (The Bad Sleep Well)] (1960)
Erstes Erzeugnis von Kurosawa Akiras eigener Kurosawa Productions, die er gründete, nachdem sein Vertrag mit Toho ausgelaufen war, und ein weiterer Gendai-geki Noir Kurosawas nach "Yoidore Tenshi" und "Nora Inu". Scheinbar befand ich mich in der falschen Stimmung für das, was der Regisseur sich vorgestellt hatte: enttäuschenderweise sagte "Warui yatsu hodo yoku nemuru" mir nicht zu, aus mehreren Gründen. Grundsätzlich zu langatmig, zu theaterhaft wirkte er auf mich. Man nehme zum Beispiel die den Film eröffnende Hochzeit, die gerne als brillant in Szene gesetzte Exposition angeführt wird, die auf mich im Gegensatz dazu arg bräsig erschien. Was dort geschieht, ist, dass die anwesenden Reporter und Journalisten in der Funktion eines Theaterchors ohne größere Raffinesse die für die Handlung zentralen Personen aufzählen, beschreiben und ihre Beziehungen untereinander erklären, was für mich einem bühnenhaften, erklärbärigen Zähfluss gleichkam. Korrespondierend dazu löst Kurosawa den dramatischen Höhepunkt gen Schluss nicht in Bildern auf, sondern lässt davon berichten: was geschehen ist, die Kulmination der aufwühlenden Ereignisse, welches Schicksal die Protagonisten ereilte, wird einem indirekt, schwafelig vorgetragen. Um nicht missverstanden zu werden: ich habe bestimmt nicht auf einen vordergründige Spannung forcierenden, nervenaufreibenden Thriller von Kurosawa spekuliert. Dass er sich auf das Drama, die Charaktere und Anprangerung von Korruption, Bestechung, Unterschlagung und den verdorbenen, amoralischen Subjekten der japanischen Oberschicht, die selbst vor heimtückischem Mord nicht zurückschrecken, konzentrieren würde, war zu erwarten. Auf die spannungslose, ermüdende Umsetzung, die sich mir präsentierte und die mehr auf Worte als auf Bilder zu vertrauen schien, war ich andererseits nicht gefasst. Möglicherweise komme ich mit Kurosawas moralinsauren Predigten einfach nicht zurecht oder möglicherweise hat mich sein Pseudo-Hamlet auf dem falschen Fuß erwischt. Mal schauen, was das nächste Wiedersehen ergibt. (6)

Yojimbo - Der Leibwächter [子用心棒 Yōjinbō (Yojimbo)] (1961)
Eine der erfolgreichsten und ikonischsten Großtaten Kurosawa Akiras, dessen Vermächtnis und weitreichend Einfluss auf verschiedenen Genres man niemals unterschätzen sollte. "Yojimbo" ist aufgrund seiner abenteuerlichen Chambara-Qualitäten, des spitzfindigem Humors und Mifune Toshirōs obercoolen sittenwidrigen, amoralischen Ronins ohne Frage dem Zweig von Kurosawas Unterhaltungskino zuzuordnen. Je nach Sichtweise ist er sogar Kurosawas einzige Vollblut-Komödie, wenngleich er auf seinen sozialkritischen Standpunkt nicht verzichtet: die hiesigen durch und durch verdorbenen, unrettbaren Dorfbewohner haben alle Prinzipien von Ehre, Samurai-Tugend und Menschlichkeit über den Haufen geworfen und sich der niedrigsten Form der Gier hingegeben, was Kurosawa in einem überspitzten, komödiantischen Gestus karikiert, nichtsdestotrotz seinem kritischen Blick auf seine Zeitgenossen gut wiedergibt. Die kraftvolle Inszenierung, Miyagawa Kazuos wunderbare, räumliche Kameraarbeit und Sato Maserus ausgezeichneter Score runden diesen Meilenstein zusätzlich ab. (8,5)

Sanjuro [椿三十郎 Tsubaki Sanjūrō(1962)

Zwischen Himmel und Hölle [天国と地獄 Tengoku to Jigoku (High and Low)] (1963)
Hat mir im Vergleich zu "Watsui yatsu hodo yoku nemuru" bei allen Parallelen mehr zugesagt: ohne in seinen moralisch-didaktischen Duktus nachzugeben, kreiert Kurosawa Akira phasenweise schweißtreibend spannungsgeladene, langanhaltende Sequenzen, konzentriert sich andernorts akribisch auf die Arbeit der Polizisten, verharrt minutenlang in Besprechungen, in denen die Beamten ihre Ergebnisse nacheinander minutiös vortragen, was er mit einer solch präzisen Faszination einfängt, dass zu keiner Sekunde Langeweile aufkommt. Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass "Tengoku to Jigoku" mit 140 Minuten Laufzeit für einen Krimi relativ lang ausgefallen ist, manches ein Ticken zu breit ausgewalzt wird. (7)

Tora! Tora! Tora! (1970)
Ein ambitionierter Rekonstruktions-Unterfangen der Geschehnisse vom 7. Dezember 1941 und des Weges dorthin, im ehrgeizigen Bemühen um Objektivität geschildert aus den Perspektiven beider Parteien, durch jeweils eine amerikanische und eine japanische Filmcrew realisiert (der ursprünglich in der Funktion des Regisseurs der letzteren Crew angedachte Kurosawa Akira zog sich von diesem Posten zurück, entweder, weil er es bewusst auf eine Kündigung anlegte, da weder er mit dem amerikanischen Studiosystem, noch dieses mit ihm etwas anzufangen wusste, oder, weil er schlicht Opfer megalomanischen Wahnsinn geworden ist...). Diese penible Detailversessenheit birgt eine nicht zu verleugnende Faszination, vor allem für Anhänger der Polemologie oder Fans historischer Schlachten. Gleichwohl wächst "Tora! Tora! Tora!" nie über den Status einer dokumentarischen Auflistung und der unvermeidlichen Materialschlacht hinaus, alles kommt befremdlich nüchtern und distanziert daher, gleich der dröge-prosaischen Bebilderung einer chronologischen Auflistung der Ereignisse aus einem theoretisch-akademischen Lehrwerk. Insbesondere die amerikanische Schilderung verkommt dergestalt zu einem staubtrockenen Rapport (sieht man von der deplatziert anmutenden Humor-Einlage der Flugschule ab), unterdessen zumindest auf japanischer Seite meist wortlos schwermütige Andeutungen und Reflexions-Ansätze aufblitzen. Anerkennenswert, doch eher pragmatisch-sachbetontes Anschauungsmaterial zu Pearl Harbor. (7)

Carrasco, der Schänder [The Outrage(1965)
Western-Remake von "Rashomon", dass sich im Wesentlichen detailtreu am Vorbild orientiert und eine durchaus zufriedenstellende Interpretation abliefert, die szenische Dichte des Originals freilich nicht erreicht. (7)

Rotbart [赤ひげ Akahige (Red Beard)] (1965)
Einmal mehr befasst sich Kurosawa Akira mit den Ausgestoßenen der Gesellschaft, in diesem Fall mit den Kranken, den zum Sterben Verdammten. Die Klinik in "Akahige" ist gleich dem Squatter Camp an den Ufern des schmutzigen Pfuhls in "Yoidore Tenshi", dem runtergekommenen Nachtasyl in "Donzoko" (s.o.) oder der Müllkippe in "Dodeskaden" (s.u.) ein Randbezirk, in dem sich die Paria sammelt und von denen Kurosawa in episodenhafter Form erzählt, aus dem Gebaren dieser Menschen in dieser Extremsituation Implikationen für die Conditio humana ableitet. "Akahige" ist ein zutiefst existenzialistisches Drama mit universeller Botschaft, was Menschsein und Menschwerdung bedeutet. Traurigerweise trennten sich hiernach über ein Zerwürfnis die Wege von Kurosawa und seinem langjährigen Hauptdarsteller Mifune Toshirō, die beide ihre Karrieren auf unterschiedlichen Wegen weiter verfolgten. (7,5)

German Fried Movie (1991)
Gut zu wissen, dass Uwe Boll schon auf einem schmerzhaft unlustigen Tiefpunkt begonnen hat. (0)

Rashomon - Das Lustwäldchen [羅生門 Rashômon (Rashomon)] (1950)

Hot Shots! - Die Mutter aller Filme [Hot Shots!(1991)
Daran führte nach "Top Gun" kein Weg vorbei. ;)

Dementia 13 (1963)
aka "The Haunted and the Hunted". Frühchen von Francis Ford Coppola, dem Roger Corman eine Handvoll überschüssiger Budget-Moneten überließ, um einen günstig produzierten B-Horror abzudrehen - und nichts anderes ist dabei rum gekommen, eine rohe, zu Zeiten Talent aufblitzen lassende Mischung aus rabiaterem Edgar Wallace-Grusel-Krimi und kostengünstigem Corman-Trash, die einzig Coppola-Komplettisten zu empfehlen ist. (B-Movie-Skala: 5)

Hafen im Nebel [Le quai des brumes (Port of Shadows)] (1938)
Eine der Galionsfiguren des poetischen Realismus. All die stimmungsvollen Assoziationen, die der Titel weckt, weiß Marcel Carné eindrücklich zu evozieren, all die durch den Nebel schleichenden Schattengestalten erfüllt von Frustration und Fatalismus, all die im Nebel verborgen liegenden Hafenspelunken bzw. purgatorischen Nicht-Orte, all die gebrochenen, einsamen, eisigen Charaktere, die ein Hauch von Sonnenschein kurzzeitig zu erwärmen verspricht, bevor die gnadenlose, unausweichliche Aussichtslosigkeit ihre Hoffnung auf Erfüllung, auf einen Weg hinaus aus der Frustration, hinaus aus der Malaise, sie mit aller Härte und Grabeskälte niederwirft. Womöglich ist "Le quai des brumes" auch der Ursprung dieser Assoziationen und Bilder, wer weiß. (8)

Angry Birds 2 - Der Film [The Angry Birds Movie 2(2019)
Es glich einem Wunder, dass "The LEGO Movie" wider Erwarten den heiklen Spagat zwischen unterhaltsamen, eigenständigen Animationsfilm und platter Werbebotschaft zu meistern imstande war (bevor das Sequel an ganz anderen Hürden scheiterte) und "The Angry Birds Movie" etwas gleichartiges zuzutrauen, mochte sich wohl niemand erst vorstellen. Mich persönlich hat er jedenfalls ähnlich unerwarteterweise zufriedengestellt, ohne irgendwelche Begeisterungsstürme ausgelöst zu haben, die mich auf den Nachfolger entsprechend angefixt hätten - den ich nun, kaum zu glauben, sogar ein Quäntchen besser fand. Er ruminiert nicht die Story des Erstlings, sondern macht sein eigenes Ding, bemüht sich erfolgreich, den bisherigen ans Herz gewachsenen untypischen Helden zwischen allen Neuzugängen gerecht zu werden und schickt sie auf eine vergnügliche Odyssee, die ich redlich witzig und abwechslungsreich fand. Kein Meilenstein, aber ein sehenswerter Spaß, wenn man an "The Angry Birds Movie" seine Freude finden konnte. (6,5)

Es - Kapitel Zwei [It Chapter Two(2019)
Stephen Kings It scheint einer ungeschriebenen, unumstößlichen Regel zu unterliegen, demnach der zweite Teil der Geschichte, id est alles, was mit dem volljährigen Loosers Club zu tun hat, qualitativ erheblich abfällt. Ich räume ein, dass ich den Vorgänger seinerzeit eine Winzigkeit überschwänglich bewertet haben mag, obgleich ich schon damals anmerkte, dass er im Kern von den tollen Jugenddarstellern getragen wurde, es in erster Linie der Coming-of-Age-Anteil war, der mich überzeugte, derweil der Horror-Aspekt nicht immer gelungen ausfiel. Und siehe da: die Fortsetzung (oder "Chapter Two" - bin ich eigentlich der einzige, der diesen "Kapitel"-Untertitel-Trend hochgradig bescheuert findet?) leidet haargenau unter diesem Umstand: streicht man die jugendlichen Charaktere aus der Gleichung bzw. ersetzt sie durch zwar (größtenteils) adäquate, allerdings höchst unsympathische, uninteressante Erwachsenen-Pendants, bleibt bloß noch der Horror-Part... und der offenbart in Chapter Two umso eklatantere Mängel, entbehrt großräumig subtilen Grusel, versucht im Austausch mit gräulich schlecht getricksten, übergroßen CGI-Monstrositäten und -Fratzen zu klotzen, die selbst in einer Geisterbahn mehr Gelächter denn Panik provoziert hätten. Neben dem lausigen Schnitt und der exorbitanten Laufzeit (Tommy Lee Wallace benötigte für den Stoff gerade mal die Hälfte der Zeit und selbst bei ihm fiel das Erzähltempo zeitweilig regelrecht zäh aus... und er hatte immerhin Tim Curry!) erweist sich das katastrophale Drehbuch als mittelschweres Desaster: abgesehen von quälend dümmlichen Dialogen, unfreiwillig komischen Hysterie-Einlagen und hilflosen Versuchen, halbherzig an Charakterentwicklungen aus dem Vorläufer anzuknüpfen, fehlt es ihm schlicht an einer Marschrichtung, einer stringent strukturiertem Zielvorstellung, die auf einen fulminanten Schlusspunkt hinsteuern könnte. In der Folge verliert sich Chapter Two in schwach geschriebenen und umgesetzten Einzel-Episödchen, die keinen nennenswerten Zusammenhalt von Erlebten und Erfahrung liefern, geschweige denn, dass sie nachvollziehbar und mitreißend in einem großen Finale münden würden. Stattdessen endet die vorgeblich epische letzte Schlacht gegen das Urböse Es damit, dass der Loosers Club, ich wiederhole: der Loosers Club!, der sich selbst aus gequälten Außenseitern und dauer drangsalierten Mobbing-Opfern zusammensetzt wohlgemerkt, den armen Pennywise eiskalt und lächerlich leichtfüßig zu Tode mobbt... hätten die ganzen Kinder, die dessen Appetit zum Opfer gefallen sind, sich nur mal darüber lustig gemacht, dass er in Gestalt eines Clowns auftritt, je nachdem könnten sie heute noch am Leben sein - mitsamt der Lehre im Gepäck, dass man mit Mobbing gut durchs Leben kommt... da frage ich mich, was ich mit dieser zutiefst fragwürdigen Herangehensweise anfangen soll und wie es sein kann, dass ich mehr Mitleid für Pennywise als für Eddie hege. (2,5)

Zatoichi's Vengeance [座頭市の歌が聞える Zatôichi no uta ga kikoeru(1966)

Dodeskaden - Menschen im Abseits [どですかでん Dodesukaden (Dodes'ka-den)] (1970)
Zwecks künstlerischer Unabhängigkeit und um gleichgesinnten Künstlern eine Insel im Studiosystem Japans zu bieten, gründeten Kurosawa Akira, Ichikawa Kon, Keisuke Kinoshita und Kobayashi Masaki den "Club der vier Ritter" (四騎の会 Yonki no kai). Kurosawa oblag die Verantwortung des Debüts, für das er sich nicht lumpen lassen wollte: fünf Jahre nach seinem letzten Film "Akahige" legte er seinen ersten Farbfilm vor, auf den er sich voller Begeisterung, Optimismus und bester Laune stürzte und der prompt das Dasein der kurzlebigen Produktionsfirma beendete. Was war passiert? Nun, Kurosawa entschloss sich, einen Stoff zu verfilmen, der sich in seinen Augen hervorstechend zum frohgemuten Unterhaltungsfilm eignete. Entsprechend niederschmetternd kam für ihn die Erkenntnis, dass an dem, was ihm beschwingt und fidel vorgekommen sein mag, weder die heimatliche Kritik, noch das japanische Publikum sonderlich Unterhaltsames finden konnten. Er musste enttäuscht feststellen, dass das gesellschaftliche Klima nicht in der Stimmung war, ein zweistündiges kollagenhaftes Drama über eine Gruppe von kapriziösen Misfits und Nonkonformisten, die allesamt an den Ausläufern einer Mülldeponie ihr Leben zu bestreiten versuchen, darunter ein geistig behinderter Junge, der tagtäglich in der Fantasie lebt, ein Straßenbahn-Zugchef zu sein, ein Mädchen, das von ihrem Onkel vergewaltigt wird oder ein obdachloser Vater, der den Tod seines Sohnes zu verantworten hat, gleichermaßen munter aufzufassen.
Nein, "Dodesukaden" passt beileibe nicht in das handelsübliche Schema dessen, was der Mainstream unter einer leichtherzigen Tragikomödie verstehen mag. In das Schema des Auteurs Kurosawa passt es hingegen umstandslos, vergleicht man ihn etwa mit "Donzoko", der sich in verwandter Weise den Randfiguren der Sozialstrukturen widmete, um aus ihren Fatum Rückschlüsse auf das offengelegte Wesen des Menschen zu ziehen, das unter dem gewaltigen Druck einer genormten, konformistischen gesellschaftlichen Mitte allzu gern leichtfertig unterschlagen, an den Rand gedrängt wird und ironischerweise erst unter diesen Eigenbrötlern in der Lage scheint, erneut durchzubrechen, obgleich sich die aus "Rashomon" oder "Donzoko" bekannten Illusionen und Desillusionen kaum von denen der hiesigen Figuren unterscheiden. "Dodesukaden" ist in der Tat eine vergleichsweise ausgelassene, unaufgeregte, fast entspannte Meditation tragischen Ursprungs über das Menschsein an sich, das Kurosawa am ausgeprägtesten immer dort aufspüren zu können meint, wo der Mensch an den Rand dessen getrieben worden ist, was der Konsens zu akzeptieren bereit ist. In "Dodesukaden" hat Kurosawa viel zu sagen, bedauerlicherweise wollten vorrangig seine Landsleute nichts davon hören. Schuldgefühle und das künstlerische Versagen, das er verspürte, trieben ihn schließlich zu einem Suizid-Versuch, der glücklicherweise fehlschlug. (7,5)
Zatoichi's Pilgrimage [座頭市海を渡る Zatōichi umi o wataru(1966)
"Zatōichi umi o wataru" ist zuallererst chic anzuschauen: Kameramann Takeda Senkichiro fängt die dörfliche Idylle samt naturbelassener Umgebung in satten, strahlenden Farben und pittoresken Kadrierungen ein, wodurch Ichis 14. Abenteuer zu einem durchgehenden Augenschmaus gerät. Okusu Michiyos bildhübsches Äußeres tut das ihrige dazu, obgleich man nicht recht gewusst zu haben scheint, wohin man mit ihrer Figur gehen wollte, weswegen ihr Part abgesehen von ihrer adretten Erscheinung den größten Schwachpunkt ausmacht (womit ich ihre Leistung freilich nicht kleinreden möchte). Anders Yamagata Isaos Boss Tohachi, der sich endlich wieder als optisch einprägsamer (diese Wampe...) Bösewicht mit Ausstrahlung entpuppt, dessen Handlanger Ichi ansehnlich choreografiert und gefilmt über den Jordan schicken darf. Deutlich sichtbar machen sich bei "Zatōichi umi o wataru" ferner Western-Assoziationen bemerkbar, eine Spielart des lone Gunman, welchen der Zufall (oder ist es doch Schicksal?) in das von Rinderdieben geplagte Dorf geleitet, denen der auf sich gestellte Heroe im Showdown für die Gerechtigkeit eintretend tatkräftig die Stirn bietet. Eine Abweichung von Shindo Kanetos ursprünglich angedachten Drehbuchentwurfs übrigens, der Ichi zwecks Buße für das durch ihn verschuldete Blutvergießen auf die eponymen Pilgerfahrt zu 88 Tempeln zu schicken gedachte. Für so viel Introspektion hatten die hohen Tiere bei Daiei wenig überraschend keinen Nerv und lenkten das Projekt in mundgerecht konsumierbare Chambara-Unterhaltung, weswegen Überbleibsel von Shindos Konzept bloß in den ersten Minuten wiederzufinden sind. (7)

Zatoichi's Cane Sword [座頭市鉄火旅 Zatōichi tekka-tabi(1967)
Einer der ersten Zatoichi-Beiträge, der mit Gesangseinlagen kokettiert, hier in Gestalt von Enka-Sängerin Suizenji Kiyoko, die ein blumiges Ständchen zum Besten geben darf. Ansonsten ein handelsübliches Zatoichi-Abenteuer gleichauf "Zatôichi no uta ga kikoeru", das Ichi gestattet, seiner durchtriebenen Seite nachzugeben und das diesmalige perfide Yakuza-Magistrat-Komplott gehörig zu necken. Warum lässt er sie nicht schleunigst über die Klinge springen? In einem Subplot um Tōno Eijirōs Waffenschmied diagnostiziert dieser Ichis legendärem und eponymen Schwert den baldigen Bruch und stellt es vorerst außer Dienst, weshalb Ichi bis zum Showdown vollends auf seine Raffinesse und Schlagfertigkeit angewiesen ist. Eine willkommene Abwechslung, überhaupt wissen die Szenen rund um Tōno am besten zu gefallen. (7)

American Werewolf [An American Werewolf in London(1981)
John Landis Auffrischung des Werwolf-Mythos greift klassische Erkennungsmerkmale auf und überträgt sie gekonnt in die Moderne, reichert sie darüber hinaus um einen subtilen Sinn für schwarzen Humor mit bisweilen satirischem Biss an, der dem Horror zu keiner Zeit den Rang abläuft, in Gegenteil ihn vorzüglich ergänzt. (8)

Zatoichi the Outlaw [座頭市牢破り Zatōichi rōyaburi(1967)
Zu "Zatōichi rōyaburi" lässt sich, davon bin ich überzeugt, viel sagen, denn obwohl ich ihn als erstes richtiggehend durchwachsenes Segment wahrgenommen habe, reizt er die Gemüter vermöge einiger starker Momente, der eindrucksvollen Kameraarbeit Miyagawa Kazuos und einer Ausrichtung, die merklich von den Vorgängern abweicht. Das Debüt von Katsu Shintarōs neugegründeten Katsu Productions entfernt sich unter der Regie von Yamamoto Satsuo spürbar von der leichten Unterhaltung, die den Zatoichi-Filmen immerzu irgendwo zu eigen war und klatscht dem Zuschauer einen richtiggehend pessimistischen, brüsken Klotz vor den Latz. "Zatōichi rōyaburi" ist weitaus weniger farbenfroh, im Gegenteil macht der Look einen ausgeblichenen, tristen Eindruck, der ernüchternde politische Subtext kommt verstärkt zum Tragen und die Gewalt, meine Güte, der Gewaltgrad hat immens angezogen. Reichlich spritzt das Blut und die Körperteile fliegen, sogar eine drastische und zeigefreudige Enthauptung bleibt einem nicht erspart, was den Scharmützeln eine begrüßenswert grimmigere Schattierung verleiht, die sich bezeichnend von der Leichtfüßigkeit der meisten Vorläufer emanzipiert. Insgesamt fällt "Zatōichi rōyaburi" tonal weitestgehend humorbefreit und pessimistisch aus. Wiewohl ihn das aus dem Gros herausragend lässt, sieht er sich andernteils einem Drehbuch von schwankender Qualität gegenüber, einem schwer überschaubaren Durcheinander angefüllt mit einer unübersichtlichen Vielzahl agierender Personen, unterdes die Inszenierung das ihrige dazu beiträgt, die Klarheit zu erschweren. Ungeachtet aller Schwächen einer der bemerkenswertesten Beiträge zum Zatoichi-Zyklus. Nebenbei bemerkt, das erste Mal, dass Katsu den Zatoichi-Titelsong zum Besten gibt. (5,5)


























24 - 6,9 (164,5)

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