Sonntag, Juni 12, 2016

Die Gladiatorenspiele der Moderne und ihre Fans

Liebe Fußballfans. Es ist ja schön, dass ihr euch so für euer Hobby begeistern könnt. Und ohne Frage kann einen Menschen seine Leidenschaft gut und gerne überschwänglich mitreißen, insbesondere in der ausgelassenen Gesellschaft Gleichgesinnter. Aber in einem Land, in dem ihr bloß zu Gast seid, in einem Land, dass vor kurzem von grauenvollen, erschütternden Terroranschlägen heimgesucht wurde und das insbesondere jetzt in Angst vor weiteren Anschläge und Todesopfern lebt, sich dort derart zu benehmen, ist schlicht und ergreifend peinlich, dumm und widerwärtig. Ganz abgesehen davon, dass ihr Menschen, die euch zwar in eurer Leidenschaft gleichen, sie nur einem anderen Objekt der Verehrung zuteilwerden lassen, derart brutal Schmerzen zufügt, sie sogar in Lebensgefahr bringt. Ihr kennt kein Maß, ihr kennt keinen Anstand und ihr kennt keine Moral. Ihr seid ein Mikrokosmos davon, was in der Menschheit alles falsch läuft. Lasst es einfach sein! Bitte! Lasst es einfach!

Freitag, Juni 03, 2016

Kurzreviews Mai/II/2016

Hiermit präsentiere ich wiederum die 15 Filme und 1 Serienstaffel (ausgeschlossen Filme, die ich mich nicht im Stande sehe zu bewerten, weil ich sie z.B. nur zum Einschlafen gesehen habe und noch nicht beendete Serienstaffeln), die ich im Monat Mai seit der letzten Liste gesehen habe:


Serien-Staffeln
The IT Crowd (Series 4) (2010) - (9-9,5)

Filme
Películas para no dormir: The Baby's Room (2006)
Álex de la Iglesias Einstand der sechsteiligen spanische Horrorfilm-Reihe beginnt als gebräuchliches Geisterhausszenario (anfangs glückliche Familie, erste unheimliche Erscheinungen, kontinuierlich wachsender Wahnsinn), das er nach Hinten raus einfallsreich variiert, mit schauervollen Ideen garniert und einen für ihn typischen Sinn für Humor beweist. Erfrischend. (6,5)

Películas para no dormir: Spectre (2006)
Anders Mateo Gils melancholisches Drama, Grauenerregendes reduziert er auf gelegentliche Schauder-Spitzen, sein Erzähltempo fällt zeitweilig beinahe zu gemächlich aus, nichtsdestotrotz vermittelt er das traurige Schicksal und die nach und nach enthüllte Schuld ergreifend. (6)

Películas para no dormir: Blame (2006)
Narciso Ibáñez Serradors Geschichte steht von der Stimmung her Gil näher als de la Iglesias, lässt sich Zeit bei der Darstellung seiner Protagonisten und ihrer Umstände, beschränkt beängstigende Vorkommnisse der uneindeutigen Auflösung angemessen vorwiegend auf schwer fassbare Andeutungen und unwohle Vorahnungen. Seine offensichtliche Haltung Abtreibungen gegenüber ist diskussionswürdig. (6)

The Young Dragons (1975)
John Woos Regiedebut, offenkundig noch eine Auftragsarbeit, typische 70er-Kung-Fu-Produktion, stilistisch merkt man ihm seine Zeit bei den Shaw Bros. und seinem Lehrmeister Chang Cheh an, doch ein paar pfiffige Kamerafahrten und ohne Zweifel die Geschichte einer Freundschaft zweier Männer an gegensätzlichen Enden des Gesetzes, thematisch kreisend um Loyalität, Ehrenhaftigkeit und Rache zeugen unverkennbar von Woos zutun. (7)

Das Mädchen aus der Cherry-Bar (1966)
Nett-sympathische Heist-Komödie, deren ganzer Witz im Kontrast zwischen der perfekt gedachten Durchführung des Plans in Michael Caines Vorstellung und der dann katastrophalen Umsetzung, bei der sich alles anders entwickelt als geplant, angefangen bei der Rekrutierung Shirley MacLaines, die sich keineswegs als das erwartete Dummchen herausstellt, endend bei der naiven Fehleinschätzung des höchst intelligenten Gegenspielers als verklärtes und einfach auszunehmendes Opfer, begründet liegt und so gerade für genug Unterhaltung sorgt. Lob an die drei hervorragenden Hauptdarsteller, insbesondere an die charismatische Darbietung Herbert Loms. (6,5)

The Witch (2015)
Hervorstechendes und in der Kritik zu gern betontes Merkmal ist die Andersartigkeit des Aspekts des Unheimlichen der Geschichte, ein Argument, das allmählich Gefahr läuft überstrapaziert zu werden. Wie es in Horrorfilmen dieser Art jedenfalls inzwischen zum Standard gehört, verzichtet Robert Eggers auf vordergründigen Horror und Jump Scares, auf Basis der trostlosen Grundsituation legt er den Schrecken auf einer beklemmenden psychologischen Ebene, in der Verzweiflung und Hilflosigkeit der Protagonisten an, kulminierend in der etwas plakativen wechselseitigen Anfeindung innerhalb der zerfallenden Familienstruktur. Der religiöse Aspekt tut das Seinige dazu, steht hierbei an manchen Stellen durch die zur Schau gestellten Hysterie-Anfälle und wahnhaften Gottes- und Jesusanrufungen arg an der Schwelle unfreiwilliger Komik - was nicht zwangsläufig der Inszenierung zu Lasten zu legen ist, sondern in der Natur der Sache liegt, insbesondere hierin allerdings den Hang zum Anachronismus des ganzen Konzepts offenlegt, da Eggers im Wesentlichen christliche Grusel- und Mahngeschichten ohne tiefgreifende Reflektion bebildert. Gute Ansätze und ich mag die Schauspieler, nur nicht ganz die allerorts gehypte Offenbarung, eher brauchbare Alternative. (7)

Películas para no dormir: A Real Friend (2006)
Enrique Urbizus Prämisse birgt eine Menge Potenzial, die er leider kaum zu Nutzen versteht, spannungs- und grusellos aufzieht, gute Ansätze konsequent verschenkt. Schade drum. (4)

Salomon und die Königin von Saba (1959)
Schwerfälliger Bibelmonumentalfilm, leidenschaftslos, schrecklich langweilig, nervig in seiner apodiktisch theozentrischen Perspektive, immerhin gut inszeniert und prachtvoll ausgestattet. (5)

The Dragon Tamers (1975)
John Woos zweite Regiearbeit, ein augenfällig günstig produziertes, Exploitation und Trash verwandtes Werk, exemplarisch ausgestellt in den vom Studio aufoktroyierten, Zuschaustellung nackter Weiblichkeit forcierenden, schlicht und ergreifend unpassenden, nachgedrehten Szenen. Dazu kommen der wirre, actionlastige Plot, eine trostlose, die für Woo typische Emotionalität missende Stimmung und hölzerne Darsteller, ferner Stilübungen Woos, die sich nie in ein kohärentes Ganzes fügen. Trotzdem mit unterhaltsamen Fights. (B-Movie-Skala: 6)

Películas para no dormir: Xmas Tale (2006)
[REC]-Regisseur Paco Plaza macht noch mal was ganz anderes, orientiert sich erkennbar an amerikanischen Vorbildern wie Steven Spielberg, den Goonies, Joe Dante oder "Stand By Me" mit einem Schuss Robert Rodriguez, rückt einen Kreis jugendlicher Freunde ins Feld der Betrachtung, angemessen als solche dargestellt, charakterisiert mit sympathischen und unsympathischen Wesenszügen, erzählt durchgehend aus ihrer Perspektive, bis auf ihr erpressbares "Spielzeug" spielen Erwachsene kaum eine Rolle. Reizvoll inszeniert, ganz besonders das Finale im verlassenen Vergnügungspark, mit bitterbösem Ausklang. (7)

Películas para no dormir: Hell's Resident (2006)
Vom anderen [REC]-Regisseur Jaume Balagueró kommt das große Finale, der, auf sein beliebtes Sujet des Mietshaushorrors bauend, binnen kurzem ohne Umschweife fies zur Sache geht, einen blutigen Alptraum spinnt aus dem es kein Entrinnen gibt. Zwar strapaziert er mit dem Verhalten seiner Protagonisten stellenweise Geduld und Logik, hält die Spannung nichtsdestotrotz effektiv aufrecht. Ein vorzüglich beklemmender Abschluss. (7)

Dragon Forever (1976)
aka "Hand of Death". Ein geradliniger Shaolin-Klopper nach bekanntem Helden-gegen-Mandschu-Paradigma, mit einer Vielzahl vielfältiger Kämpfer. Die Choreografien wirken stellenweise etwas bleiern und träge, dafür sehen wir Jackie Chan und Sammo Hung in frühen Rollen. (7)

Kwaidan (1964)
Ein Wunderwerk ästhetischer Synthese aus Film, Theater, Malerei, Literatur und Musik, elegische japanische Geistergeschichten nach Lafcadio Hearn, wie aus einer surrealen Traum- oder aus einer sich mit der unsrigen überschneidenden jenseitigen Welt heraus ins Werk gesetzt, formidabel ausgedrückt durch Masaki Kobayashis brillante Regie, Toru Takemitsus dissonante, andersweltliche Geräuschkulisse und die expressive Beleuchtung und Farbgebung. Kein Frage: man muss sich darauf einlassen, sowohl auf die Art der Inszenierung und der Stimmung, als auch auf die Laufzeit, wird dann jedoch belohnt mit einem einmaligen filmischen Kunstwerk. (9,5)

Im Reich des Kublai Khan (1965)
Vor allem optisch entzückender Abenteuerfilm, zu dessen größter Schwäche das episodisches Drehbuch wird, dass die exotische Expedition nicht zu einer zusammenhängenden Odyssee des weltberühmten Reisenden anwachsen lässt, sich statt dessen in gesonderten Abschnitten verliert, weswegen eine schlussendliche, erzählerische Kulmination fehlt. Nichtsdestoweniger eine erlebnisreiche, bildschöne Geschichte. (7)

Warcraft: The Beginning (2016)
OK, hier muss ich ausholen. Zuerst: vergesst die Kritiken. Nicht, weil sie grundsätzlich Unrecht hätten, mehr, dass in vielen, die ich gelesen habe, ein für mein Verständnis unfreundlich snobistischer Gestus zu Tage tritt, schlimmer noch, eine Weigerung, sich mit der Materie überhaupt auseinanderzusetzen, der Film lieber als eine weitere, misslungene Videospielverfilmung abgestempelt wird, ohne die rechte Perspektive für eine angemessene Kritik einzunehmen.
Das zum einen. Zum anderen muss ich vorrausschicken, dass ich mit "Warcraft II" und "Warcraft III" (mit WoW weniger) aufgewachsen bin, woraus letztendlich eine ganz andere Haltung resultieren muss. Und ich will nichts schönreden: die Verfilmung hat mit massiven Problemen zu kämpfen. Hölzerne Dialoge, überstürzte Handlungsabschnitte, unterentwickelte Charaktere, Versuche, mit dem Brecheisen Emotionen herbeizuführen und der allgegenwärtig innenwohnende Expositionscharakter, sprich, dass man hier das "The Beginning" ganz wörtlich nehmen, aufgrund dessen die angezogene Handbremse erwarten darf, sprechen ganz sicher nicht für den Film. Ferner richtet er sich unverhohlen an Fans, enthält unbedarften Zuschauern eine erklärende Einführung weitestgehend vor, so dass man als "Warcraft"-Laie schnell die Orientierung zu verlieren droht.
Aber "Warcraft" ist ebenso ein Film mit Herzblut und Engagement, ein Zugeständnis an die Anhänger des Spiels, mit vielen liebenswerten Wiedererkennungswerten. Auch unabhängig davon sind die Schauwerte, allen voran die CGI-Effekte, in meinen Augen ohne Frage herausragend, die Interaktion zwischen computeranimierten Orks und kostümierten Darstellern gelingt beeindruckend naht- und reibungslos, die ganze Welt, die Städte, Wälder, Schluchten, die sie bevölkernden Menschen sind hochkarätig animiert, gestaltet und ausgestattet, aus jeder Pore strömt "Warcraft"-Flair. Dazu gehört die Darstellung der Orks nicht als reine Untäter und mordende Bestien, sondern als Protagonisten am anderen Ende des Spektrums. Und selbst wenn mir die Probleme der Verfilmung stets gegenwärtig waren und noch sind, kann ich nicht umhin, "Warcraft" in den Tiefen meines Herzen zu schätzen, denn er kommt der Vorstellung einer gelungenen Videospielumsetzung wesentlich näher als je ein solche zuvor. Deswegen hoffe ich auf seinen Erfolg und eine würdige, an den Fehlern des Vorgängers gereifte Fortsetzung. Idealerweise beglückt uns Duncan Jones bis dahin mit einem 40 Minuten längeren Director's Cut, der viele Mängel ausbügeln könnte. Bis dahin freut sich der "Warcraft"-Fan in mir über eine nicht makellose, allerwenigstens jedoch gelungene Umsetzung. (Der Warcraft-Fan in mir sagt: 7)




























15 - 6,6 (98,5)