Seit Februar letzten Jahres arbeitet Tim Burton an seinem nächsten Film und ich habe noch nicht einmal "Big Eyes" gesehen. Da verliert man allmählich den Anschluss. Wie dem auch sei: Burton verfilmt also Ransom Riggs Debut-Roman"Miss Peregrine's Home for Peculiar Children", in dem der junge Jacob Portman sich nach dem Mord an seinem Großvater durch Fantasie-Monster aufmacht, mehr über ihn zu erfahren, dabei in Wales auf das eponyme, von Miss Peregrine geleitete Heim für besonders begabte Kinder stößt - und "besonders begabt" heißt in diesem Fall X-Men-begabt: sie können Luft und Feuer kontrollieren, fliegen, sind unsichtbar etc. pp. Doch sie befinden sich außerdem in Gefahr, denn alptraumhafte Kreaturen wollen sie vernichten und es liegt an Jacob, sie davor zu beschützen.
Klingt so weit wie Tim Burtons Kinder-Version von den "X-Men" (wäre eine "richtige" X-Men-Verfilmung mit Burton statt Brian Synger auf dem Regie-Stuhl nicht interessant gewesen?), ist im Grunde genommen jedoch klassischstes Burton-Material: eine Außenseiter-Geschichte über einen Jungen, der seine Besonderheit und damit sein Selbstvertrauen entdeckt und dies zum Wohle seiner Liebsten und Freunde einsetzt, mächtig gemischt mit übernatürlichen Elementen. Jetzt könnte man meckern, Burton verfilme die gleiche Geschichte immer und immer wieder, aber ich freue mich darauf, denn das Projekt schreit förmlich nach Burton und trägt bereits alle typischen Merkmale des Regisseurs (auf Englisch würde ich sage: it has Burton written all over the place) - zumal ich alles, was einen diese langweilige "Alice"-Version vergessen lässt, mit offenen Armen willkommen heiße.
Mein Studium ist im vollen Gange und zeitfressend, weswegen ich im Moment kaum Zeit für meinen Blog finde. Aber eines muss ich unbedingt loswerden: die grausame Körperverletzung, die sich aus dem Trailer zum "RoboCop"-Remake erkennen lässt.
Was war eigentlich "RoboCop"? Mit "RoboCop" schuf Paul Verhoeven 1987 einen kleinen, aber feinen Science-Fiction-Actionfilm, der neben dem Konflikten einer Mensch-Maschine-Fusion, der glaubhaften Darstellung einer durch Verbrechen aus niederen und höheren Kreisen erschütterten, urbanen Dystopie, gleichfalls satirische Potential, einen entlarvenden Blick auf karrieregeile Yuppies und eine rücksichtslosen Upper Class entbot. Dies kombinierte Verhoeven mit seinem typischen Gespür für harte Gewaltszenen, die neben reinem Splatter-Selbstzweck durchaus geeignet waren, einen düsteren Tenor über das Geschehen zu legen.
So gehört die Hinrichtung von Protagonist Alex Murphy, dem späteren RoboCop, zu den schockierenden, grauenhaftesten, brutalsten Szenen auf Film, eine von den Tätern genussvoll zelebrierte Tortur, die aufs grausamste den Tod des Opfers einleitet. Es war kein einfacher Tod, ein Schockmoment, der noch durch Nancy Allens Officer Lewis Ohnmacht, ihre vollkommene Hilf- und Machtlosigkeit, als sie nur noch zusehen kann, wie ihr vormaliger Partner brutal hingerichtet wurde, intensiviert wurde.
Es half dabei immens, dass Peter Weller ("The Adventures of Buckaroo Banzai Across the 8th Dimension", "Naked Lunch", "Dexter") eben kein Sunnyboy, kein strahlender Held im klassischen, filmischen Sinne war. Er war in jeder Hinsicht ein zwar ambitionierter, sympathischer Familienvater (dessen Familie man nie zu Gesicht bekommen musste, um sich seiner Hingabe an sie bewusst zu sein), aber eben ein normaler Typ, ein simpler Polizeibeamter - wichtiger noch: ein glaubhafter Charakter. Was den Geschehnissen, die seinem Wandel zum RoboCop vorrausgingen, umso mehr Dramatik verlieh. Bezeichnenderweise verzichtete Verhoeven im Verlauf des Films auf eine Wiedervereinigung der Familie, weil es simpel unnötig, redundant und ablenkend gewesen wäre.
Insgesamt klingt das nicht einmal schlecht: ein prämierter, aber unbekannter Regisseur, ein scheinbar fähiger Hauptdarsteller und jede Menge interessante Besetzungen in weiteren Rollen. Was genau ist es also, was mir bei diesem Trailer den Magen umdreht?
Da wäre zum einen das grundsätzliche Design des Films, welches das düstere, dreckige Angesicht eines heruntergekommenden, von Gewalt und Verbrechen gekennzeichneten Detroits (dessen Ausmaß aus dem Trailer nur schwer zu erahnen ist) mit aaglatter Ipod-Optik anreichert. Darunter fällt insbesondere das sehr bemüht "modernisierte" Design von RoboCop ("Make it black" my ass), das mehr nach einem "G.I. Joe"-Epigone als nach eigener Kreativität ausschaut und den tatsächlich Roboter-haft wirkenden Ansatz des Originals für eine "stylishe" Kommandoeinheit opfert, was den Menschen viel zu sehr betont. Hinzu kommt das übliche Gemeckere über die PG-13-Freigabe. Damit ist eine Szene, wie die oben kurz angerissene praktisch unmöglich.
Und generell bin ich mit der Darstellung von Alex Murphy im Trailer alles andere als zufrieden, eben weil er konträr zum Original einen vorbildlichen, weißen Vorzeige-Sunnyboy und seine Familie in Szene setzt, und damit umso stärker generisch und anbiedernd wirkt. Die Krönung setzt dem Ganzen allerdings die Szene auf, wenn Abbie Cornish sich auf der Straße vor das Moped ihres werten Gatten wirft und in anschreit: "You got to talk to your son!". Spätestens an diesem Punkt war der Film für mich gestorben.