Was für eine schwere Geburt, was für ein anstrengender Januar. Es entspricht leider der Wahrheit, ich war den gesamten Monat wieder mal vollkommen ausgelastet, habe wieder mal keine zeit für die recht üppige Dezember-Liste frei machen können. Doch ein fieser, schwerer Infekt, der mich mit einer Heftigkeit wie keiner jemals vor ihm vollauf und markerschütternd geplättet und ans Bett gefesselt hat, gab mir die Zeit und den Freiraum, mich den fehlenden Zeilen dieser Review-Liste zu widmen - und lieferte mir einen noch üppigeren Schwall an Filmen für die Januar-Liste, aber dazu kommen wir noch....
Zunächst präsentiere ich wiederum die 24 Filme und 4 Serienstaffeln/-specials (ausgeschlossen
Filme, die ich mich nicht im Stande sehe zu bewerten, weil ich sie z.B.
nur zum Einschlafen gesehen habe und noch nicht beendete
Serienstaffeln), die ich im Monat Dezember gesehen habe:
Serien-Staffeln
Father Ted: A Christmassy Ted (1996) - (7,5)
Father Ted (Series 2-3) (1996, 1998) - (7,5-8,5)
Miami Vice - Heißes Pflaster Florida [Miami Vice: Brother's Keeper] (Pilot) (1984) - (7)
Filme
Zoomania [Zootopia] (2016)
Ragt aus dem Gros der Animationsfilme zuvorderst wegen seines Diskriminierungs-/Rassismus-/Vorurteil-Themas hervor, das, verpackt in eine nicht unspannende, wendungsreiche Krimi-Story, für einen Kinderfilm ordentlich vermittelt und verarbeitet wird, obendrein in einer prägnant gestalteten Welt angesiedelt ist, die die Koexistenz und das Zusammenleben der einzelnen Gattungen kreativ inkorporiert, außerdem mit zwei durch und durch sympathischen Protagonisten gesegnet ist. (7)
Die Rache des Michael Myers - Halloween 5 [Halloween 5: The Revenge of Michael Myers] (1989)
Fand ich mega-unterhaltsam, allerdings auf unfreiwilliger Basis. Bis auf das untadelige Finale habe ich mich königlich amüsiert über die putzigen Einfälle und Michael Myers Opfer, die sich stolz zu den dämlichsten Exemplaren ihrer Zunft zählen dürfen. Vergnügliche Horror-Komödie! (6)
Rampage - Rache ist unbarmherzig [Rampage] (2009)
Uwe Bolls Stammtisch-Demagogie die nächste, der Auftakt zu einer gesammelten Trilogie arrangiert um dieselbige. Nichtsdestotrotz gehört "Rampage" zu den gelungeneren Versuchen Bolls, seine Machwerke in politische Brisanz zu kleiden, mit der vorgeblichen Absicht, sein Publikum frontal anzugehen, zu entlarven und idealerweise, wer weiß, sogar aufzurütteln. In Brendan Fletcher mag er den idealen (nicht unbegabten) Darsteller für dieses Vorhaben gefunden haben, jemanden, der es versteht, Bolls Regie-Anweisungen Form und Ausdruck zu verleihen. Fletcher ist folglich der essentielle Dreh- und Angelpunkt des Films, wird geschickt und profiliert eingeführt, bevor er gnadenlos und kaltblütig an sein Tötungshandwerk geht, was es umso erschreckender macht, diese Person, nachdem man ihr ins Gesicht geblickt, an seinem Leben teilgenommen hat, auf seinem von Leichen gesäumten Weg zu begleiten, dazu verdammt, Zeugnis über seine Taten abzulegen. Selbstredend verbirgt Boll hinter den bestialischen Vorkommnissen seine ureigene politische Agenda, unterdessen schockiert das mitleidlose Abschlachten Unschuldiger selbst ohne diese zu Genüge, um nicht zu einem stumpfen Actionfilm zu mutieren, der etwaigen Voyeurismus oder Gore-Jubler befriedigen würde. "Rampage" ist ebenso wenig unterhaltsam, wie psychologisch sonderlich ausgefeilt, er ist unangenehm und bedrückend in der Kompromisslosigkeit seiner Gewaltdarstellung, sowie der nüchternen Inszenierung. Eines der raren Beispiele, wo Boll halbwegs Kompetenz beweist. Erschütternd! (7)
Rampage: Capital Punishment (2014)
Im Sequel verlegt sich Uwe Boll demonstrativ auf seine sozio-politischen Überlegungen hinter der vordergründigen Gewalt und Abschlachterei, reicht seine Agenda streitlustig qua Sprachrohr Brendan Fletcher überdeutlich an die Zuschauer innerhalb (zu deren besonders affirmativen Exemplaren er sich höchstselbst zählen darf), wie auch außerhalb der Filmhandlung weiter, bringt die ihn üblicherweise aufrührenden himmelschreienden Ungerechtigkeiten, die Willkür der Reichen und Mächtigen, sowie allgemeinen Probleme mit Gott und der Welt zum Ausdruck, prangert das Establishment, sowie das verlogene, sich selbst betrügende Bildungsbürgertum an, fordert in letzter Konsequenz unverhohlen die gewaltsame, blutige Revolution. Der filmische Aspekt tritt dahinter annähernd vollständig zurück (bei Boll nicht die schlechteste Nachricht), ein bisschen Geballer hier, ein bisschen Trickserei da, indessen seine geistigen Auswüchse hundertprozentig im Vordergrund stehen. (5)
Solo: A Star Wars Story (2018)
Nein, das Han Solo-Prequel stellt sich nicht als die dringend herbeigesehnte, bitternötige Rettung des "Star Wars"-Franchise heraus (nicht, dass ich mit einer Rettung rechnen würde...), auf seine Art hatte ich trotzdem Spaß an diesem flotten, kunterbunten Weltraumabenteuer voller Schurken und Ganoven, Tricks und Winkelzüge, Gaunereien und Betrügereien. Ron Howard, altgedienter Routinier, der er ist, birgt das Spin-Off in einer peppigen Geschichte mit auskömmlichen Schauwerten, bunten Farben und nicht zu penetrant eingesetzter Nostalgie-Koketterie, Alden Ehrenreich gibt optisch einen manierlichen jungen Han Solo (wiewohl höchstens mit einem Bruchteil von Harrison Fords Charisma, Florian Clyde reißt jedoch einiges raus) und die anderen Darsteller tun ihr Übriges dazu. Allerwenigstens fühlte ich mich nicht um meine Kindheitserinnerungen betrogen wie bei "The Last Jedi". (6,5)
Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind [Fantastic Beasts and Where to Find Them] (2016)
Viele Fans mögen der Potter-Mania hinterhertrauern, aber das hier, das ist fadenscheiniges Cash Cow-Melken der plattesten Art. Brauchte es wirklich ein Prequel? Weiß es bedeutsames zu berichten? Bereichert es das Harry Potter-Universum auch nur im Geringsten? Liefert es den Fans einen entsprechenden Gegenwert für die finanziellen Mittel, die sie sich von den geschäftstüchtigen Studio-Ökonomen (und Joanne K. Rowling) abzwacken lassen? All diese Fragen rücken glatterdings in den Hintergrund angesichts der allzu offensichtlichen Absichten Warners: sowohl die Roman-, als auch die Filmreihe sind zu einem zufriedenstellenden, keine Fragen offenlassenden Abschluss gekommen, indes mit dem versiegen einer ihrer ergiebigsten, eruptiv sprudelnden Geld-Quellen wollen sie sich nicht abfinden, mit der Gewissheit, einer Millionenschaft Fans unvergessliche Erlebnisse und Erinnerungen beschert zu haben, schon gar nicht. Nein, worauf es wirklich ankommt, ist, nochmal einen satten Gewinn aus den unzähligen Harry Potter-Schwärmern herauszuquetschen. Das ist das konzeptuelle Fundament, auf dem "Fantastic Beasts" errichtet wurde und das während der Sichtung unablässig sein hässliches Gesicht präsentiert.
Ich will "Fantastic Beasts" nicht grundsätzlich unterstellen, dass es gar nichts an ihm zu mögen geben könnte. Tatsächlich gefällt der neue Schauplatz New York, er ist eine vielverheißende Alternative zur hinlänglich bekannten ur-britischen Zaubererwelt und gibt der Subkultur der Magiebegabten einen globaleren Charakter mit unterschiedlichen kulturellen Ausprägungen, währenddem Teilaspekte der Handlung durchaus reizvoll erscheinen. Dagegen stolpert der Film ohne Unterlass immer und immer wieder über das nicht zu beschönigende Kommerz-orientierte Augenmerk seiner Produzenten: die größenwahnsinnig aufgeblähte Dimension auf fünf geplante Filme, basierend auf einem Inhalt, der bislang einen 90-Minüter kaum hinreichend ausfüllen würde, steht einer stringenten, konzentrierten Narrative katastrophal im Weg. In concreto bedeutet das, dass der Film viel zu viel Zeit benötigt, um seinen simplen Plot endlich ins Rollen zu bringen, wenig bis nichts mit seinen langweiligen Charakteren anzufangen, geschweige denn ihnen aufsehenerregendes abzugewinnen weiß (mit seltenen Ausnahmen), sich zu allem Überfluss in einer Vielzahl von unterentwickelten Storyfäden verfranzt, von denen derjenige, der möglicherweise einen epischen Erzählbogen rechtfertigen könnte (dennoch nie und nimmer fünf Filme erforderlich machen würde), kurz und knapp und nichtssagend erst am Schluss halbherzig angeschnitten wird. Bis dato sitzt man gefangen mit dem Langweiler Eddie Redmayne (da weiß die Filmgeschichte wesentlich reizvollere soziophobe Protagonisten aufzubieten...) plus Entourage auf der Jagd nach den entflohenen, ach so niedlichen CGI-Kreaturen, die zwar allesamt keine tiefgreifende Funktion in der Handlung einnehmen, sich später freilich wunderbar in Form von Merchandise verhökern lassen. Womit wir erneut beim punctum saliens wären: der Vermarktbarkeit des Ganzen, die an allen Ecken und Enden störend und unangenehm hindurchschimmert. (4)
Halloween - Der Fluch des Michael Myers [Halloween: The Curse of Michael Myers] (1995)
Mit dem Druiden-Fluch wollte man wohl eine neue Richtung für Michael Myers ausloten, was semi funktioniert. Abgesehen von dieser Albernheit, fand ich Sequel Nr. 6 manierlich und stimmungsvoll, obschon es auffällt, dass etliche Male Hand angelegt werden musste, nicht zuletzt anlässlich des Ablebens von Reihen-Konstante Donald Pleasance. (6,5)
Ant-Man and the Wasp (2018)
Ich mag irgendwo das Besetzungs-Trio Paul Rudd, Evangeline Lilly und besonders Michael Douglas, die drei können zur selben Zeit nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich beim "Ant-Man"-Sequel um unfassbar öden, drögen, schlichtweg ideenlosen MCU-Einheitsbrei handelt, der nichts zu erzählen hat, einen austauschbaren ERJB, einen austauschbaren McGuffin (die Idee der Quanten-Ebene hat sich nach der visuellen Experimentierfreude des Erstlings vollauf erschöpft), austauschbare Comic Reliefs und austauschbaren Plot ideenlos und monoton zu einem fad-banalen Comic-Mix zusammenbraut. Bleibt nichts von hängen. (5)
Hat jemand meine Braut gesehen? [Has Anybody Seen My Gal] (1952)
Douglas Sirks scharfsinnige Komödie ist natürlich primär voller liebenswürdiger und herzlicher Charaktere, beseelter Dialoge und gezielt platziertem Witz, in der zweiten Hälfte liefert er zudem subtile, nichtsdestoweniger gepfefferte Spitzen gegen die bessere, sprich vermögende Gesellschaft, ihre Scheinheiligkeit und Verkommenheit, die ausschließlich Oberflächlichkeiten und Statusdenken kennt, hierbei das Wesentliche, die Menschlichkeit aus den Augen verliert. In dem Sinne ein geistvolles Plädoyer gegen Materialismus und Geltungssucht, humorvoll und warmherzig verpackt. (8)
Der Einzelgänger [Thief] (1981)
aka "Violent Streets". Warum dieser brillante Thriller ein relatives Schattendasein fristet, will sich mir nicht erschließen. Zweifelsohne kreist er um einen Standard-Tropus des Kriminalfilms: der Kriminelle, der die wahre Liebe findet, sich mit ihr eine rosige Zukunft erträumt, zur Absicherung seiner Rente ein finales, nach Maßgabe ertragreiches Ding drehen will, doch schlussendlich erleben muss, dass es sich nicht leicht gestaltet, solchermaßen unbescholten aus seinem Milieu zu entfliehen. Soweit der Standard. Gleichwohl verfügt Michael Manns Ansatz über genügend Eigenheiten, um sich in der Masse besagter ähnlich gelagerter Produktionen zu behaupten, nicht zuletzt aufgrund Manns visueller Finesse, sowie seiner Faszination für den Typus Mann, den sein Protagonist, herausragend gespielt von James Caan, repräsentiert, gewissermaßen eine Urform der Mann'schen leidenden männlichen Leitfigur, nach außen hin charakterfest, entschlossen, prinzipientreu, dem tragischen Helden elegischer Samurai-Epen nicht unähnlich, andererseits wie aus der Zeit gefallen, ein halber Anachronismus, sich an einer Lage, an Menschen, an einer Gesellschaft aufreibend, deren Kommoditäten er sich nicht ohne Verluste fügen will oder kann. Hierin erwächst "Thief" zu einer kraftvollen Charakterstudie, die vieles aus folgenden Mann-Produktion vorwegnimmt. (8,5)
Showdown in L.A. [L.A. Takedown] (1989)
Das Präludium zu bzw. die TV-Version von Michael Manns "Heat", für viele die vergessenswerte Sparausgabe des legendären prometheischen Kino-Bruders, wogegen die Geschichte um zwei wesensverwandte Männer auf den entgegengesetzten Seiten des Gesetzes durchaus schon hier einiges an Zugkraft besitzt, Mann kann vermöge der Begrenzungen des Formats lediglich nicht in die epische Breite gehen, wie es ihm später bei "Heat" möglich werden sollte. Fraglos lässt sich nicht verhehlen, dass die Charaktere aus diesem Grunde einiges an Tiefe vermissen lassen, insbesondere Nebenstränge und -Figuren sind hiervon in höherem Ausmaß betroffen, die Action-Szenen lassen sich nicht ansatzweise vergleichen, von oben bis unten gemahnt "L.A. Takedown" an eine "Miami Vice"-Doppelfolge, speziell das Finale überspannt den Bogen etwas zu sehr, erweist sich dadurch weniger wirkungsvoll.
Ein Punkt, der streitbar bleiben wird, sind die Hauptdarsteller, denn die vielen höchstwahrscheinlich ketzerisch anmutende Frage, ob zwei Fernseh-Darsteller wie Scott Plank und Alex McArthur es überhaupt mit den Kinolegenden Al Pacino und Robert De Niro aufnehmen können, ist nicht ohne Weiteres festumrissen zu beantworten. Pacino und De Niro legen in "Heat" absolute Glanzleistungen hin, daran möchte ich gar nicht rütteln. Allein, Pacino dreht in mancher Szene gnadenlos auf und kratzt, wie bei ihm üblich, gefährlich nah am Overacting, weswegen es eine verständliche Position bedeutet, Planks kühlere Art Pacinos übersteigerten Darbietung vorzuziehen. De Niros Pendant McArthur geht die Sache ebenfalls ein wenig anders an, seine ausdrucksreichen, sanfteren Augen lassen den Menschen Patrick McLaren des Öfteren deutlicher hervortreten als es De Niro mit dem eiskalten, kalkulierenden Profi Neil McCauley gelang, wodurch letztendlich seine Liebesbeziehung, mehr noch die fatale Konfrontation mit dem gewissenlosen Killer Waingro fühlbarer, nachvollziehbarer ausfällt.
Kurzum: ist man sich der Fernsehherkunft des Ganzen bewusst und kann über die kleinen Mankos hinwegsehen, hält das Duell des Diebes gegen den Cop, die sich im Herzen weitaus ähnlicher sind, als sie vielleicht zugeben möchten, genauso in Atem. Übrigens wäre das ein formidabler Stoff für John Woo gewesen. (7)
House of the Dead - Der Film [House of the Dead] (2003)
Funny Version. Macht den Schrott keinesfalls besser... eher schlechter (sic!). Zu Uwe Bolls Humor siehe "Postal". (0)
Logan: The Wolverine [Logan] (2017)
Schlappe 17 Jahre nach Bryan Singers erstem "X-Men" durfte sich Hugh Jackmans Wolverine zum Schluss über einen würdigen Solo-Film freuen, der sich gleichzeitig so weit wie denkbar möglich von seinem Comic-Profil entfernt hat. Für Wolverines letzten Vorhang läuft James Mangold nämlich dem Paradigma des gängigen Comic-Action-Spektakels zuwider, präsentiert Jackmans Abschiedsvorstellung des Publikumsliebling unter den Lieblingsmutanten stattdessen in Gestalt einer Odyssee eines alters- und gewaltmüden Mannes, der kein Interesse an einem Helden-Dasein erkennen lässt, im Gegenteil sich des Kämpfens durch und durch überdrüssig zeigt, dessen Vergangenheit und dessen Taten ihm sichtlich nachhängen, ihm anhängen wie eine niederdrückende Last.
Durch den Film zieht sich in toto ein Sentiment der unendlichen Erschöpfung und Kraftlosigkeit, von verrinnender Zeit, wie Butter auf zu viel Brot verstrichen. Logan sehnt sich nach Ruhe, Erlösung, Schlaf, etwas, was ihm diese Welt nicht zu gewähren wollen scheint. Alles eingeschlossen haftet dem Gezeigten eine allumgebende Aura von Post-Apokalypse an, die Welt der Mutanten scheint untergegangen zu sein oder ist im Untergang begriffen, die Idee eines Utopia friedlichen Miteinanders ist tot, es gibt keine Sieger, einzig Verlierer, das Gute hat versagt, ist vergangen, sofern es jemals existiert hat, und die Feindbilder haben sich verlagert. Es sind nicht mehr die Weltherrschafts-Fantasien megalomanischer Super-Bösewichter oder die rassistisch motivierten Säuberungspläne des Mutanten-Pools die die Antagonisten antreiben. In diesem Falle sind sie im Grunde genommen nicht mehr als gewissenlose Unternehmer und Söldner, die ihre mangelhaften Produkte aufspüren und beseitigen wollen, dabei aus reinem Profitstreben jedwede Form von Humanismus und Ethik über Bord werfen, kein Bewusstsein dafür beweisen, Leben erschaffen zu haben, dem gegenüber sie eine Verantwortung tragen - die schreckliche Anti-These eines Gottkomplexes.
Erst die Konfrontation mit ihnen und ihren Opfern gibt Logan den Anstoß zum Reifeprozess weg vom Passiven hin zum archetypischen Anti-Helden wider Willen, der zwar versucht ist, sich dieser Rolle zu verwehren, da er sein eigenes Kreuz zu tragen hat, gewissermaßen als einer der letzten Zeugen des Scheiterns am längsten überlebt hat, am Ende kann er dahingegen dem unglückseligen Heroen-Dasein, der fatalen Katharsis nicht entfliehen, weil ironischerweise er, der unsterbliche Mutant, zu den wenigen Überlebenden zählt, die der Menschlichkeit, dem fahlen Hoffnungsschimmer noch nicht restlos entsagt haben. Darum übernimmt er die mühsame Verantwortung für die beschwerliche Pflege seines einstmaligen Gönners Prof. Xavier, der gleich ihm ausgelaugt, vom Alter körperlich und geistig geschlagen, von den vielen Niederlagen gezeichnet ist; darum akzeptiert er zuallerletzt seine Verantwortung als Vater seiner Tochter einerseits, einer neuen Generation von Hoffnungsträgern andererseits; darum zieht er ein letztes Mal in den Krieg, um sich seinen Gegnern, seinen Dämonen, seinem aggressiven Ich und seiner schmerzvollen Vergangenheit zu stellen, um zu guter Letzt den Weg aller Heroen zu gehen, damit die Hoffnung überleben kann. Einer der wenigen ganz starken Comic-Verfilmungen der letzten Jahre. (8,5)
Vase de Noces - One Man and His Pig [Vase de noces (Wedding Trough)] (1975)
Der berühmt-berüchtigte Skandalfilm aus den 70ern, eine groteske Verquickung von Kunst, Exploitation, Geschmacklosigkeiten, Dreck, Schönheit und Erhabenheit, den man erlebt haben muss, um sich seiner unmittelbaren drastischen Wirkung gewahr zu werden. Wer Thierry Zénos kleines Meisterwerk auf seinen skandalträchtigen Inhalt reduziert, der versäumt womöglich einen der radikalsten Kunstfilme seiner Zeit, der erheblich mehr zu bieten weiß als diese eine Sache, die ihm seinerzeit zu Berühmtheit verhalf. Natürlich ist er verstörend, abartig und grenzwertig in vielerlei Hinsicht, nur darin eben bemerkenswert radikal und herausfordernd. Man kann ihm viel vorwerfen, sich an vielem stören und reiben, in jedem Fall wird eine heftige Wirkung von ihm ausgehen. Ein Faszinosum. Chapeau! (9)
Rampage: President Down (2016)
Von Kunst zu Boll. Die gescheiterte Crowdfunding-Kampagne, sowie der anschließende Rant haben zweifelsohne die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, die der wütendste Wüterich unter den pseudo-ambitionierten Quasi-Polit-Filmemachern gewiss "President Down" bzw. allen Teilen der "Rampage"-Trilogie zugedacht hatte. Die Unmengen von Häme, die er dergestalt auf sich gezogen hat, haben äußerstenfalls, da könnt ihr sicher sein, Wasser auf Bolls Mühlen gegossen. Nun aber: der Abschluss der "Rampage"-Trilogie also. Wer A sagt, muss auch B sagen. Überraschenderweise kommt der abschließende "Rampage"-Film ungewöhnlich in sich gekehrt daher, nimmt bis zu einem gewissen Grade nachgerade so etwas die die Funktion eines Meta-Films auf die Reihe ein, reflektiert, diskutiert und stellt Positionen einander gegenüber. Action gibt's frühestens zum Finale, selbst Blendan Fletchers Protagonist darf gehörig menscheln, ehe er in seine letzte verlustreiche Schlacht zieht. Zwischenzeitlich hat Boll etliche Male überdeutlich Flagge bekannt, zudem nicht das Kapital zur Verfügung, das er sich erträumte, weshalb "President Down" vielfach den Anschein eines Kompromisses erweckt, der stellenweise eine Winzigkeit langweilig ausfällt, letztlich einen anständigen Schlussstrich zieht. (5,5)
Blackwoods (2001)
Bevor sich Uwe Boll wegen mangelnden Talents und der daraus resultierenden Schrott-Werke seinen unrühmlichen Bekanntheit-Status einer der schlechtesten Vertreter seiner Zunft zu sein erarbeitete, lieferte er diesen handelsüblichen, achtbaren Mindfuck-B-Thriller ab, der dank des brauchbaren Drehbuchs und passablen Twists annehmbar ausgefallen ist, obgleich von Boll streckenweise fürchterlich verhunzt umgesetzt wurde. (B-Movie-Skala: 6)
Blutmond [Manhunter] (1986)
Sah ich das erste Mal in zartem Jugendalter und... fand ihn ziemlich doof. Michael Manns Interpretation von Thomas Harris Romanvorlage sagte mir gar nicht zu, er war mir zu geleckt, zu oberflächlich, das Ende zu weit vom Buch entfernt. Jedoch hat er mich nie endgültig losgelassen, irgendetwas an ihm muss mich im Nachhinein stetsfort beschäftigt haben, ohne, dass es mir in vollem Maße bewusst war. Umso schöner diese Sichtung Jahre später: erst jetzt hat sich mir erschlossen, was für einen mustergültigen Thriller Mann geschaffen hat, wie vortrefflich er seine Charaktere angelegt hat, wie meisterhaft er die zwei Teile und Perspektiven des Profilers und des Killers respektive vereint, wie weit er seiner Zeit voraus war. Dass William Petersen und Tom Noonan beängstigend famos aufspielen rundet das Gesamtpaket eindrucksvoll ab, selbst Brian Cox überzeugt mit seiner gänzlich anderen, subtileren Version Hannibal Lecktors. Grandios! (9)
Roter Drache [Red Dragon] (2002)
Auf dem Wege direkter Konfrontation muss Brett Ratners Version somit inzwischen ausnahmslos verlieren. Zuvor sah das anders aus, "Red Dragon" hatte ich lange vor "Manhunter" gesehen, das Buch war mir bekannt und ich stand unter dem weitreichenden Einfluss von Anthony Hopkins berühmten Darstellung des beliebtesten, distinguiertesten Film-Kannibalen aller Zeiten. Damals kam mir "Red Dragon" der Materie angemessen düsterer vor, hielt sich darüber hinaus dichter an die Vorlage, vornehmlich, was die Hintergrundgeschichte Francis Dolarhydes anbelangt.
Heute sehe ich, dass Ratner und die Produzenten im Grunde genommen eine reichlich einfallslose "Silence of the Lambs"-Reproduktion im Sinne hatten, zu diesem Zweck den Hannibal Lecter-Anteil beträchtlich ausbauten und gestalterisch reißerisch bis zum Anschlag zu Werke gingen, derartig jedweden Anflug von Subtilität gnadenlos über Bord warfen. Ferner schadet Edward Nortons Anwesenheit dem Film mehr, als sie ihm nützt. Die Selbstsicherheit, die sein Will Graham an den Tag legt, lässt jede Form von labiler Unsicherheit, psychischen Druck oder Belastung, ob seiner Tätigkeit und der gefährlichen Nähe zu den Subjekten, die er in Ausübung seines Profiler-Berufes jagt, vermissen. Des Weiteren benimmt sich Norton viel zu dominant, degradiert die anderen Polizisten buchstäblich zu Statisten, die kaum etwas zu vermelden haben. Der einzige andere Beteiligte, der ihm buchstäblich Paroli bieten darf, ist selbstverständlich Hopkins, der in seinen Auftritten hingegen die Figur des Hannibal Lecters ihrer Stellung einer pop-kulturellen Ikone gemäß zum grellen, grotesk überzeichneten, comichaften Zerrbild mutieren lässt. Zwischenzeitlich machen der großartige Ralph Fiennes und Emily Watson das Beste aus ihren Rollen, wobei selbst Fiennes eine eher solide Autopilot-Darbietung hinlegt.
Wie gesagt: das alles fällt schwerer ins Gewicht, sieht man die Verfilmungen Rücken an Rücken. Genügend zeitlicher Abstand zwischen ihnen und eine duldsame Einstellung vorausgesetzt, unterhält "Red Dragon" nach wie vor, plakativer Thriller, der er ist. Drum die milde Bewertung. (7)
Das Schweigen der Lämmer [The Silence of the Lambs] (1991)
Fand ich immer toll, ein glühender Verehrer war ich ungeachtet dessen nie (diese Ehre wurde vielmehr "Se7en" zuteil). Ich habe allzeit Respekt vor seinem Klassiker-Status empfunden, kam überhaupt nie auf die Idee, kritikwürdiges an ihm zu suchen oder suchen zu müssen. Selbstverfreilich gibt es wenig zu bekritteln, seinen Platz in der Filmgeschichte besetzt er schließlich nicht für lau. Jonathan Demme (R.I.P.) ist ein rundum gelungener, prägender Serienkiller-Thriller geglückt, der vor allem durch seine Subtilität zu glänzen versteht. Man denke etwa daran, wie Jodie Fosters Clarice Starling, ohne es unnötig zu betonten oder aufzubauschen, in den Kontext einer von Männern dominierten Domäne gesetzt oder ihr Reife- und Emanzipationsprozess nuanciert durch die essentiellen, zu übermäßigen Ruhm gelangten Gesprächssitzungen mit Hannibal Lecter hervorgehoben und vorangetrieben wird, alles sind Zeugnisse von außergewöhnlichem Geschick. Ein stilbildender Idealtypus seines Genres. (8,5)
Tatsächlich... Liebe [Love Actually] (2003)
Dem Anschein nach hatte Richard Curtis den absoluten Liebesfilm für die Festtage im Sinn, das ultimative Kitschfest, einen Instant Weihnachts-Dauerbrenner. Um diesen zu realisieren, legte er ein Sammelsurium der mannigfaltigsten, unterschiedlichsten Liebesgeschichten und Romantik-Tropen an, ein regelrechtes Panoptikum der Romantik, das alle denkbaren Aspekte abdeckt, jede Kategorie, jede Spielart, jedes Muster, jedes Alter, jede Schicht, jede Stimmung unter einen Hut bringt, witziges, heimliches, verbotenes, verhohlendes, fröhliches, trauriges, Sehnen und Schmachten, Beziehungen, die ihren Anfang nehmen, Ehen, die in die Brüche gehen, Schwärmereien, die unerfüllt bleiben müssen, Liebe, die alle Grenzen überwindet, Affären, Liebhabereien und Schicksalstreffen noch und nöcher. Es ist ein Maximum von all dessen und mehr, getragen von einem großen, namhaften Ensemble. Unbestreitbar liegt es in der Natur der Sache eines Anthologiefilms, dass einige Geschichten weniger Nachhaltigkeit beweisen als andere, infolge der Bandbreite, Vielfältigkeit und Zahlmäßigkeit die episodische Struktur manche Geschichten überlagert, sich Formelhaftigkeit einschließlich kitschiger Auflösung (die andererseits ein unabdingliches Kernelement bilden) nicht immer vermeiden ließ. Nichtsdestominder ist Curtis ein bezauberndes Potpourri gelungen, das etwas für jeden erdenkbaren Geschmack parat hält, allenfalls unrettbare Zyniker und Genre-Verächter werden sich verächtlich abwenden. (7)
Halloween H20 [Halloween H20: 20 Years Later] (1998)
Bin ich vielleicht mit zu hohen Erwartungen an den rangegangen? Nicht das ich enttäuscht wäre, "H20" ist ein untadeliger, flüssig inszenierter Teenie-Slasher seiner Zeit, nicht zu sehr den Regeln und Klischees seines Sub-Genres erlegen, mit überschaubaren Body-Count und ausreichend Suspense. Begeisterung kam bei mir dennoch nicht auf. Vermutlich habe ich diese Form des Horrorfilms in den letzten 20 Jahren zu oft erlebt und inzwischen andere Ansprüche an das Genre entwickelt. (6,5)
Jessy - Die Treppe in den Tod [Black Christmas] (1974)
aka "Silent Night, Evil Night". Bob Clarks effektiver Thriller wird gemeinhin rückblickend als einer der frühestens Vertreter des Slasher-Genres vor John Carpenters "Halloween" und der "Friday the 13th"-Reihe benannt oder zumindest als ein Film, der bereits über die wesentlichen das Genre konstituierenden Merkmale verfügte: ein fieser Killer, der unaufhaltsam sein Unwesen im Verborgenen treibt, ein Final Girl, dass sich ihm im Showdown zu erwehren hat, Autoritäten, die sich letzten Endes machtlos erweisen, dem Unglück Einhalt zu gebieten. Jedoch sind es die feinen Unterschiede, die "Black Christmas" von den berühmt-berüchtigten Filmbrüdern demarkieren und ihn seine Eigenständigkeiten behaupten lassen: zum einen ist der Killer kein omnipräsentes Monster, dessen blutige, nummernartige Mordeinlagen im kreativen Mittelpunkt des Geschehens stehen würden. Im Gegenteil bleibt er praktisch über die gesamte Laufzeit hinweg ein formloses Phantom, das ständig im Hintergrund agiert, nie sein Gesicht zeigt (die meiste Zeit nimmt die Kamera seine Perspektive via POV-Shots ein, gemahnt darin an einen Giallo) und beängstigend schattenhaft mordet, die längste Zeit sogar unbemerkt. Weil die Gräueltaten nicht den Fokus des Erzählflusses ausmachen, rücken stattdessen die Charaktere in den Mittelpunkt, ihr Miteinander, ihre privaten Schwierigkeiten und welchen Einfluss die sie umgebenen Grausamkeiten auf sie ausüben. Das resultiert in einem langsam, beinahe gemächlichen Aufbau der Handlung, in dessen Verlauf sich die Ereignisse zunehmend intensivieren, derweil die schwer fassbare, tückische Bedrohung unheilvoll auf seine Opfer lauert. Am Ende ist es diese allgegenwärtige, beunruhigende Atmosphäre, die Clarks Film über allem auszeichnet und ihn zu einem der unangenehmsten Thriller seiner Zeit macht - im positiven Sinne. (8,5)
Das Grauen kommt um 10 [When a Stranger Calls] (1979)
Ich muss gestehen, mir war nicht klar, worum es in Fred Waltons Thriller eigentlich geht. Ich habe ihn vom Hörensagen stets auf seine notorischen eröffnenden 20 Minuten reduziert und ging davon aus, dass sie das Gros der Handlung ausmachen würden. Leider ist die besagte Eröffnungsszene, inzwischen ein Standard des Slasher-Films inkl. Parodien, das bemerkenswerteste am gesamten Film. Den Großteil der Handlung macht die sich totlaufende Hetzjagd zwischen Killer und Cop aus, der ich nur wenig Spannung gegenüberbringen konnte und die verhältnismäßig unspektakulär abläuft. (5)
Dead of Night - Nacht des Terrors [Dead of Night] (1974)
aka "Deathdream". Bekanntlich bin ich kein Fan von "Hereditary" und kann mich ob des ihn umgebenen Hypes bloß verwundert am Kopf kratzen. Bob Clarks "Dead of Night" etwa, obwohl ein relativ niedrig budgetiertes B-Movie, versteht sich so viel besser darauf, eine packende, dramatische, schaurige, sogar schmerzhafte Dekonstruktion der heilen Welt einer amerikanischen Vorstadtfamilie vorzulegen, deren einziger Sohn im Vietnam-Krieg gefallen ist, doch durch einen unvorsichtig geäußerten Wunsch (ohne Affenpfote...) wieder zum Leben erwacht, dessen Wiederauferstehung und Rückkehr hingegen einen bitter zu zahlenden Preis mit sich bringt. Ich will nicht übertreiben, seine B-Movie-Natur unterstützt "Dead of Night" ebenso, wie sie ihm zum Nachteil gereicht. Allerdings erzielt Clarks Geschick, eine dichte, schleichende, betrübliche Atmosphäre der Unausweichlichkeit zu evozieren, unterm Strich mit ungemein geringfügigeren Mitteln ein Vielfaches an Wirkung, in jedem Fall mehr als man einem derartigen kleinformatigen Horrorfilm zugetraut hätte. (7)
24 - 6,6 (158,0)