Sonntag, Mai 07, 2006

Herzlich Willkommen im deutschen Schulsystem

"Wir wollen den Stundeausfall verringern und für ein höheres Bildungsniveau sorgen!!!"
Das sagen die Politiker nach den erschreckenden, aber im Grunde bedeutungslosen Ergebnissen der Pisa-Studie über den Bildungsstand deutscher Schüler. Und wie sieht das in der Realität aus? Natürlich wie immer, wie wenn Politiker etwas versprechen und ankündigen.

Nehmen wir ein Beispiel:
Dienstag erste Stunde. Auf dem Stundenplan stehen: Englisch, mit einen altgedienten Nazi als Lehrer, von dessen Meinung man sicht nicht differenzieren darf, daher sonst der Name des Widersprechers mit einem kleinen roten Kringel bzw. einem Schriftzug "Ungenügend" versiert wird.
Gefolgt von der wandelnde Sprachen-Leiche Latein, die es vermag Schüler eher zu schocken, als jeder Film von Romero, Fulci oder John Carpenter.
Danach die Doppel-Stunde Sport, in der man nur "wirklichen", schweißtreibenden Sport macht, wenn der Unterricht vertreten wird und man quasi selber die Stunden organisieren muss.
Danach Informatik, wo wir nicht in die Computer-Räume können, da in dem Gebäude-Komplex, in dem sich die Informatik-Räume befinden, die Abituprüfungen stattfinden. Oragnisatorische Glanzleistung.
Last but least Chemie. Wen's interessiert, der hat seinen Spaß. In der Tat ein Unterrichtsfach, dass man zumindest als solches definieren kann.

Allles in allem ein öder Stundenplan, doch trotzdem begibt man sich zur Schule, um sich der Illusion hinzugeben, was zu lernen.
Erste Stunde: man kommt in die Klasse, lauscht den Unterhaltungen und wartet auf den Lehrer. Letztgenannter erscheint aber einfach nicht. Man geht zur Schulleitung bzw. zum Sekretäriat, um sich zu informieren. Er (der Lehrer) sei da und würde bestimmt gleich kommen. Am Ende der 45 Minuten ist jedoch nicht einmal eine Vertretung aufgetaucht und die gesamte Klasse durfte die gesamte erste Stunden gammeln.

Auf zur zweiten Stunde!!!
Die Klasse trennt sich, der Lateinkurs kommt zusammen. Von Latein versteht unser Kurs ungefähr so viel, wie die Islamisten von Menschenrechten, was unter anderem auf einen regen Stundenausfall und andauernden Lehrerwechsel von der 7. Klasse an zurückzuführen ist. Zwei unserer Latein-Lehrer waren über längere Zeit erkrankt und während dieser Zeit fand kein Latein-Unterricht statt. Man hat nicht mal versucht uns Latein-Aufgaben zu geben.
Später bekamen wir eine Ersatz-Lehrerin, die als Pädagogin ungefähr soviel taugte, wie Aldi-Tüten zum Erdöltransport (was übrigens für viele Lehrer meiner... nennen wirs mal "Schule" zutrifft). Und somit lernten wir über zweieinhalb Jahre fast nichts über das Zombie Latein. Und da man 2 Jahre nicht einfach nachholen kann, geschweige denn bei einer toten Sprache, wo einem die Motivation mehr als nur fehlt, wirkt sich das dementsprechend auf den fortführenden Lateinkurs aus. Soviel zur Vergangenheit unseres Latein-Sprachkurses.
In der zehnten Klasse, also in der Gegenwart, in der diese Blog spielt, ist unser Latein-Lehrer wieder mal krank und wieder mal ist die Schule nicht in der Lage, eine Latein-Vertretung zu organisieren. Statt dessen wird fröhlich gequatscht, getratscht und Hausaufgaben der vorherigen Stunde (die nicht stattgefunden hatt, aber vielleicht ist der Lehrer ja schon allsbald wieder da) oder vergessene Hausaufgaben für folgende Stunden gemacht.

Kleine Erholung: die erste große Pause. In 20 Minuten Pause lernt man mehr durch Mitschüler als im Unterricht durch Lehrer. Zum Beispiel ob wenn ein Baum fällt und absolut keiner da ist (noch nicht mal ein Tier oder sonstiges), der oder das in der Lage wäre zu hören das er fällt, würde er dann ein Geräusch machen??? Das Gegenteil zu diese wahnsinnig intelligenten Frage... sollten wir dem Frage stellenden Mitschüker beweisen. Er hatte sicher seinen Spaß daran.

Dann gehts zum Sportunterricht. Siehe da: Vertretung!!! Wieso ist man dann nicht überrascht? Doch immerhin: als Vertretungs-Lehrer sind Sportlehrer eingesetzt!!! Was auch nicht immer der Fall ist. Doch eher in Sport, als in jedem anderen Fach, wo es eine absolute Seltenheit ist, wenn man mal eine Fachspezifische Vertretung bekommt.
Und tatsächlich wir machen Sport!!! Allerdings, wie schon gesagt, ist der Sport-Unterricht sowieso eher als solcher zu beschreiben, wenn er in einer Vertretungsstunde stattfindet, als wenn er regulär stattfindet.

2 Schulstunden und eine 5-Minuten Pause später gehts in die zweite große Pause. Das Bildungsniveau wird wieder erhöht, bevor es in der fünften Stunde wieder absackt, weil man wieder mal Vertretung hat und nichts macht. Inzwischen ist auch schon der ein oder andere Schüler nach Hause verschwunden, weil er nicht bereit war, einem Tag Rumsitzen beizuwohnen. Und dann wird ihm später auch noch vorgeworfen, er wäre dem "Unterricht" ferngeblieben. Hallo??? Welcher Unterricht denn bitte!!!

45 Minuten Sitzfleisch plattdrücken später sind wir an der wirklich einzigen, nicht vertretenden Schuldstunde angekommen: Chemie. Nachdem man 45-Minuten später zumindest eine kleine Probe davon kriegen konnte, wie Schule aussehen könnte, wird man nach Hause entlassen und fragt sich ernsthaft, warum geht man eigentlich dahin.

Die Antwort folgt: leider verlangt heutzutage die Arbeitswelt einen Wisch mit ein paar Symbolen bedructk, die man "Zahlen" oder "Schulnoten" nennt, oder gar einen wertlosen Dreck namens "Abitur". Diese Sachen sind von den obengenannten Bedingungen durchsiebt und die Schüler müssen sich von Tag zu Tag zur Schule regelrecht quälen, damit sie vielleicht später einmal eine Chance auf einen Job haben, mit dem man zumindest leben kann.

Fassen wir zusammen: von 6 Stunden waren 5 vertreten! Man ging also nur für Chemie in die Schule!!!
Es ist wirklich traurig, aber leider Realität und keine überspitzte Satire die ich hier abtippe. Man sollte sich an diesem Punkt wirklich fragen, was wir falsch machen. Denn so kann es defenitiv nicht weitergehen!

1 Kommentar:

Darth Puma hat gesagt…

"Non vitae sed scholae discimus."
(Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir.)

Seneca (4 v.Chr. � 65 n.Chr.) römischer Philosoph, Dichter und Politiker; Zitat aus "epistulae morales ad Lucilium 106", in dem er seine Kritik am römischen Bildungssystem äußert. Die bekanntere verdrehte Version, "Non scholae, sed vitae discimus", begann sich um das 13. Jahrhundert herum durchzusetzen und wurde und wird von Lehrern, hauptsächlich Lateinlehrern, verwendet, um aus berufenem Munde zu belegen, dass das, was man in der Schule lernt, wichtig für's Leben sei.

Wie Du siehst, litten schon andere Generationen am Bildungssystem. ;-)