Montag, August 19, 2019

Kurzreviews April/2019

Hiermit präsentiere ich wiederum die 11 Filme und keine Serienstaffeln/-specials (ausgeschlossen Filme, die ich mich nicht im Stande sehe zu bewerten, weil ich sie z.B. nur zum Einschlafen gesehen habe und noch nicht beendete Serienstaffeln), die ich im Monat April gesehen habe:


Filme
Poultrygeist: Night of the Chicken Dead (2006)
Troma, wie es Spaß macht, sein sollte und augenscheinlich ausschließlich Lloyd Kaufman auf die Beine gestellt bekommt: grelle, lustvoll Grenzen des guten Geschmacks überschreitende und jedwede Form von political correctness durch den Kakao, die Scheiße, die Kotze oder andere anti-appetitlicher Substanzen ziehende Groteske, ideen- und temporeich, obendrein unsagbar dämlich. Kurzum: 1a Trash! (Trash-Skala: 7,5)

Der Vorname (2018)
Sönke Wortmanns Remake der französischen Komödie reiht sich nahtlos ein in solche filmgewordenen Ensemble-Theaterstückchen à la Roman Polanskis "Der Gott des Gemetzels": eine gepflegte Assemblee von Angehörigen der besseren Gesellschaft oder wenigstens der oberen Mittelklasse wird durch einen vordergründiger Aufhänger, in diesem Falle die skandalöse Namensgebung des anstehenden Nachwuchses, die als kaum mehr als Mittel zum Zweck fungiert, das einzig dazu dienen soll, den schmückenden und Streitigkeiten, Unannehmlichkeiten oder allenthalben unverträgliche Geheimnisse verhüllenden gutbürgerlichen Putz zum Bröckeln zu bringen, ihres bornierten, in Konventionen erstarrten Schutzwalls beraubt, damit zur Auseinandersetzung und Aussprache gezwungen. So weit, so bekannt. Wortmann und Autor Claudius Pläging ringen dem nichts Neues ab, liefern gemeinsam mit den emsigen Darstellern zum Mindesten zuverlässige Zerstreuung, mal witzig, mal dezent dramatisch, bis zum Schluss alle ein wenig weiser sind - indessen ohne an der grundlegenden Struktur des Problems gerüttelt zu haben. (6,5)

Das Geheimnis von Marrowbone [Marrowbone(2017)
Beachtenswerte Mischung aus Waisen-Drama und wohldosierten Gruselanteilen, glänzt vor allem dank der herausragenden Jungdarsteller und die gleichermaßen traurige, wie spannende Handlung. (7)

Der Unsichtbare Gast [Contratiempo(2016)
Oriol Pauls eigenem "The Body" nicht unähnlicher Thriller, der sich wie ebenjener den finsteren Abgründen der menschlichen Seele, insbesondere der gefühlskalten, entmenschlichten High Society, widmet. Bis zum alles entlarvenden Finale schildert er ein packendes Katz-und-Maus-Spiel zwischen Frager und Befragtem, Täter und Rachsüchtigem, hält dabei die Ungewissheit und Anspannung gekonnt aufrecht. Den Twist mag man vorausahnen können, das tut der Spannung hingegen keinen Abbruch, hierzu ist die allem zugrundeliegende Tragödie, die eiskalte Berechnung, die abstoßende Unmenschlichkeit, sowie das entlarvende Taktieren der Beteiligten zu packend. Der Weg ist das Ziel, die Auflösung lediglich ein befriedigend inszeniertes Zusammenkommen aller Stränge, ein zwingender abrundender Schlusspunkt den Paul daruntersetzt. (7,5)

Julia's Eyes [Los ojos de Julia(2010)
Hier lässt mich mein Gedächtnis ein wenig im Stich, zum einen aufgrund des langen Zeitabstands, zum anderen da ich ihn damals bereits in einem mächtig übermannenden Dämmerzustand sah. Ausnahmslos wollte er mich nicht überzeugen, dabei bedient sich Guillem Morales in fachgerechter Manier des Tropus des blinden bzw. sukzessive erblindenden Protagonisten, der sich, einer seiner essentielle Sinne beraubt, einer sich nach und nach zuspitzenden Bedrohung ausgesetzt sieht und Morales weiß die unglückselige, dräuende Lage seiner Hauptfigur bisweilen nervenaufreibend in Szene zu setzen. Was mich an "Los ojos de Julia" letztlich gestört hat, kann ich leider kaum noch benennen, ich meine, Morales Inszenierung hielt nicht immer dem Einfallsreichtum des Drehbuchs, die aus der Blindheit Belén Ruedas resultierenden Gefahrensituationen immer wieder aufs Neue kunstfertig zu variieren, stand. Genaueres vermag ich nach einer etwaigen Zweitsichtung zu sagen. Bis dahin: (6,5)

Die Lustige Welt der Tiere [Animals Are Beautiful People(1974)
Über die der Entstehungszeit geschuldeten politischen Unkorrektheiten und grenzwertigen Ausrutschers des Kommentators müssen zartbesaiteter PCler unbedingt hinwegsehen können. Mir haben sie jedenfalls nicht geschadet, ganz gleich wie oft wir "Animals Are Beautiful People" in Kindestagen gesehen haben und bis heute stoßen sie mir weniger sauer auf als sie vielleicht sollten. Ein Grund dafür ist, dass er mehr unterhaltsamer Tierfilm denn professioneller Dokumentarfilm sein möchte. Der Unterhaltungsfaktor ist dementsprechend hoch, vermöge der verspielten Montagen, der gewählten Musik und der prächtigen Bilder. Er verzichtet nicht auf die Vermittlung von lehrreichen Informationen über die abgebildete Tierwelt, legt andererseits eine fluffige Leichtfüßigkeit an den Tag, die sich unverkennbar an ein kindliche Faszinationsvermögen richtet. Sicher: er kommt etwas angestaubt daher und man sollte ihn nicht allzu ernst nehmen. Ein vergnügliches Erlebnis ist er nach wie vor. (7)

Kikujiros Sommer [菊次郎の夏 Kikujirô no natsu (Kikujiro)] (1999)
Kitano Takeshi lässt zur Abwechslung die Yakuza ruhen, konzentriert sich statt dessen auf den herzerwärmenden Road Trip eines kleinen Jungen, der sich in Begleitung von Kitanos Kikujiro auf die Suche nach seiner verschollenen Mutter macht. Dem elementaren Prinzip des Road Trips folgend, stellt hierbei der Weg das Ziel dar und somit lernen sich die beiden unterwegs selbst und einander besser kennen, geraten in teils absurd komische, teils betrübliche Situationen, schließen ungewöhnliche Freundschaften mit Außenseitern, wie sie selbst welche sind. Trotz der Abstinenz von Gangstern und Gewaltausbrüchen erweist sich das unverkennbar als Kitano-typische Lebensreflexion, dieses Mal aus der Sicht eines Kindes, die der Regisseur einfühlsam und voller kindlicher Naivität wiedergibt, insbesondere in den malerischen Traumsequenzen. Dazu gesellen sich seine wiederkehrenden Stilmittel, etwa Kitanos Malereien, Engel- und Strandmotive, zuzüglich zu den Slapstick-artigen Einlagen. Denn "Kikujirô no natsu" ist fraglos Kitanos bis dato leichtherzigstes, familientauglichstes Werk, obgleich die für ihn obligaten melancholischen Zwischentöne ebenfalls anklingen, den frohgemuten Albernheiten stets eine unterschwellig bittere Erkenntnis über das Leben anlasten. Zum Schluss entlässt "Kikujiro" Masao, Kikujiro und den Zuschauer gleichwohl hoffnungsfroh und mit vielen schönen, denkwürdigen Erinnerungen und Erlebnissen. (8)

Zeit zu leben und Zeit zu sterben [A Time to Love and a Time to Die(1958)
Douglas Sirks außergewöhnlicher Anti-Kriegsfilm, den er mit den Mitteln des Melodramas erzählt und in dem er ein authentisches Bild Deutschlands und der Deutschen hinter der Front zeichnet. Authentisch, nicht weil er einer historischer oder dokumentarischer Präzision anhängt, sondern weil er um eine Darstellung der Deutschen bemüht ist, die dem Menschen dahinter gerecht wird, ihren Fehlern und Vorzügen ebenso Rechnung zollt wie ihren weniger vorzüglichen, bis gar monströsen Schattenseiten, nicht zuletzt dem Herzen verhaftet ist. Der daraus resultierende Querschnitt der Bevölkerung erzeugt einen wesentlich glaubwürdigeren, aufrichtigeren Eindruck der breiten deutschen Gesellschaft zu jener Zeit als es jede um krampfhafte, lehrreiche historische Akkuratesse bedachte (die Sirk mitnichten opfert!) deutsche Fernsehproduktion unserer Zeit sich jemals könnte. (9)

Be Cool - Jeder ist auf der Suche nach dem nächsten großen Hit [Be Cool(2005)
Einfallsloser Aufguss, der allen potenziellen Charmes des Vorgängers munter über Bord wirft, um für die nichtssagende Aufsteiger-Geschichte des entzückenden, herzensguten, talentierten Pop-Sternchens, dem Chili Palmer, von der Filmbranche offenbar angeödet, pflichtschuldig auf die Beine zu kommen hilft, Platz zu machen. Das stinkt durchgehend fürchterlich nach Selbst-Beweihräucherung der Musikszene statt nach geistreicher Satire und mäandert durch zahlreiche reizlose Sub-Plots vorbei an marginal interessanten Nebencharakteren bis zum öden Finale, hinzukommt eine Myriade bequem vermarktbarer Gesangs-Einlagen von Christina Milian & Gaststars. Ein Highlight gestehe ich ein: die "Pulp Fiction"-Tanz-Reminiszenz von John Travolta und Uma Thurman. Ansonsten ist "Be Cool" mit vergessenswert noch glimpflich umschrieben. (5)

Rocket Man [The Best of Times(1986)
Überraschenderweise fand ich, der Sportfilmen nicht sonderlich begeistert gegenübersteht, den ganz sympathisch. Ein bisschen bieder und männlicher Eitelkeit anhängend, ja. Der zwanglose, lockere Ton, sowie Robin Williams und Kurt Russell machen aus diesem kleinen Verlierer-Märchen zumindest unterhaltsame Kurzweil. (6)

Uncertain Guest - Du bist nicht allein. [El habitante incierto(2004)
Anfänglich passabler Paranoia-Thriller, der wirkungsvoll mit den urtümlichen Ängsten vor dem im ungewissen Dunkeln, in den irritierenden nächtlichen Geräuschen, tarnenden Schatten und uneinsehbaren Winkeln eines einsamen Hauses lauernden Unbekannten spielt. Über sich hinaus wächst er allerdings erst, wenn er im späteren Verlauf die Situation umkehrt, den Verängstigten selbst zum "schwarzen Mann", zum unbekannten, verstohlenen Besucher macht, der in den toten Winkeln, immerzu knapp außerhalb der Sichtweite seinem Opfer nachsetzt, es beobachtet und unentdeckt im Geheimen an dessen Leben teilhat. Das ist derart herrlich abgründig und bizarr mitreißend, dass ich diesen Kniff glattweg genial nennen würde. Das rettet für mich den bis dahin überdurchschnittlich ordentlichen Streifen. (7)






















11 - 7,0 (77,0)

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