Mittwoch, November 06, 2019

Kurzreviews Oktober/2019

Hiermit präsentiere ich wiederum die 21 Filme und 8 Serienstaffeln/-specials (ausgeschlossen Filme, die ich mich nicht im Stande sehe zu bewerten, weil ich sie z.B. nur zum Einschlafen gesehen habe und noch nicht beendete Serienstaffeln), die ich im Monat Oktober gesehen habe:


Serien-Staffeln
Downton Abbey - The London Season (2013) - (7,5)
Archer 1999 (Season 10) (2018) (6-7)
Ghul [Ghoul(2018) - (5,5-6,5)
Channel Zero: Candle Cove (Season 1) (2016) - (6-7)
Downton Abbey (Series 5) (2014) - (7-7,5)
Downton Abbey - A Moorland Holiday (2014) - (7,5)
Das Büro [The Office(Season 1) (2005) - (6,5-7+)
Sandokan - Der Tiger von Malaysia [Sandokan] (1976) - (6-7)

Filme
Tad Stones und das Geheimnis von König Midas [Tadeo Jones 2: El secreto del Rey Midas (Tad the Lost Explorer and the Secret of King Midas)] (2017)
Ganz das Sequel: ein bisschen höher, schneller, lauter, derweil im Kern dasselbe kindgerechte Indiana-Jones-Abenteuer, bunt, rasant und vergnüglich, wobei die Mumie Nerv-Potential besitzt. Der sympathische Everyman-Held Tad Stones/Tadeo Jones, sowie die kreativen Action-Szenen halten allweg durchgängig bei Laune. (6)

Wrong Turn 6: Last Resort (2014)
Aus Jux und Tollerei in umgekehrter Reihenfolge: der letzte der verhalten reüssierenden Backwood-Horror-Reihe, weniger beängstigend als ungustiös, wenn es daran geht, das Familien-Erbe anzutreten, was in concreto bedeutet die Inzucht-Linie fortzuführen. Demgemäß unangenehm sexualisiert, was die Nummernartigkeit der Gewalt-Einschübe fast deutlicher zu Tage treten lässt. (4,5)

Wrong Turn 5: Bloodlines (2012)
Den fand ich unterhaltsam: die Belagerung der Polizei-Station durch die Inbreds, auf die Befreiung ihres sardonischen und widerlichen Ziehvaters abzielend, ist zwar schön-blöd logikbefreit, aber auch herzlich unsinnig niederträchtig, blutrünstig und schadenfreudig, wobei ich ihm ein Minimum an Spannung zugestehen möchte. (5,5)

Unheimliche Begegnung der dritten Art [Close Encounters of the Third Kind(1977)
Director's Cut. Steven Spielbergs stilbildender Science-Fiction-Klassiker, ein optischer Genuss, inhaltlich entzückend naiv und positiv gestimmt, bisweilen beinahe religiös in seiner Ikonographie, zweifelsohne wegweisend im Bereich der Special Effects und seiner Portraitierung der außerirdischen Fremden als freundliche, erlösende Besucher, die unseren Erfahrungshorizont natürlich ohne böse Absichten erweitern möchten. (7,5)

Die Goonies [The Goonies(1985)

Chaos im Netz [Ralph Breaks the Internet(2018)
Disney-Propaganda-Szenen à la dem hiesigen Prinzessinnen-Kabinett erzeugen bei mir inzwischen übelste Bauchschmerzen in einem Maße, das mich sonst allenfalls bei religiösen oder politischen Agitations-Machwerken überkommt. Zum Glück halten sich solche im "Wreck-it Ralph"-Sequel in Grenzen. Ralphs und mehr noch seiner Freundin Vannellopes aus dem Vorläufer bekannte Emanzipation-Bestrebungen zur Behauptung seines bzw. ihres Stellenwerts eines Individuums in einer konformistischen Gesellschaft (blanker Hohn in einer Disney-Produktion...) konfrontieren Phil Johnston und Rich Moore im zweiten Teil durchaus pointiert mit den Auswüchsen des Internets. Das geschieht wohl gemerkt ohne jemals die Sphäre einer ausgemachten Satire zu tangieren, vorsichtige Kritik mag sich nichtsdestotrotz zwischendurch bemerkbar machen. Die Darstellung der Netzwelt in Form und Gestalt einer schillernden, kunterbunten, eine Vielfalt an reizüberflutenden Eindrücken darbietenden Megalopolis, um nicht zu sagen eines Sündenpfuhls der Marke Hure Babylons, ist eine opportune kindgemäße Reifikation des komplexen abstrakten Gebildes "Internet", des unaufhörlichen Verkehrs, des ständigen Kommens und Gehens, des Miteinanders, seltener: des Gegeneinanders, allgemein des "Vernetztseins". Freilich stets versöhnlich, leicht verdaulich, unangenehme Themen höchstens dünngesät anschneidend, lieber knuffigen Verweisen und Anspielungen Raum gebend. In jedem Fall eine sympathische Variation des "Bauerntrampels, den es in die Stadt zieht", in deren Verlauf beide Charaktere eine nachvollziehbare Wandlung durchlaufen und an ihren Konflikten reifen. (7)

Joker (2019)
Der Aufreger der Saison, das Massenphänomen, der R-Rated-Erfolg (der dankenswerterweise den unsäglichen "Deadpool" vom Thron der gewinnträchtigsten R-Rated-Erfolge gestoßen hat), der rohe Psychopath im Comic-Einerlei, der aufbegehrende Underdog, der Beweis, dass aneckende, Risiken in Kauf nehmende Filme genauso Kasse machen können und dass das Kino nicht verkümmernd auf brachiale Publikumsverblödung à la Disney kontingentiert werden muss...
Manch einer mag Todd Phillips vorwerfen, einen platten Abklatsch von Martin Scorseses "Taxi Driver" fabriziert zu haben und das nicht von ungefähr: Parallelen, Zitate und Referenzen sind überdeutlich vorhanden, er sucht regelrecht ostentativ die Nähe zum legendären großen Bruder. Allein, wo die einen Plagiat schreien, halten andere das Konzept der Pastiche oder Hommage dagegen. Für mich persönlich kommt die Umdeutung und Rekontextualisierung der gefährlichen, psychopathischen Innenansicht und Weltanschauung eines Travis Bickle als Joker-Origin-Story einem kleinen Genie-Streich gleich: die Transponierung von Themen, zuzüglich zu stilistischen und formellen Eigenarten, der fragwürdigen Erzählperspektive, der unmittelbaren Exponierung des Innenlebens des Charakters, der sich der Zuschauer in der Folge ausgesetzt sieht, der unverhohlenen politischen Brisanz auf den beliebten und berüchtigten Comic-Bösewicht bietet sich vorbehaltlos an. Zumal "Joker" auch abseits seiner "Taxi Driver"-Affinität genug Eigenständigkeit zu bieten weiß. Zuvorderst ist er keineswegs die einfallslos lineare Provenienz-Geschichte des 08/15-Marvel-Helden, die nichts weiter zu erzählen hat, außer das Übermensch A von Punkt B nach Punkt C gegangen ist, um Superheld X zu werden und ERJB Y zu besiegen. Live. Die. Repeat.
Joaquins Phoenix Joker dahingegen ist eine verlorene Seele, ein von vorneherein gebrochener Mann, ein allein gelassener Außenseiter, eine arme Sau, ein Mensch auf der Suche nach Zuwendung, Zugehörigkeit und einer Identität, von der er glaubt, sie der ihn umgebenen Gesellschaft gefällig formen zu müssen. Geplagt und verstört gerät er dergestalt in einen unaufhaltsamen Strudel aus Gewalt und Aversion gegenüber seiner psychischen Disposition, zurückgestoßen, sich selbst überlassen, verlacht. Anknüpfpunkte und helfende Hände sucht er vergebens.
Wenig überraschend gerät dies zur schauspielerischen Tour de Force für Phoenix, der den bemitleidenswerten Tropf Arthur Fleck eine erschreckend intensive Performance beschert, der beizuwohnen zum schmerzhaften Zeugnis gerät. Konsequent ist man an seine Perspektive, seine Sichtweise der Dinge, seiner Version der Geschehnisse gebunden und muss sich mehr als einmal fragen, ob das, was man soeben zu sehen bekam, tatsächlich der Realität entsprach oder nicht doch einem Gespinst des Wahns der Hauptfigur entsprang. Man ist gefangen im Kopf des Protagonisten, teilt seine Erfahrungen, nimmt Teil an seinen Demütigungen, sieht die Welt durch seine Augen - und die Welt, die einem solcherart begegnet, ist ein kaputter, kalter, abweisender Moloch, der einem nichts als Feindschaft und Zurückweisung entgegenzubringen vermag. Das auf dieses Martyrium der Befreiungsschlag mittels der gewaltsamen Ablehnung der ihm angedachten Rolle in der Gesellschaft folgt und er in deren Anti-These aufgeht, wird gemeinhin als Aufforderung zur Revolution und Griff zur Waffe fehlgedeutet. Aus dem einfachen Grund, dass vielfach eine Kausalität in konsekutiver Geradlinigkeit postuliert wird, die in diesem Fall einfach nicht gegeben ist, viel mehr eine komplexe Interdependenz zwischen den verschiedenen Einflüssen und Faktoren vorherrscht. Fraglos birgt seine Apotheose zur in Wahrheit unverschuldeten und unbeabsichtigten Inkarnation der wütenden Masse und sein kurzfristiger Weg dorthin einiges an brisantem Diskussionspotenzial. Wohingegen expressis verbis darin der Reiz von "Joker" liegt, dass man sich argumentativ nicht bloß auf den Höhepunkt von Arthur Flecks Leidensweg, auf sein Aufgehen in der gewalttätigen Gestalt des Jokers beschränkt, sondern die Treppenstufen dahin begreift und Empathie entwickelt. Wehret den Anfängen. Denn in dem Fall wäre ein Joker für die Pop-Kultur und die Gesellschaft gar nicht erst von Nöten. (8,5)
Taxi Driver (1976)
Da es gerade passt: Martin Scorseses legendärer Neo-Noir, ein moralisch zutiefst und bewusst ambivalentes Bild eines in der Gesellschaft gestrandeten und verlorenen Mannes, einerseits vor dem thematischen Hintergrund des Vietnamkriegs und der Watergate-Affäre zeitgebunden, andererseits von universeller Relevanz (was ein "Joker" nachdrücklich unterstreicht), ein Ausschnitt eines prekären Aspekts der Gesellschaft, ausdruckstark gespielt von Robert De Niro, nachhaltig und überkommend inszeniert. Gehörte nie zu meinen Lieblingen, ein überlebensgroßes Ding ist er nichtsdestoweniger, speziell aufgrund seiner Ambiguität. (8)

Parasite [기생충 Gisaengchung(2019)
Bong Joon-hos bissige Sozial-Satire ist zunächst einmal wunderbar räumlich dreidimensional: lustvoll kostet er jeden seiner Schauplätze maximal aus, vergrößert, engt ein, bewegt und transformiert Zimmer, Gemächer, Innen- und Außenareale korrespondierend zu seinen Protagonisten, körperlich wie geistig. Unter diesen Bedingungen wird die Illustration des Klassenkampfes zu einer in höchstem Maße plastischen Angelegenheit: Aufstieg und Fall, Täuschung und Entlarvung, Armut und Reichtum, die kleinste soziale Ungleichheit, all das findet seine Entsprechung in ausgedehnten oder beengenden Räumlichkeiten, im architektonischen und landschaftlichen Auf und Ab, sowie in den kataklystischen Folgen der Naturgewalten, welche die einen unbeschadet überstehen, alldieweil die anderen um alles kämpfen müssen. Joon-ho bewegt sich in diesem teuflischen Reigen der Gesellschaftsschichten auf einem schmalen Grat zwischen lakonischen Humor und bitterem Drama, lässt seine Protagonisten einen riskanten Spießrutenlauf absolvieren, bis am Schluss unweigerlich und gnadenlos die Katastrophe über alle ohne Ausnahme hereinbricht, ganz gleich ob arm oder reich. Alle schmieden sie Pläne und hängen Zukunftsvisionen an, von Blindheit geschlagen, dass sie ein ungerechtes System dadurch bloß bestärken, gleichwohl niemals überkommen werden. Und somit finden sie sich in einem hoffnungslosen Teufelskreis, einer stumpfen Diallele gefangen. (8)

Annabelle 3 [Annabelle Comes Home(2019)
Das "Conjuring"-Spin-off "Annabelle" war ein Rohrkrepierer vor dem Herrn, sein Prequel "Annabelle: Creation" (ebd.) in Angesicht dessen eine nicht zu unterschätzende positive Überraschung und Teil 3 ist... in jeder Hinsicht ein Franchise-Produkt, nett formuliert: eine bessere Trailershow für weitere potentiell ausschlachtbare Spin-off-Grusel-Fratzen aus der Abstellkammer der Warrens, dargebracht in Gestalt einer mäßig schaurigen Geisterbahnfahrt vorbei an den verschiedenen angestaubten, in den Regalen des Hinterzimmers versauernden Spuk-Erscheinungen, als wolle man ausloten, welche von diesen beim Publikum gut genug resonieren, um ihnen ihre eigenen Ableger zu spendieren. Ist das gruselig? Nein. Vollends durchschaubar ohne Frage. (4)

Unknown Identity [Unknown(2011)
Die erste der Jaume Collet-Serra-Liam Neeson-Kollaborationen, ein grundsolider, fesselnder Reißer mit Hitchcock'scher Prämisse, der seinen Protagonisten in fremder Umgebung, dieses Mal das altbekannte Berlin, aussetzt, die Identität raubt und in der Folge gnadenlos die Jagd auf ihn eröffnet, Bourne-Assoziationen inklusive. Schwächelt nach Hinten raus, ansonsten verlässliches Action-Thriller-Terrain. (6,5)

96 Hours [Taken(2008)

Höllenfahrt nach Santa Fé [Stagecoach(1939)
aka "Ringo". John Fords vielbeschworener Western-Klassiker, der den Grundstein für seine langjährige Partnerschaft mit John Wayne legte bzw. Waynes Karriere erst richtig durchstarten ließ. Eine meisterhafte Sektion eines Mikrokosmos verschiedener Repräsentanten von Archetypen der Gesellschaft, eingefangen und verdichtet in der Enge der eponymen Postkutsche, konterkariert vermittels der endlosen Weite der Prärie, imposant gefilmt, gen Ende gar inklusive für die Zeit beeindruckender Stunts. Ein Meisterstück! (8)

Downton Abbey (2019)
Ein Geschenk an die Fans der Serie mit Herz und Seele. Man mag stänkern, dass es sich hierbei inhaltlich und strukturell um einen besseren Zweiteiler handelt, der nicht zwangsläufig den Umweg über die große Leinwand nötig gehabt hätte. Aber warum sollte Fans das kümmern? Im Gegenteil hat es was Herzbewegendes, das Anwesen Downton Abbey in schwelgerischen, glanzvollen Breitwand-Aufnahmen zu genießen, obendrein die Lords und Ladies mitsamt Bediensteten im prächtigen Kinoformat ausgelassen tanzen, leiden, lieben und konspirieren zu sehen. Jeder bekannte und liebgewonnene Charakter hat im Rahmen der Möglichkeiten seine Szene und offen gelassene Entwicklungen des finalen Weihnachts-Specials werden für alle zufriedenstellend abschließend ausformuliert. Sicherlich leichte Muse und nichts für Anti-Royalisten (es sei denn, man ist wie ich ein kleiner Brenson, ergo den Crawleys und ihrem pompösen Adelsleben unerklärlicherweise zugetan), ein wunderschönes Wiedersehen ist es demungeachtet alle Male. Nicht zu vergessen: sollte es der Letzte bleiben, wäre der Kinofilm ein herzbewegender Abschied vom Highlight der gesamten Serie: Maggie Smith(7,5)

Judo Saga - Die Legende vom großen Judo [姿三四郎 Sugata Sanshirō (Sanshiro Sugata)] (1943)
Kurosawa Akiras Debut (sieht man von "Uma" ab), noch im Klima der Zeit und unter Zensurregiment Japans während des Zweiten Weltkriegs entstanden, weswegen unter anderem 17 Minuten aus dem fertigen Produkt geschnitten wurden und wahrscheinlich unwiederbringlich verloren sind. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist "Sugata Sanshirō" eine bemerkenswert eigenständige, stilsichere und vor allem ungewöhnlich introvertierte Betrachtung seines Heroen Sanshirō und seines Werdegangs. Das auf dem Weg zum unbesiegbaren Judo-Meister infolge der Zensuren unbillige Lücken entstehen, die in meiner Fassung unter Zuhilfenahme von Texttafeln zu überbrücken versucht werden, trübt den Gesamteindruck, was nicht daran rüttelt, dass bereits Kurosawas offizielles Erstlingswerk ein starkes und bildkräftiges Stück Kino darstellt. (7)

Pets 2 [The Secret Life of Pets 2(2019)
Numero uno ist ein von mir gerne angeführtes Beispiel für den Typus "hyperaktiver Animations-Kinderfilm", seine Weiterführung hat mich anfänglich sogar derart angenervt, dass ich kurz davor war, der Chose ein Ende zu bereiten. Glücklicherweise fängt er sich und nachdem er seine unterschiedlichen Einzelepisoden auf den Weg gebracht hat, habe ich mich doch noch gut unterhalten gefühlt. Im besonderen Harrison Ford in der Rolle des lapidaren Farm-Hundes Rooster reißt einiges wieder raus. "Pets 2" ist zudem stellenweise hinreißend schön animiert (6,5)

Wir [Us(2019)
Jordan Peeles zweiter Soziopolitischer Horrorfilm nach dem erfolgreichen "Get Out" gehört wie dieser zu dem Typus Horror, der zu schlau für sein eigenes Wohl ist, bzw. der sich zu schlau fühlt, als ihm in Wahrheit gut zu Gesicht steht (siehe auch: "Hereditary"). Ich meine damit, dass er ca. in der ersten halben Stunde zugegeben effektiv eine beängstigende, lauernde Bedrohung aufbaut, alsbald jedoch sich besser darin gefällt, sein verkopftes Szenario auszubauen, stärker einer Satire zuneigt. Das macht er wohlgemerkt nicht schlecht, zumal er mit guten Darstellerleisungen punktet, seine Intensität hält er hingegen nicht aufrecht und präsentiert uns sein Plädoyer gegen soziale Ungleichheit auf dem Umweg einer hanebüchene Science-Fiction-Horror-Mär, die derart abstrus ausfällt, dass sie kaum eine Verbindung zur Realität herzustellen vermag (geschweige denn ängstigt), allerhöchstens im exegetischen Bereich, wenn Peele in einer Vielzahl an Szenen "ask me what it means" zu schreien scheint (wenigstens in dieser Hinsicht nicht in einem vergleichbar über die Strenge schlagenden Maße wie der hohle "Hereditary"). Alles nicht verkehrt und auf einem wichtigen gesellschaftskritischen Grundgedanken fundiert, eine sonderlich durchdringende Wirkung stellte sich bei mir dahingegen nicht ein. Musik und Schluss-Twist mochte ich indes. (7)

Am allerschönsten [一番美しく Ichiban utsukushiku (The Most Beautiful)] (1944)
Kurosawa Akiras zweites Schaffen steht nachdrücklicher unter dem Propaganda-Scheffel und wird in dieser Weise zu seinem ambivalentesten Frühwerk: die teils im dokumentarischen Stil dargebrachte Geschichte einer Gruppe Fabrikarbeiterinnen, die Präzisionslinsen für den Kriegseinsatz herstellen und in Zeiten des Notstands sich selbst aus freien Stücken zum Wohle des Vaterlands an die Grenze des Belastbaren und Menschenmöglichen treiben, geizt nicht mit patriotischen Gesten, fröhlichem Liedersingen von Stücken, die vom Sieg der japanischen Krieger über die mongolischen Horden handeln, hingebungsvoller Marschkapellen-Aufmarschiererei und allgemein an den Tage gelegte Opferbereitschaft für die größere Sache. Auf der anderen Seite verblüfft Kurosawa, neben der allgegenwärtigen Leidenschaft, die in Bildern und Inszenierung ruht, vermöge der tiefen Sensibilität gegenüber seinen Protagonistinnen (tragende weibliche Rollen sind im Œuvre des Regisseurs ohnehin eine bezeichnende Ausnahme), von denen er einzelne gezielt herauspickt und ihr Einzelschicksal immer mal wieder in den Fokus rückt. Bei Kurosawa rangierte "Ichiban utsukushiku" ganz oben auf der Liste seiner eigenen Lieblingsfilme, womöglich nicht zuletzt, weil er Hauptdarstellerin Yōko Yaguchi bei den Dreharbeiten kennen und lieben lernte. Woran es auch liegen mag: Beachtung verdient er allemal. (7)

Sugata Sanshiro Fortsetzung [續姿三四郎 Zoku Sugata Sanshirō (Sanshiro Sugata Part II)] (1945)
aka "Judo Saga II". Das Kurosawa Akira von der Propaganda-Abteilung aufgezwungene Sequel (Trivia: der Verlautbarung nach eines der ersten Sequels, dem ein frugales "Teil 2" an den Titel angehängt wurde), dementsprechend wenig begeistert runtergekurbeltes Loblied auf den japanischen Kampfesgeist und Wiederstandwillen gegenüber den niederträchtigen Amerikanern, die ins nachteilige Licht zu rücken das Drehbuch keine Gelegenheit auslässt (Sanshirōs müheloser Sieg gegen den überheblichen US-Boxer gleicht einer für den Amerikaner blamablen Stummfilm-Slapstick-Komödie). Insofern hat Kurosawa vielen modernen chinesischen Martial-Arts-Filme (etwa "Fearless" oder "Ip Man", mehr noch "Ip Man 2") die Blaupause geliefert, wie man traditionsbewusste und moralisch lautere Kampfsportler, die ihre altehrwürdige Kampfkunst gegenüber dem modernen westlichen Mächten erfolgreich verteidigen, in Szene zu setzen hat. Drum würde ich "Zoku Sugata Sanshirō" zu Kurosawas unter der Aufsicht des japanischen Zensor-Rats entstandenen zugänglichsten, da weitestgehend ambitionslosesten Werken zählen. Gleichwohl blitzt Kurosawas Talent selbst hier unverkennbar auf, hauptsächlich beim Subplot um die Rivalität zwischen Karate und Judo, insbesondere hinsichtlich des Schicksals Tsukigata Ryūnosukes einstmaligen Widersachers aus dem Vorgänger, sowie des schönen Finales mit dessen Brüdern. (6,5)

Die Männer, die dem Tiger auf den Schwanz traten [虎の尾を踏む男達 Tora no o wo fumu otokotachi (The Men Who Tread on the Tiger's Tail)] (1945)
Kurosawa Akiras nächstes Projekt entstand in der turbulenten Zeit des letzten Kriegsjahres und des Übergangs: die Niederlage stand bevor, die japanische Zensur ging, die der amerikanischen Besatzungsmacht kam. Kreativ erdrückt von den Rahmenbedingungen geriet Kurosawas Adaption des Kabuki-Stücks "Kanjinchō" zu einer ungemein knapp gefassten, theaterhaft komprimierten Bearbeitung des Ursprungsmaterials. Abgesehen von dem Umstand, dass "Tora no o wo fumu otokotachi" die Ehre zuteilwird, Kurosawas erster Jidai-geki eiga zu sein, ist das Endresultat ein schnörkelloses, makelloses, besonders in der zentralen Szene am Grenzposten hochspannendes Drama, aufgelockert durch den an das amerikanische Kino gemahnenden Comic Relief-Charakter Enomoto Ken'ichis, einem beim japanischen Publikum beliebten Komödianten. Hervorragen tut einmal mehr Sugata Sanshirō-Darsteller Fujita Susumus nuanciertes Spiel, das bis heute Zuschauer rätseln lässt, ob er Yoshitsune und sein Gefolge erkannt hat oder nicht. (7,5)

Kein Bedauern für meine Jugend [わが青春に悔なし Waga seishun ni kuinashi (No Regrets for Our Youth)] (1946)
Kurosawa Akiras erster Nachkriegsfilm, der sehr zum Missfallen des Regisseurs mehrfach umgeschrieben wurde, ist angesiedelt vor dem Hintergrund des Takigawa-Vorfalls, in dessen Verlauf der Universitäts-Professor Takigawa Yukitoki von seinem Lehrstuhl an der Universität Kyoto gefeuert und ein Student wegen Hochverrats hingerichtet wurde. Allerdings stellt dieser Zwischenfall bloß das Stimulans dar, welches die Handlung in Gang setzt, deren Hauptaugenmerk auf Hara Setsukos Yagihara Yukie und ihrer Suche nach Erfüllung, nach dem, was das Leben ausmacht, liegt. Ihr Entwicklungsweg ist eng verknüpft mit denen zweier Studenten, von denen der eine sich dem Konformismus beugt, alldieweil der andere sich politisch engagiert, was ihm im Endeffekt zum Verhängnis wird. Ihre Verbindung zu letzterem (bravourös: Fujita Susumu) wird auschlaggebend für ihr existentialistisches Streben, das auf die Gegenwehr des beschränkten, ignoranten Gesellschaftsdenken trifft, dafür im Triumph dieses Strebens mündet. In ihrem über zwölf Jahre währenden Existenzkampf spiegelt sich deutlich Kurosawas Philosophie, wie auch das Nachkriegs-Japan, das sich ähnlich neu zu finden und zu orientieren hatte. Dabei ist Regisseur und Drehbuchautor Kurosawa weniger an politischen Verwicklungen gelegen als am seelischen Fortgang seiner Protagonistin, überwältigend verkörpert von Hara Setsuko und, sieht man von "Ichiban utsukushiku" ab, die einzige weibliche Hauptakteurin in seinem Schaffenswerk. Trotz Problemen bei der Produktion aufgrund von Einmischung dritter sind Kurosawa einige exzellent arrangierte Sequenzen gelungen, welche die Figurenkonstellation und Aufgewühltheit Yukies ausdrucksvoll wiedergeben. (8)




















21 - 6,9 (144,5)