Mittwoch, Dezember 06, 2006

Die Killerspiel-Debatte geht weiter

Ja, ja. Unsere Moralapostel, die Bayern. So langsam bin ich wirklich der Meinung von Michael Moore: nach dem zweiten Weltkrieg hätten wir den Juden Bayern als Entschädigung geben sollen! (Zitat: „Wenn wir wirklich das Richtig tun und obendrein Deutschland hätten bestrafen wollen, hätten wir den Überlebenden [Juden, Zigeuner und andere Verfolgte unter dem Nazi-Regime] Bayern geben sollen“ Michael Moore, Querschüsse (Englischer Titel: „Downsize This!“) S. 95).

Damit hätten wir den Juden nicht nur eine angemessene Entschädigung gegeben, sondern wir wären auch diese Idioten los gewesen…

Wie dem auch sei, wir sind sie nicht los und neben dem „Problembär“ dürfen uns jetzt auch aus Deutschlands Bierfest-Stadl (mit dabei natürlich ihr einsamer Schatten Niedersachsen. Wozu ich anmerken möchte, dass ja Alkohol bekanntlich auch zu Gewaltausbrüchen führt, ganz zu Schweigen von Alkoholsucht… Stichwort: Oktoberfest) den Vorschlag zur Ausweitung des Paragraphen 131 des Strafgesetzbuches, wegen unseren lieben Killerspielen, anhören.

Durch die Ausweitung des Paragraphen wollen sie die Herstellung, den Vertrieb/Verkauf und/oder den Nutzen von gewaltverherrlichenden Spielen mit einer Haftstrafe von bis zu einem Jahr belegen.

Zur Einordnung:

Als gewaltverherrlichend würde denn auch „Counter Strike“ angesehen werden.

Laut dem Gesetzbuch wird Gewaltverherrlichung wie folgt definiert: „Schriften (auch Ton- und Bildträger, Datenspeicher, Abbildungen und andere Darstellungen), die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt“ (§ 131 Absatz 1 StGB).

Nun ja, die Äußerung von wegen Verbot und Haftstrafe hat schon ihre ersten Folgen oder zumindest eine absehbare Folge:

Crytek ,die zzt. an dem Egoshooter „Crysis“ arbeiten, ist ein deutsches Entwickler-Team, dass schon das sehr gute "Far Cry" (USK: 18, in Deutschland außerdem nicht ungekürzt zu kaufen) veröffentlicht hat, haben angekündigt, dass sie, falls eine derartige Ausweitung des Paragraphen 131 durchgesetzt wird, aus Deutschland „auswandern“ werden, da sie sich ja durch die Herstellung eines Spieles wie „Crysis“ strafbar machen würden.

Crytek hat sich durch „Far Cry“ einen Namen gemacht und es ist sogar über Deutschlands Grenzen hinaus recht populär und auch Crysis hat schon im Vorfeld einen enormen Ruf, vor allem wegen der fortschrittlichen Grafik.

Jetzt denken wir mal nach:

Computerspiele sind ein Milliardengeschäft über den ganzen Globus hinweg. Und eine der renommiertesten deutschen Entwickler wird wohl voraussichtlich Deutschland bei Verabschiedung eines solchen Gesetzes verlassen, ergo geht dadurch auch ein Millionengewinn verloren (vor allem wenn wir an die 19 % Mehrwertsteuer denken…).

Natürlich mag es moralisch nicht vertretbar sein, dass aufgrund des Gewinnes eine Gewaltverherrlichung geduldet wird, aber mir hat noch immer niemand die Gefahr, die von Computerspielen ausgeht bewiesen und wirklich gewaltverherrlichend sind diese Spiele ja auch nicht wirklich (wenn man mal bedenkt, dass wir in der Bundeswehr systematisch für den Einsatz an der Waffe trainiert werden…), zumal kaum noch ein Spiel ungekürzt auf den deutschen Markt kommt, wenn es einen hohen Gewaltanteil hat und wenn es denn wirklich gewaltverherrlichend ist wird sowieso von vorneherein indiziert oder gar beschlagnahmt.

Nun denn, aber wie es aussieht, sind unsere Politiker nicht alle vollends verblödet und es gibt einigen Widerspruch gegen das vorgeschlagene Gesetz der Bayern und Niedersachsen.

So sagte der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz (interessanter Name…) der Tageszeitung „Die Welt": „Die Verbotsdebatte ist vordergründig und hilflos. Vielen Politikern fällt nach Vorfällen wie in Emsdetten einfach nichts Besseres ein"

Auch Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD) sagte, ein Verbot sei „nur scheinbar der sicherste Weg Kinder und Jugendliche zu schützen.“ Vielmehr müsse die Medienkompetenz der Heranwachsenden geschult und die Eltern eingebunden werden.

Besonders der letzte Punkt ist der wohl intelligenteste Ausspruch eines Politikers seit langer Zeit zu diesem Thema (gab es überhaupt schon mal einen Vergleichbaren von Seiten der Politik?).

Der (parteilose) Innensenator von Hamburg, Udo Nagel (sry, aber... lol, was ein Name…) und Thüringens Innenminister Karl Heinz Gasser (CDU) hingegen unterstützen dagegen wieder die Position der Bayern und Niedersachsen:

Dies [die Ausweitung des § 131] sei als Signal zu begrüßen. Allerdings seien auch die Eltern selbst gefordert, sich dafür zu interessieren, was in den Kinderzimmern läuft. Und sie müssten auch mal den Mut haben, beim Fernseher oder PC den Stecker zu ziehen. Und: „Wenn das ein gangbarer Weg ist, werden wir das prüfen.“

Laut Beckstein (CSU) sei die gegenüber Gewalt abstumpfende Wirkung der „Killerspiele“ gar nicht erst zu bestreiten und für labile Charaktere seien die Spiele sogar stimulierend (Beweise?). Zitat: „Wir können uns nicht nur einfach darüber aufregen und darüber philosophieren, dass leider die Gewalt gerade bei jungen Leuten massiv zunimmt (Anmerkung: Und warum? „Killerspiele? Bestimmt nicht…) (...) und das Einüben von Gewalt in menschenverachtenden Killerspielen dann ermöglichen.“

Öh, bitte? Es gibt einen kleinen Unterschied zwischen einer virtuellen und einer realen Waffe und es ist unmöglich über PC-Spiele den Umgang mit Waffen zu lernen. Wenn also aus diesem Grund „Killerspiele“ verboten werden sollen, dann müssten man auch gleich die Bundeswehr und Schützenvereine verbieten!!!

Dagegen steht nun wieder einmal die USK:

Die USK-Vorsitzende Christine Schulz sagte der „Netzeitung“: „Deutschland hat weltweit das strengste Jugendmedien-Schutzsystem“. Dabei verwies sie vor allem auf den Paragraphen 131, der gewaltverherrlichenden Spiele sowieso schon verbietet.

Der Kölner Medienpädagoge Wolfgang Kaminski sieht in einem solchen Gesetz sogar einen gewissen Widerspruch zur Demokratie: „Wir können in einer demokratischen Gesellschaft nicht, wenn Dinge einer Gruppe von Menschen nicht passen, alles verbieten“. Dies sagte er (erstaunlicherweise haben sie es sogar ausgestrahlt) im „ZDF-Mittagsmagazin“.

Ebenfalls äußerte er sich zu dem Vorwurf gegenüber „Counter Strike“ und zog Vergleiche zu Inhalten anderer Medien: „Counter Strike“ sei nicht mehr als "Räuber und Gendarm auf dem Bildschirm". Dass da virtuell geschossen werde „ist nicht viel anders als das, was uns "Casino Royal" und James Bond aktuell auf der Leinwand zeigen“.

Fazit:

Ich glaube oder viel mehr hoffe, dass die Bayern nicht mit seinem äußert sinnfreien Verbot durchkommt. Ein Verbot wird nichts besser machen. Doch scheinen einige Politiker Gott sei dank nicht die Meinung der Bayern und Niedersachsen zu teilen (denn was sie sagen ist auch einfach nur dämlich).

(Quellen: Kölner Stadtanzeiger, Gamestar: [1] [2])