Hollywood verwurstet wieder mal seine eigenen Klassiker höchstselbst, remaket zwei der legendärsten Filme US-amerikanischer Kino-Geschichte, vollkommen ungeachtet dessen, dass die Filme unweigerlich mit der Zeit und den Umständen, in denen sie entstanden, verknüpft sind: ja, Hollywood remaket "Ben Hur" und "Die glorreichen Sieben" - weil, wie wir in den vergangenen Jahren bereits gesehen haben, Western und Monumentalfilm-Produktionen mit Bibel-Touch die reinsten Erfolgsgaranten sind. Was schrieb ich einst in grauer Vorzeit zu Klassiker-Remakes?
Also, No. 1: "Ben Hur".
Zeit-Check: 136 Jahre nach der Publikation Lew Wallaces historischer Novelle "Ben-Hur: A Tale of the Christ", 91 Jahre nach der ersten Stummfilm-Verfilmung der Novelle von Fred Niblo, 57 Jahre nach der bis heute imposanten Monumental-Verfilmung von William Wyler, 13 Jahre nach dem Animationsfilm von Charlton Hestons Produktionsfirma Agamemnon Films und 6 Jahre nach der TV-Mini-Serie.
Produziert wird die unter anderem als "re-adaptation", "reimagining" oder "new interpretation" deklarierte Neuverfilmung von der für Bibelverfilmungen wie die "The Bible"-Miniserie, ihr Sequel "A.D. The Bible Continues" oder "Son of God" bekannte Religions- und Familien-TV-Schmiede Lightworkers Media und gibt damit bereits die Richtung des Films vor. Auf dem Regie-Stuhl nimmt niemand geringerer als Timur Bekmambetov ("Night Watch", "Wanted", "Abraham Lincoln: Vampire Hunter"), Russlands-Export-Shooting-Star, Platz, der uns mit "Wanted" zwar einen sehr schicken Actionfilm bereitet hat, aber auch solchen B-Krims-Krams wie "Abraham Lincoln: Vampire Hunter". Zumindest an die Actionszenen könnte man also passable Erwartungen richten, auf seine Version des Wagenrennens bin ich fast schon ein bisschen neugierig.
Unter den Darstellern finden sich Jack Huston ("Boardwalk Empire", "American Hustle", "Pride and Prejudice and Zombies") als Ben Hur und Toby Kebbell ("Prince of Persia: The Sands of Time", "Wrath of the Titans", "Fantastic Four") als Messala, in weiteren Rollen sind Morgan Freeman ("The Dark Knight Rises", "Transcendence", "London Has Fallen"), Nazanin Boniadi ("Homeland", "Scandal", "Shirin in Love"), Sofia Black D'Elia ("All My Children", "Skins", "Gossip Girl"), Ayelet Zurer ("Nina's Tragedies", "BeTipul", "Man of Steel") und natürlich Rodrigo Santoro ("The Last Stand", "300: Rise of an Empire", "Lost") als Jesus zu sehen. Letzterer hat für seine Rolle gar den Segen des Papstes erhalten. Ach herrje.
William Wylers "Ben Hur" war beileibe kein perfekter Film, ist im Wesentlich wegen dieser einen grandiosen, wegweisenden Action-Szene legendär, wohingegen mich der religiöse Aspekt bereits damals außerordentlich störte, aber nun mal seiner Zeit verhaftet ist. So oder so: manchen Dingen kann man nichts mehr hinzufügen, schon gar nicht, wenn sie ihrer Zeit so dermaßen hinterherhinken wie dieses Remake: die Zeit für Bibelverfilmungen oder eben solchen Historienschinken mit starkem Hang zur religiösen Verklärung sollte eigentlich schon lange, lange, lange vorbei sein, der Maß an Obskurantismus und rückschrittlicher Ideologie, die sie vermitteln, hätten wir längst hinter uns lassen müssen. Stattdessen versucht sich der Kirchenfilm seinen Platz in der Blogbuster-Filmlandschaft zurückzuerobern und das halte ich für eine sehr, sehr bedenkliche Entwicklung. Abgesehen davon, dass ich solche Remakes an sich für ein Unding halte. Wie dem auch sei: da bekannt sein dürfte, was ich von solchen orthodoxen Religions-Verfilmungen halte, spare ich mehr jedes weitere Wort.
Apropos Unding: No. 2: "Die glorreichen Sieben".
Zeit-Check: 62 Jahre nach Akira Kurosawas meisterlichem "Shichinin no Samurai", 56 Jahre nach John Sturges überlebensgroßen Edel-Western "The Magnificent Seven", 50 Jahre nach dem Sequel "Return of the Seven", 47 Jahre nach dem folgenden Sequel "Guns of the Magnificent Seven", 44 Jahre nach dem letzten Sequel "The Magnificent Seven Ride", 16 Jahre nach Ende der Serien-Adaption, und nach unzähligen Parodien, Hommages und Epigonen aus allen Herren Ländern, die auf die ein oder andere Weise die Thematik in mannigfaltigen Szenarien adaptierten.
Unter der Regie von Antoine Fuqua ("Training Day", "Shooter", "Olympus Has Fallen") schickt sich Denzel Washington ("Flight", "2 Guns", "The Equalizer") also an, Chris Pratt ("Parks and Recreation", "Guardians of the Galaxy", "Jurassic World"), Ethan Hawke ("Dead Poets Society", "Before Midnight", "Boyhood"), Vincent D'Onofrio ("Full Metal Jacket", "Law & Order: Criminal Intent", "Daredevil"), Byung-hun Lee ("The Good, the Bad, the Weird", "I Saw the Devil", "G.I. Joe: The Rise of Cobra"), Manuel Garcia-Rulfo ("Cake", "From Dusk Till Dawn: The Series", "Term Life") und Martin Sensmeier ("K'ina Kil: The Slaver's Son", "Salem", "Lilin's Brood") zu versammeln, um gegen den bösen Peter Sarsgaard ("Shattered Glass", "Kinsey", "Jarhead") und seine Bande anzutreten.
Abgesehen davon, dass ich Denzel Washington nicht unbedingt zu meinen Lieblingsdarstellern zähle, kann das Remake schon allein deswegen nicht funktionieren, weil sich hier nicht die Creme de la Creme der Western-Helden zum großen Genre-Happening einfindet, das wahrscheinlich signifikanteste Merkmal des Originals, im Grunde genommen gar nicht einfinden kann - selbstredend ein schwieriges Unterfangen, bedenkt man, dass es entsprechende Genre-Größen in unserer Zeit einfach nicht gibt, ist doch das zugrundeliegende Genre in der heutigen Kinolandschaften so gut wie ausgestorben. Wenigstens ist Fuqua ein guter Action-Regisseur und insofern betrachte ich das nicht als ebenbürtiges Remake, wie könnte ich auch, sondern als unterhaltsame Action-Variation, die eben in dem gewaltigen Schatten, den das Original wirft, untergehen muss. Das dürfte allen Beteiligten klar sein, vielleicht wollen sie es ja lieber als Hommage verstanden wissen, nur wenn man von vornerein nicht ansatzweise an die Qualitäten des Vorbilds anknüpfen kann, warum es dann überhaupt erst versuchen?
1 Kommentar:
Ben Hur braucht keine Neuauflage und die Glorreichen Sieben IST schon die Neuauflage. Wann gibt es wieder originelle Scripts?
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