Hiermit präsentiere ich wiederum die 24 Filme und 5 Serienstaffeln/-specials (ausgeschlossen Filme, die ich mich nicht im Stande sehe zu bewerten, weil ich sie z.B. nur zum Einschlafen gesehen habe und noch nicht beendete Serienstaffeln), die ich im Monat Juni gesehen habe:
Serien-Staffeln
Rick and Morty (Season 3) (2017) - (6-7,5+)
Star Trek: Discovery (Season 1.2) (2018) - (6,5-7)
The Terror (Season 1) (2018) - (6,5-7, vllt. 7,5, bin da unentschlossen)
Star Trek: Deep Space Nine (Season 2) (1993-1994) - (9,5-10)
Babylon 5: Zeichen und Wunder [Babylon 5: Signs and Portents] (Season 1) (1994) - (8-9)
Filme
Event Horizon - Am Rande des Universums [Event Horizon] (1997)
Fleißig zusammengeklauter Sci-Fi-Horror von Paul W.S. Anderson, in dem an sich nicht viel passiert, dessen Set Design hingegen einfach toll anzuschauen ist und eine gewissen atmosphärischen Sog erzeugt, was ihn nach mehr aussehen lässt und wodurch er sich nach mehr anfühlt. Liebt man oder hasst man. (6,5)
Phase IV (1974)
Saul Bass psychedelischer Tierhorror, einer der besten seines Subgenres, ein einzigartiges Duell Mensch gegen Tier, eine Konfrontation mindestens auf Augenhöhe, wenn nicht gar einseitig zu Gunsten der Ameisen, ein Aufeinandertreffen voller Symbolik, philosophischer und soziologischer Implikationen, das in einem nachgerade utopischen Finale mündet (insbesondere im leider selten anzutreffenden Original-Ende). Und die Ameisen-Aufnahmen sind schlicht unfassbar. (9)
Die 47 Samurai [元禄 忠臣蔵 Genroku Chûshingura (The 47 Ronin)] (1941/42)
Manches, was ich zu "Chūkon giretsu: Jitsuroku Chūshingura" von mir gab, lässt sich dergleichen für Mizoguchi Kenjis Verfilmung der legendären Geschichte der 47 Samurai äußern. Allerdings wo Makino Shôzôs Film ganz und gar Spektakel war, ist Mizoguchis Version regelrecht in sich gekehrt, grüblerisch. Der propagandistische Ton, das hohe Heldenlied auf die höchste Untertanentreue der Lehnsmänner gegenüber der Führung, für die sie alles opfern, zu sterben bereit sind, konterkariert und exkaviert, sogar dominiert und vergällt er durch einen zutiefst bedauernden, gleichwohl nie explizit ausgesprochenen Kommentar auf das Schicksal dieser Männer und die Verfehlungen der Regierenden ihnen gegenüber.
Seine filmische Version der Geschichte zeichnet sich primär durch das aus, was er nicht zeigt: keine strahlenden Helden, die ihre Loyalität und ihr Pflichtgefühl stolz zur Schau tragen oder durch aufrüttelnde Taten eine Stimme verleihen, keine unfehlbaren Monumente Samurai'scher Tugend und Ehrerbietung, die er uns vor Augen führt. Oftmals sind es besonnene Menschen, die zwar von der Richtigkeit ihrer Handlungen und Entschlüsse fest überzeugt sind (bis zur letzten Konsequenz), die gleichwohl lange mit ihnen hadern, sie reflektieren, diskutieren, vielfach indirekt, nicht zuletzt die folgenschweren Konsequenzen nie aus den Augen verlieren.
Die beinahe vier Stunden Film, in denen es gerade mal zwei (!) Actionszenen gibt und selbst die sind kleinformatig (der Ansturm auf das Anwesen und die Stellung des Fürsten Kira etwa werden bloß indirekt mitgeteilt), sind demnach geprägt von Gesprächen, Dialogen, zumeist in einem zurückgezogenen, privaten Rahmen, wo die Dinge zwar nicht weniger feinfühlig und Etikette und Anstand geschuldet selten offen prononciert werden, nichtsdestoweniger in einem gänzlich anderen Ton zur Sprache kommen, gänzlich differenzierteren Konnotationen Raum geben. Gleichzeitig ist das, was Mizoguchi und Kameramann Sugiyama Kôhei den Zuschauer durch das Auge der Kamera sehen lassen, so weit vom pathetischen Samurai- und Chambara-Epos entfernt, wie nur denkbar möglich. Die wirklich wunder-, wunder-, wunderbare Schwarz-Weiß-Kameraarbeit ist zugleich das, was den Film über alle Maße auszeichnet: die ungemein langen Totalen, der ausschließliche Verzicht auf Close-ups von Gesichtern einzelner Akteure oder besonderen Details, die behutsamen Kameraschwenks, die präzise Mise-en-scene, die Raum und handelnden Personen in einen akribischen Kontext setzt, zeugen nicht allein von einer peniblen Ausdruckskraft, sondern laden darüber hinaus ein, sich in der wundervollen Fotografie zu verlieren, in ihrer Länge zu verweilen, das Gezeigte genau zu betrachten, regelrecht zu studieren, stets mit einer letztgültigen emotionalen Wallung in die nächste, nicht minder staunenswerte Kadrierung zu wechseln.
Vier Stunden Angehörige der Kriegerkaste mit ritueller Halbglatze beim Parlieren, Grübeln und Diskutieren von Geschehenem und Absichten, Konsequenzen und Taten zu betrachten ist beileibe keine frohgemute Unterhaltung, geschweige denn Kurzweil. Mizoguchis umsichtiger Inszenierung ist es hingegen zu danken, dass "Genroku Chûshingura" weitaus mehr zeigen und auszudrücken im Stande ist, als es ein simplifizierendes Schlachtengemälde, das an der Tugendhaftigkeit und treuherzigen Pflichterfüllung keine Zweifel gelassen hätte (und gar nicht hätte lassen können), je gewesen wäre. (9,5)
Gamblers in Okinawa [博徒外人部隊 Bakuto gaijin butai (Sympathy for the Underdog)] (1971)
Hält sich hartnäckig in den Listen der besten Yakuza-Filme und das kommt nicht von ungefähr: zum einen kommt "Sympathy for the Underdog" einem Präludium und Übergangswerk zu Fukasakus Kinjis jitsuroku-Stil gleich, zum anderen erzählt er seine bis hier romantisierende Yakuza-Geschichte vor der unverbrauchten Kulisse Okinawas, die einigen schillernden Momenten Raum gibt, etwa der Darstellung Überbleibsel der amerikanischen Besatzung. Doch schleichen sich schon hier bittere Untertöne in das abenteuerliche, verklärte Gangsterstreben ein, die Fukasaku folgend intensivieren sollte. (7,5)
Battles Without Honor and Humanity [仁義なき戦い Jingi naki tatakai] (1973)
Der Einstieg in die legendäre Yakuzafilm-Reihe. Hiermit begründete Fukasaku Kinji die nicht allzu langlebige, dafür umso prägendere jitsuroku eiga-Welle, bereichert die handelsüblichen Yakuza-Thematik um eine semi-dokumentarischen Stilausrichtung, tendiert weg von der Romantisierung hin zum Realismus, bebildert eindrucksvoll die Nachkriegszeit in Japan, verarbeitet eigene Erfahrungen und unterlegt alles mit einem Gefühl der Unsicherheit im Hinblick auf Gegenwart und Zukunft. Inhaltlich wirkt sich das insofern aus, dass er nicht länger eine kultisch-verklärende Sichtweise auf die Yakuza und ihre Taten einnimmt, im Gegenteil der episch angelegten Geschichte, die dem Spektrum nach Francis Ford Coppolas "The Godfather" nachempfunden ist, einen zutiefst ernüchternden, vergällenden Beigeschmack verleiht: Gangster-Ehre, -Treue und Menschlichkeit liegen den Handlungen der Protagonisten längst nicht mehr zu Grunde, Verrat, Mord und Übervorteilung, stets den eigenen Vorteil im Sinn, das sind die Prinzipien, welche die verschiedenen Yakuza-Clans und ihre Mitglieder antreiben. Gerade dieser Pessimismus zeichnet die erfolgreiche Reihe aus und hebt sie aus dem weitem Feld der unzähligen Yakuza-Filme hervor. (8,5)
Graveyard of Honor [仁義の墓場 Jingi no hakaba] (1975)
Während er sich in "Battles Without Honor and Humanity" der Dekonstruktion der Yakuza-Organisation als Ganzes verschrieb, konzentriert sich Fukasaku Kinji in "Graveyard of Honor" auf die Karriere eines einzelnen Individuums der japanischen Unterwelt, das als antiautoritäre Figur durchaus rebellisches Ansehen genießt. Sein von nichts als Gewalt gesäumtes Leben schildert Fukasaku jedoch gemäß seinem jitsuroku-Stil gänzlich ohne Glamour und Heldenverehrung, im Gegenteil erweist sich Watari Tetsuyas Ishikawa Rikio in erster Linie als zerstörerisches Element für sich und seine Umgebung, voller ungebündelter Energie ohne Ziel, die schließlich in alle Richtung austeilt, sich schlussendlich gegen sich selber richten und verbrennen muss. Bitter. (7)
Rächer der Unterwelt [The Killers] (1946)
Einer der absoluten Klassiker des Film Noir, primär reizvoll durch seine verschachtelte Erzählweise und die sichere Inszenierung Robert Siodmaks, eine spannende Entdeckung des Schicksals eines tragischen Unglücksvogels, seiner fatalen Begierden und der resultierenden fatalistischen Abwärtsspirale. Kann man nicht anders sagen: exzellent! (8,5)
Hiruko - The Goblin [妖怪ハンター ヒルコ Yôkai hantâ: Hiruko (Ghost Hunter: Hiruko)] (1991)
Der fällt aus dem Rahmen. Und das meine ich in Hinsicht auf Tsukamotos Shin'yas sonstige Filmografie, die mit außergewöhnlichen und schrägen Einträgen nicht unbedingt geizt. So gesehen ist "Hiruko" beinahe Mainstream, eine relativ straighte Horror-Mär, die stellenweise an amerikanische Vorbilder gemahnt, angereichert um japanische Absurditäten, Slapstick und Splatter. Es mag der leichtverdauliche Ausreiser in Tsukamotos Œuvre sein, wenngleich er genug Kuriositäten parat hält, um das Interesse wach zu halten, abgesehen davon thematisch unleugbar reichlich Tsukamoto-typisches hergibt. Ich fühlte mich jedenfalls prächtig unterhalten. (6,5)
Stolz und Vorurteil [Pride & Prejudice] (2005)
Bisher bin ich nicht in den Genuss eines Jane Austen-Romans gekommen (Schande über mich), nichtsdestoweniger finde ich Joe Wrights Adaption richtig, richtig großartig: seine Inszenierung Hand in Hand mit Roman Osins schwelgerischen Kameraarbeit und Dario Marianellis anmutiger Musik ist purer Genuss. Neben den wunderbaren, gleitenden Kamerafahrten durch die Gesellschaften gefallen die bedeutungsvollen Blicke aus dem Hintergrund heraus, ebenso wie die kleinen, umso bedeutenderen Details. Und Keira Knightley beweist überwältigend, was für eine famose Schauspielerin sie sein kann, wenn man sie lässt: ihre Elizabeth Bennet trägt mühelos das Gros des Films, die Chemie zwischen ihr und Matthew Macfadyen knistert vor verhohlenem Verlangen. Allgemein lassen die Darsteller keine Wünsche offen, agieren durch die Bank weg hervorragend. Abstriche muss man höchsten bei den Charakterisierungen der Schwestern machen, die, in Anbetracht der begrenzten Laufzeit, nicht alle ausgiebig bedacht werden können, obgleich Wright sein Möglichstes tut, das auszugleichen. Ansonsten: wundervoll! (9)
Die Rote Wüste [Il deserto rosso] (1964)
Mit seinem ersten Farbfilm kostet Michelangelo Antonioni die gesamte Farbpalette in ihrer symbolischen Kraft genüsslich aus, reiht eindrucksvolle Bilder aneinander, fängt die Umgebung und Räume der Handlung einerseits mit überwältigender Schönheit ein, lässt sie andererseits zur Manifestation bzw. zur Anti-These der inneren Befindlichkeiten seiner Protagonistin werden, die offenkundig mit der modernen Welt, der dort vorherrschenden emotionalen Kälte und Taubheit, sowie ihrer Rolle in der Gesellschaft zu kämpfen hat, überdies beinahe allen Orts auf Unverständnis und wenig Gegenliebe stößt. Bei Antonioni alles Ausdruck der Unzulänglichkeiten modernen menschlichen Miteinanders oder doch Gegeneinanders insgesamt. Keine leichte Kost. (8,5)
Valerian - Die Stadt der tausend Planeten [Valerian and the City of a Thousand Planets] (2017)
Ich glaube, der wird mir von Mal zu Mal besser gefallen. Ich genieße Luc Bessons Odyssee durch die kreative Sci-Fi-Vielfalt Alphas viel zu sehr, um mich an etwaigen Schwächen zu stören oder daran aufhalten zu lassen. Zudem finde ich es ungemein bedauerlich, dass diesem prächtigen, bildhübschen Weltraumabenteuer kein größerer Erfolg vergönnt war, denn von dieser Welt, an dessen Oberfläche man höchstens flüchtig gekratzt hat, möchte man noch so viel mehr sehen. Also: bitte, bitte, bitte lass ein Sequel kommen! Bis dahin erfreue ich mich weiterhin an dem, was ich habe. (8,5)
Eraserhead (1977)
David Lynchs berühmt-berüchtigtes Debut, eine verstörende Kollage aus nicht enden wollenden, irremachenden Alpträumen, die weniger entschlüsselt, denn intuitiv erfasst werden wollen, in ihrer Gesamtheit eine unfassbare Wirkung erzielen, die ganz und gar von dem großen Fragezeichen lebt. Abgründig, irritierend, schockierend. Kann nicht unerwähnt bleiben: das ausnehmend dichte Sound-Design. (8,5)
Tetsuo II: Body Hammer [子鉄男II Body Hammer] (1992)
Wechsel zu Farbe und... zu so etwas wie einer Geschichte. Grundlegend führt Tsukamoto Shin'ya die Stilmittel und Thematiken des Vorgängers fort, allerdings verfeinert, fokussierter, unwesentlich weniger experimentell, sozusagen auf Kurs, trotzdem genehm chaotisch. Es bleibt eine faszinierende Meditation über die Mensch-Metall-Fusion und die Wiedergeburt durch Zerstörung. (8)
Mercenary: Absolution [Absolution] (2017)
Keoni Waxman macht in der Regel das beste aus der Zusammenarbeit mit Aikido-Speckie Steven Seagal. Die standardmäßige Reue-Geschichte spult er jedenfalls zügig ab, gönnt Seagal zahlmäßig überschaubare, dafür stets schmerzhafte Schlägereien, derweil er den Rest in den zuverlässigen Händen Byron Manns belässt... eine gute Entscheidung. (B-Action-Skala: 5)
The Phantom of Regular Size [普通サイズの怪人 Futsû saizu no kaijin] (1986)
Tsukamoto Shin'yas Exerzitium für "Tetsuo", enthält auf kleinem Raum alle wesentlichen Stilmittel und Storyelemente seines großen Durchbruchs, freilich experimentierfreudig und wahllos zusammengewirbelt. Interessant nichtsdestoweniger. (6,5)
Tetsuo: The Iron Man [鉄男 Tetsuo] (1989)
Tsukamoto Shin'yas aufsehenerregender internationaler Durchbruch und eines der Werke, die eine Renaissance des japanischen Films initiierte. Ein vor ungezügelter Energie und Experimentierfreude brodelndes Cyperpunk-Erlebnis, das eine Unzahl von Themen und Elementen, die Tsukamoto bis heute bewegen, erforscht und unkontrolliert vermengt, auf der Suche nach der rechten Ausdrucksform für die komplexen Empfindsamkeiten und innersten Triebkräfte seines Schöpfers. Ein wüster Bilderrausch, eine grenzwertige audiovisuelle Erfahrung, die erst recht mittels ihrer Unmittelbarkeit, rohen Kraft und intuitiven Diktion den Betrachter überwältigt. (9)
xXx² - The Next Level [xXx: State of the Union] (2005)
Schon der Vorgänger kam nicht über den Habitus seines MTV-Proll-Gehabes hinaus, das Sequel wirft verbleibende gelungene Wesensmerkmale endgültig über Bord: Ice Cube erweist sich als mangelhafter Ersatz für Vin Diesel, vermag den Film bei Weitem nicht vergleichsweise zu schultern, was an seiner einseitig Ghetto-Trotz-Attitüde liegen mag, die daneben keinen interessanten Charakterzug aufweist, derweil die Story lieblos zusammengeklatscht ausfällt und die Action erst gegen Ende halbwegs zufriedenstellend anzieht. Unspektakulärer Action-Langweiler. (2,5)
Hereditary - Das Vermächtnis [Hereditary] (2018)
Oh weh. Mein erster Gedanke nach dem Kinogang war: das kann unmöglich euer Ernst sein! DAS soll der beste Horrorfilm seit Jahren sein? Nachdem ich drüber geschlafen hatte, fiel mein Urteil milder aus, nichtsdestotrotz kann ich den "Hereditary" umkreisenden Hype bloß ungläubig wahrnehmen.
Klar: objektiv betrachtet macht Ari Aster formell nichts falsch, die Inszenierung entspricht der Thematik der Trauerbewältigung und der daraus resultierenden Zerstörung des familiären Zusammenhalts (u.a. aufgrund von Wahnsinn). Außerdem liefert Aster reichlich Szenen, die sich für weitläufige Interpretations-Selbstläufer regelrecht anbiedern. Mein Problem mit "Hereditary" verorte ich daher daran, dass er zwar als Drama passabel funktioniert, als Horrorfilm jedoch überhaupt nicht. Und um den ganzen "Oh, das sagst Du nur, weil es eine komplett andere Art von Horrorfilm ist, der nicht von Jump Scares lebt"-Apologeten vorzubeugen: daran liegt es nicht! Sicher: das kontemporäre Horrorkino ist furchtbar überfüllt mit Jump Scares, bedauerlicherweise insbesondere derer dilettantischer Art. Insofern begrüße ich jede frische, abwechslungsreiche Herangehensweise, die Alternativen aufbietet - freilich sollte sie auch Alternativen zu bieten wissen, insbesondere Alternativen, die funktionieren.
Konkret auf "Hereditary" bezogen: die zweite Hälfte des Films, das, was man Horror nennen mag (alles davor ist zweifelsohne furchtbar, erschütternd und niederschmetternd, seinem Wesen nach hingegen dem Drama mehr verpflichtet) funktioniert hinten und vorne nicht. Aster verfehlt sowohl den mutmaßlich ursprünglich angedachten quälenden Effekt, der das Leiden der Familie vermitteln würde, als auch den sukzessiven Abstieg in den Wahnsinn gewisser Angehöriger. Das liegt zum einen daran, dass er nie wieder die bleierne, schwer erträgliche, deprimierende Intensität der Szene erreicht, in der Toni Collette am Boden zerstört, von unerträglichem Schmerz erfüllt nur noch den Tod herbeisehnt. Was danach folgte, konnte lediglich wie eine Besserung der Stimmung anmuten, weswegen ich mich fragte, wie der Drama-Teil überhaupt mit dem Horror-Teil in Einklang gebracht werden könnte. Ich bezweifelte sehr, dass das überhaupt möglich ist und behielt Recht: Aster verlegt sich in der Folge zusehends auf eine Okkultismus-/Geisterbeschwörungs-/Satanisten-Mär (die es per se schwierig bei mir haben) plattester Art, bemüht abgedroschene Gruselideen und -Klischees, die weder ihre ordnungsgemäße Funktion erfüllen, nämlich zu gruseln, geschweige denn das Leid der Familie funktionsfähig vermitteln. Schlimmer noch: das Gegenteil ist der Fall. Das Gezeigte wirkt schlicht und ergreifend albern und lachhaft. Gleichzeitig ist das, was Aster zeigt, zu keinem Zeitpunkt wagemutig oder irritierend genug, um den Abstieg in den Wahnsinn besagter Familienmitglieder treffend zu illustrieren. Zu fad, zu abgenutzt ist das, was wir zu sehen bekommen.
Irgendwann war ich von der Chose nur noch extrem genervt, wünschte mir ärgerlich das Ende herbei oder zumindest, dass es endlich vorangeht. Ähnlich wie "VVitch" lässt das, was den Film zu Beginn packend erscheinen ließ, mehr und mehr nach, ersetzt Atmosphäre durch Hysterie und mündet in einem lachhaften Finale, das mit seiner arg, arg bemühten, halbherzigen Symbolik im Nichts aufgeht. Da ich mich in letzter Zeit mit eindringlichen Filmen wie "Tetsuo" oder "Eraserhead" beschäftigt habe, zudem wieder in den Genuss von Michelangelo Antonionis Umgang mit der Verquickung von (filmischen) Raum und Innenleben der Protagonisten gekommen bin, etwas, was Aster gänzlich verpasst, obgleich ich auf Basis von der im Endeffekt reichlich überflüssigen Sache mit den Puppenhäusern auf vergleichbares gehofft hatte, kann mich nichts an "Hereditary" hinter dem Ofen hervorlocken. Wenn es um filmisch realisierte Trauerbewältigung bzw. Besesenheit geht, haben "Don't Look Now" und sogar "The Babadook" weiterhin die Nase vorn. (4,5)
Dead Silence (2007)
Nach seinem die Torture Porn-Welle aus der Traufe hebenden Überraschungshit "Saw" wandte sich James Wan ohne Verzug dem zu, was man bloß als Vorspiel oder Fingerübung zu seinen langlebigen "Insidious"- und "Conjuring"-Reihen (inklusive Spin-offs) bezeichnen kann. Lange vor diesen vereinte er in "Dead Silence" grässliche Puppen, gruselige Grandmas und einen wohltuenden leicht altmodischen Stil, ohne in Gewalt- oder Blutorgien versinken zu müssen, selbstredend einschließlich der habituellen Jump Scares. Fand ich seinerzeit tatsächlich Gänsehaut erzeugend, heute machen sich die Abnutzungserscheinungen von Wans Art deutlich bemerkbar. (6)
Tokyo Fist [東京フィスト TOKYO FIST] (1995)
Ein Thema, das bislang bei Tsukamoto Shin'ya unterschwellig Eingang fand, bringt er hier zur vollen Entfaltung: das beengende, zermürbende, abstumpfende Großstadtdasein attackiert er via Body Horror, erzählt vordergründig von einer Dreiecksbeziehung, die hingegen für keinen der Beteiligten Erfüllung oder gar Erlösung bringen kann, infolge der urbanen emotionalen Sterilität, die sie befallen hat, sie quält und plagt. Erst die Modifikation und Überwindung des Körpers durch die verformenden Resultate des Boxens bzw. Bod Mods schenkt den Protagonisten nach und nach zerstörerischen Segen. Ein wortwörtlicher Befreiungsschlag. (8)
Der 1. Ritter [First Knight] (1995)
Für die Herren der Schöpfung gibt's Schlachtengetümmel, für die holde Damenwelt den Dreiecksliebe-Schmachtfetzen rund um Richard Gere - alles brav, bieder, einfallslos und volle Kanne 90er. Der ist ohne Widerspruch zu Recht an den Kinokassen untergegangen, zu unspektakulär, formelhaft, schlechtweg altbacken ist er ausgefallen, da helfen weder Sean Connerys Präsenz, noch Jerry Goldsmiths Musik. (4,5)
Robin Hood - König der Diebe [Robin Hood: Prince of Thieves] (1991)
Im Grunde dasselbe in Grün, doch wo "First Knight" übermäßig antiquiert wirkte, trumpfen die beiden Kevins Costner und Reynolds mit gelungenen Modernisierung auf, peppen das Abenteuer durch fesche Action, dosierten augenzwinkernden Humor, Völkerverständigungsplädoyer qua Morgan Freeman und nicht zuletzt den herrlich chargierenden Alan Rickman (R.I.P.) auf. Unterm Strich: flotte 90er-Unterhaltung. (7)
Bullet Ballet [バレット・バレエBullet Ballet] (1998)
Die konsequente Weiterentwicklung von "Tetsuo" und "Tokyo Fist", stilistisch und inhaltlich eine Fusion beider Formen in atemberaubenden schwarz-weiß, abermals eine unbeschreiblich durchdringende audiovisuelle Vermittlung des betäubenden, frustrierenden Lebens im Großstadtmoloch Tokio, von der sich die Protagonisten in einem gewalttätigen, selbstzerstörerischen Wirbel (oder Ballett) zu befreien versuchen. Zugleich wagt sich Tsukamoto Shin'ya an eine sozialkritische Komponente kraft der Betrachtung der Aktivitäten scheinbar sinnloser, zielloser Gewalt von Jugendgangs, gleichwohl stellt sich dies letzte Endes als Symptom ein und desselben Ursprungs, derselben Krankheit heraus. (9)
Der Überfall der teuflischen Bestien [Rabid] (1977)
aka "Rabid - Der brüllende Tod". Exploitation wie "Shivers" plus den David Cronenberg-typischen Body-Horror. Zugegeben: die Idee des nymphomanen Vampirs ist reizvoll, Porno-Legende Marilyn Chambers in der Rolle passend, die Eskalation der sich verbreitenden Epidemie beunruhigend schleichenden Schrittes. Leider reißt das Geschehen dahingegen nie wirklich mit, ist repetitiv und misst Spannung. Die Protagonisten sind zu blass, der Inhalt im Vergleich zu anderen Cronenberg-Werken zu straight und Genre-typisch. Dröges Frühwerk. (5,5)
24 - 7,2 (173,0)
4 Kommentare:
Event Horizon ist einer meiner Lieblings-Horrorfilme. Mir gefällt das Konzept des vom Bösen besessenen Raumschiffs, abgeholt am Ende des Universums.
Und auf ein Valerian-Sequel hoffe ich auch. Ein wunderbarer Sci-Fi-Film wie ihn Hollywood schon länger nicht mehr hinkriegt.
Meine Wertung für "Event Horizon" ist sehr hart, davon nicht täuschen lassen: ich hege eine Schwäche für den!
Bei "Valerian" sind wir absolut einer Meinung! :)
Auf die Wertung hatte ich ehrlich gesagt gar nicht geachtet, sondern nur den Text gelesen. Da kam das schon so rüber :)
Das freut mich, denn genau so wohlwollend war er auch gemeint. :)
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