Es geht weiter. Oder es fängt er richtig an. Und zwar mit den Acculmulatio, sprich den Filmen, die sich unter einem gewissen thematischen Schwerpunkt einordnen lassen. Das mache ich in der Regel nicht. Bzw. ich halte es nicht lange durch, breche es schnell ab, zuletzt derart geschehen bei "Asterix" oder Dario Argento. Der Wille war da, aber die Motivation ging flöten, nicht einmal aus einem plausiblen Grund. Nichtsdestotrotz gab es auch dieses Jahr so etwas, was man beinahe als Akkumulation bezeichnen könnte.Der sicherlich signifikanteste, auffälligste und für mich aufregendste Schwerpunkt dieses Jahr lag, wie es sich der Aufmerksamkeit unseres scharfsinnigen Imperators nicht verbergen ließ, beim Stummfilm. Jeder, der sich mit dem Medium Film ein wenig über den Horizont des normalen Zuschauers hinaus befasst, kommt nicht umhin, sich intensiv mit der Zeit des Stummfilms zu beschäftigen, dem Morgen des Films und für viele (z.B. Alfred Hitchcock) in seiner Spätphase sogar dem Höhepunkt des Films. Und es mag mich diskreditiern, dass meine Beschäftigung mit dem Stummfilm tatsächlich erst sehr spät begann. Für einen Filmfanatiker, wie ich einer bin, ein regelrechter Frevel.In meinem Fall lässt sich alles auf Sergej M. Eistensteins Meisterwerk "Panzerkreuzer Potemkin" zurückführen. Das aufkeimende Interesse, wie das anfängliche, ich möchte nicht sagen Desinteresse, jedoch eine gewisse, allgemeine Ablehnung dem Format gegenüber, an der ich erst wachsen musste, bevor ich sie tilgen konnte. Mein erster Versuch, weniger professionell engagiert als durch Neugier provoziert, über meinen eigenen mainstreamigen Schatten zu springen und mich an einem Klassiker des Stummfilms zu probieren, geschah eben mit diesem "Panzerkreuzer Potemkin", noch zur Schulzeit und leider, leider die Seriösität, die die Sichtung dieses Films bedingt, missend. In meiner Adoleszenz fand ich keinen Zugang zum Konzept des Stummfilms und brach den Film ab. Jedoch nicht ohne das Bewusstsein, und ich bin mir im klaren, dass es prätentiös glingen mag, dass mir die geistige Reife für die rechtmäßigen Würdigung des Films noch fehle und ich dem ganzen einfach etwas mehr Zeit einräumen müsse.Erst Jahre später, mit einer vorrausgehenden, zugegenbermaßen relativ oberflächlichen Beschäftigung mit Filmhistorie, wagte ich ein neuen Versuch. Und dieses mal war die geistige Reife vorhanden: nicht allein schaffte ich es den Film durchzuhalten, ungeachtet wie eingebildet und sogar einfältig das glingen mag, ich entwickelte eine regelrechte Begeisterung, für den speziellen Fall "Panzerkreuzer Potekmin", wie für den Stummfilm im allgemeinen. Denn erst mit der ernsthafteren Auseinandersetzung mit dem Medium Film, sah ich mich befähigt, die artistischen Leistungen dieser Epoche des Films gebührend zu würdigen.
- Dementsprechend gehen die Initiallorbeeren an "Panzerkreuzer Potemkin". Schließlich hat er meine (übrigens absolut nicht ideologische) Begeisterung für den Stummfilm entfacht. Woran das liegt? Mit "Panzerkreuzer Potemkin" etablierte Eistenstein die Montagtheorie und konsoldierte ihren Status innerhalb des allgemeinen Verständnisses einer Filmkunst. Ob veraltet oder nicht: auch heute noch ist er ein beeindruckender Meilenstein, beindruckend montiert und kraftvoll isnzeniert, ungeachtet der politischen Attitüde und alles andere als obsolet.
- Mit welchem Sender ließe sich das Thema "Stummfilm" besser fortsetzen als mit ARTE: nicht minder eindrucksvoll eroberte Ernst Lubitschs frühes Monumentalepos "Das Weib des Pharao" mein Herz im Sturm, mit seiner epischen, jedoch archetypischen Geschichte, der (für die Zeit) gigantischen Ausstattung und Kulissen, sowie den beeindruckenden Massenszenen. Obwohl nicht vollständig erhalten, entfaltet der Film eine immense emotionale Kraft, die wundervollen Bilder fesseln von Anfang an und das affektive Drama, die unglückliche Liebschaft und die tragische Figur Emil Jannings, bilden die Bühne für ein großes Filmerlebnis.
- Wie käme eine Stummfilmretrospektive ohne Fritz Lang aus. Und wie dann ohne "Metropolis": ein avantgarder Rausch von Bildern und moderner Inszenierung, eine beachtliche Inspirationsquelle für Filmemacher bis in die heutige Zeit. Visuell ein wegweisender, den Zuschauer plättener Film, dem allein seine Geschichte oder viel mehr die Moral, die Fritz Lang höchselbst als zu naiv empfand, zur Last gelegt werden kann. Das ändert nichts an seinem Stellenwert und seiner filmhistorischen Bedeutung, und auch wenn er nicht mein persönlicher Favorit des Regisseurs ist, kann ich nicht umhin den Film in seiner Gesamtheit aufs höchste zu bewundern.
- Mein persönlicher Favorit von Fritz Lang ist indessen sein monumentaler Zweiteiler "Die Nibelungen". Ein in jeder Hinsicht episches, großes, fantastsiches Meisterwerk, von der Umsetzung der Sage bis zur Inszenierung. Inbesondere die Musik ist ein Genuss. Während der erste Teil sich auf die Heldentaten und den Aufstieg Siegfrieds, sprich dem fantastischen Teil der Sage, beschäftigt und mit seinem Tod endet, schlägt der zweite einen bedeutend martialischeren Ton an, ein blutiges Schlachtengemälde und Heldenlied auf Treue und Ehre der großen Helden.
- Kurios, dennoch sicherlich eine Erwähnung wert ist "Die Außergewöhnlichen Abenteuer des Saturnino Farandola", ein überraschend actionlastiger Abenetuerfilm, exotisch und bunt. Ein spaßige, episodenhafte Angelegenheit. Für seine Verhältnisse regelrecht bemerkenswert, dennoch tendenziell eher kurios als gut.
- Das Zeichen des Umbruchs: "Der Jazzsänger". Der erste große komerzielle Tonfilm. Mit niemand geringern als dem arrivierten Sänger und Entertainer Al Jolson fand der Tonfilm seinen ersten großen Auftritt. Die archetypische Geschichte, und welches Thema könnte geeigneter sein, eines jüdischen Jungens, der aufgrund seines Gesangtalents im Showbiz einen rapiden Aufstieg feiert, dabei aber stets zwischen Tradition und Selbstverwirklichung, Familie und Erfolg steht, und die legendären ersten, ikonischen Worte "Wait a minute, wait a minute! You ain't heard nothin' yet! Do you wanna hear 'Toot-toot-tootsie?" gebahr, bedeutete den Beginn einer neuen Ära des Films. Die urklassischen Themen, Vater-Sohn-Konflikt, Familie und Weg zum Glück, finden in diesem frühen Film eine wunderbare, rührende Umsetzung.
Wie stieß ich auf Blaxploitationfilme, dieses putzige kleine Nischengenre. Abseits von "Shaft" ist mein diesartig gerichtetes Interesse durch Scott Sanders Parodie-Hommage "Black Dynamite" geweckt worden, einer wahnwitzigen Actionkomödie, eine treffende Liebeserklärung, die seine geistigen Vorbilder formidabel einfängt, insbesondere seinen Quell der Inspiration, "Black Belt Jones", einer nicht minder unterhaltsamen funky Action-Komödie mit Jim Kelly. Das Resultat war die Erweiterung meiner DVD-Sammlung, ob des verhältnismäßig geringen preislichen Arguments, gewiss nicht zuletzt wegen der Qualität der Filme an sich, von DVDs mit blaxploitatischen Inhalt.
Allerdings darf ich mir im Grunde keine Wertung erlauben, denn letzten Endes beschränkt sich meine Erfahrung mit dem Genre auf "Shaft" (an den ich kaum noch Erinnerung habe), "Black Dynamite", "Black Belt Jones", sowie letzteren Quasi-Sequels "Hot Potato". Und bis auf den letztgenannten, bei dem sich stets der Eindruck nicht verhindern ließ, der Beteiligten Absicht bestände bloß in einem bezahlten Urlaub, hatte ich großen Spaß mit den Filmen und selbst "Hot Potato" hat einen gewissen, sehr geringen Unterhaltungswert. Da sich mein Interesse in dieser Hinsicht allerdings schnell erschöpft hat, sind mir die schrecklichsten Vertreter dieses Subgenres bisher entkommen und bedürfen dringend (?) nachgeholt zu werden. Das wäre dann wohl etwas für die Zukunft.
Pedro Almodóvar ist ein wunderbarer Regisseur, ungeachtet der Tatsache, dass ich schwer Zugang zu seinen Werken allgemein finde oder wie man sie auslegt. Seine doppelbödige, erlesene Inszenierung seiner Lieblingsthemen Film-Noir, Liebe (grene zwischen Männern), Leidenschaft und den damit verbundenen Schmerz schätze ich dennoch sehr, ob er in "La Mala Educación" einfach mal die Geschlechterrolle der "Femme Fatal" invertiert (was in heute Tage sogar legitimiert erscheint) oder in "Zerrissene Umarmungen" vielfältig mit den oben genannten Themen (minus Homosexualität) spielt. Hingegen konnte ich seinem Frühwerk "Das Gesetzt der Begierde" wenig abgewinnen, vielleicht weil mich die Geschichte nicht gefesselt hat, vielleicht weil mich die Charaktere zu geringfügig interessiert haben, er hat einfach bei mir keine Wirkung gehabt. Und doch bin gespannt auf weitere Film des Spaniers, "Hable con ella", "Àtame!" und natürlich "The Skin I Live In" stehen als nächster auf meiner Liste.Zum Schluss eröffne ich eine allgemeine Liste, bei der jeder eingeladen ist, seinen Teil dazu beizutragen. Eine Liste unter dem Titel: Anti-Weihnachtsfilme! Vermutlich liegt es daran, dass mein kümmerliches zynisches Unter-Ich einen Gegenpol zum Friede-Freude-Eierkuchen-Gestus der Weihnachtszeit benötigt, um sich mal so richtig gut zu fühlen. Weswegen ich beschlossen, sogar damit begonnen habe, eine Liste mit möglichen Anti-Weihnachtsklassikern anzulegen, die unsereins zur passenden Zeit aus der Kiste graben und genießen kann.
Also: ihr seid auf's herzlichste eingeladen, diese Liste feucht-fröhlich zu erweitern! Ich bitte Ideen!
Bisher konstiuierten folgende Filme die Liste:
- "Gremlins". Der absolute Anti-Weihnachtsklassiker. Mit soviel Ideenreichtum und Fantasie kann eine Zerstörungsorige vom Zaun gebrochen werden und die liebenswerten, titelgebenden Chaoten versprühen bei ihrem Amoklauf einen unwiederstehlichen Charme. Die Gremlins gehören zu jeder weihnachtlichen Zeit dazu.
- "Bad Santa". Derart widerliche und doch irgendwie smypathische Figuren, insbesondere der saufende und übel pöbelnde Billy Bob Thornton, können den Unterhaltungswert eines Films ausmachen? Nun, nicht gänzlich. Aber es genügt für spaßige 90 Minuten.
- "Santa's Slay". Bill Goldberg, der andere böse Weihnachtsmann, malträtiert die Menschen in seiner Umgebung nicht minder, wenn auch deutlich physischer, leider läuft der Film dennoch nie zur Höchstform auf und funktioniert vermutlich nur zu Weihnachten, bereitet dann aber kurzweiligen Spaß.
- "Stirb Langsam". DER Weihnachts-Actionfilm-Klassiker. Ein Actionfilm-Meiterwerk. Und ebenfalls ein Film, den die Weihnachtszeit nicht missen darf. Sogar das Sequel erfüllt seinen Zweck dasbettreffend einigermaßen und wo wir gerade bei Renny Harlin sind:
- "Tödliche Weihnachten". Der andere Weihnachts-Actionfilm, dem der deutsche Titel die weihnachtliche Relevanz praktisch aufzwängt, ein ganz und gar alberner Film mit "History Of Violence"-ähnlicher Geschichte, der sich inzwischen trotzalledem als weihnachtlicher Dauerbrenner gemausert hat.
- "Black Christmas". Auch Weihnachtshorrorfilme komme nicht ohne ein Remake aus und in diesem Falle hätte das Ergebnis schlimmer ausfallen können. Was wir hier haben ist simpel ein unterhaltsamer Weihnachtsslasher, der sich hervorragend dazu eignet, es sich vor dem Kamin mit dem Film gemütlich zu machen. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.
- "Stille Nacht, Horror Nacht". "Strafe!". *Prust* Ist man nach der effektiven Einleitung über die irgendwie differenzierte, dennoch unaufgeregte erste Hälfte des Films hinweg, landet der Film rapide im Bereich der unfreiwilligen Komik - und das macht im Sinne der 80er einen Heidenspaß! "Bestrafung!"
- "Rare Exports". Filme aus Skandinavien sind dies in letzter Zeit wahrhaft nicht, bloß bleiben unsere nördlichen Nachbarn in diesem Film weit hinter ihren Möglichkeiten zurück und trotzen der von Grund auf unheimlichen Stimmung mit fehlendem Grusel.
- "Saint". Kein Guter Film, leider wirklich nicht. An Weihnachten verfehlt er seine kurzweilige Wirkung vermutlich nicht, im richtigen Publikum genossen, qualitativ ist das dennoch sehr enttäuschend für Dick Maas.
2 Kommentare:
Ich habe lange gebraucht, um Metropolis endlich zu gucken, fand ihn dann aber super. Sollte man gesehen haben.
Die Vorstellung, wie ein Kinogänger 1927 komplett blown away gewesen sein muss wenn die Stadt gezeigt wird, ist genauso super.
Gewiss. Wenn sie ihn denn mal komplett zu sehen bekamen. ;-)
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