Freitag, April 10, 2020

Kurzreviews Dezember/2019

Wieder einmal eine unverschämt lange Pause zwischen den Review-Listen, die letzte veröffentlichte ich schließlich im November. Keineswegs war es so, dass es nichts zu gucken gegeben hätte, ganz im Gegenteil! Die Februar-Liste ist gerappelt übervoll mit Sichtungen und da ich mit der hiermit veröffentlichten Dezember-Liste bereits alle Hände voll zu tun hatte, mag es einige Zeit in Anspruch nehmen, bevor ich meinen (mehr oder weniger... Betonung auf weniger...) etablierten Veröffentlichungs-Rhythmus wieder einzuholen vermag. Aber ich versuche mein möglichstes.

Wie dem auch sei: hiermit präsentiere ich wiederum die 25 Filme, 3 Kurzfilme und 2 Serienstaffeln/-specials (ausgeschlossen Filme, die ich mich nicht im Stande sehe zu bewerten, weil ich sie z.B. nur zum Einschlafen gesehen habe und noch nicht beendete Serienstaffeln), die ich bisher im Monat Dezember gesehen habe:


Serien-Staffeln
Das Büro [The Office(Season 3) (2006-2007) - (7-8)
Das Büro [The Office(Season 4) (2007-2008) - (7-7,5)

Kurz-Filme
Spawn: The Recall (2014) - (7)
Wallace & Gromit - Die Techno-Hose [Wallace & Gromit: The Wrong Trousers(1993) - (8,5)
Wallace & Gromit unter Schafen [Wallace & Gromit: A Close Shave(1995) - (8)
Wallace & Gromit - Auf Leben und Brot [Wallace and Gromit in 'A Matter of Loaf and Death'(2008) - (8,5)

Filme
Töte alle und kehr allein zurück [Ammazzali tutti e torna solo)] (1968)
Enzo G. Castellaris Action-betonter Italo-Western verfügt über sattsam Schießereien und Schlägereien auf Kosten der holzschnittartigen Charaktere, gebietet mit Frank Wolff über einen einprägsamen Bösewicht und geht zügig zu Werke. Randnotiz: nimmt nebenbei die Söldner-Film-Welle vorweg. (6)

Der Idiot [白痴 Hakuchi (The Idiot)] (1951)
Kurosawa Akira adaptiert Dostojewski, was vor dem Hintergrund seiner seit Kindestagen gehegten und lebenslang gehaltenen Verehrung für den Autor, welcher einen entscheidenden inspirativen und motivischen Einfluss auf das Schaffen des Regisseurs ausübte, bloß eine Frage der Zeit war. Im Resultat stellt sich "Hakuchi" als ein ambitioniertes, zugleich erwartbar sperriges Wagnis heraus, ein Clash of Cultures und Clash of Authors, das stets delikate Aufeinandertreffen eines Verehrers und seinem Idol. Kurosawas kritischen Abstand missende Ehrfurcht vor, womöglich seine Identifikation mit Dostojewski oder sogar die nicht minder unterstellte Sorge, seinem im Geiste gleichgesinnten Vorbild zu genügen, schlägt sich in einer ungewohnt markanten Werktreue nieder, hinter der er seinen eigenen ausgeprägten inszenatorischen Stil frappant zurückstellt. Mangelnde künstlerische Distanz zur Quelle scheint es zu Lasten zu legen zu sein, dass die Transponierung des Schauplatzes in das verschneite, an das winterliche Russland gemahnende Hokkaido bestenfalls einem kosmetischen Trick gleichkommt, eine kulturelle Übertragung kaum stattfindet, "Hakuchi" strukturell ausgesprochen "literarisch" dünkt, ausufernde Dialoge, Monologe in begrenzten Räumen vorherrschend sind und das Gros der Handlung, obendrein Gemüt und Verfassung, Dilemma und Schicksalsschläge seiner Protagonisten in Worten und weniger in Bildern ausdrücken.
Dass die Verantwortlichen bei Shochiku aufgrund mangelnden Vertrauens in das riskante Projekt großzügig die Schere ansetzten und aus dem viereinhalb Stunden Epos einen mit annähernd drei Stunden immer noch üppig bemessenen Torso fertigten, erwies dem Projekt einen hinzukommenden Bärendienst. Das tut der Intensität des Dramas gleichwohl keinen Abbruch, das, wenn schon nicht infolge von Kurosawas Inszenierung, zumindest dank der sensationellen Schauspielleistungen in seinen Bann zieht: Mori Masayuki, Kuga Yoshiko und Mifune Toshirō liefern in ihren zentralen Rollen beachtliche Leistungen ab, über allen thront indes einmal mehr Hara Setsuko, deren überragendes, durchdringendes Spiel ein wahres Erlebnis darstellt. Eine problematische Literaturverfilmung, nichtsdestominder beeindruckend, fesselnd, Beachtung verdienend. (7,5)

Wrong Turn 3: Left for Dead (2009)
Aus Jux und Tollerei in chaotischer Reihenfolge... ist das von Bedeutung? Nö. Ist das Teil allerdings ebenso wenig, dafür reich an rundweg unsympathischen Charakteren, die blutig, wenn auch nachlässig animiert hingeschlachtet werden. (5)

Einmal wirklich leben [生きる Ikiru (To Live)] (1952)
Der zweigeteilte Höhepunkt in Kurosawa Akiras Nachkriegsschaffen zum Ersten. "Ikiru" stellt die Kulmination der anspruchsvollen humanistischen Linie in seinem Œuvre dar, die Vollendung seines Drama-Korpus, das sich den Menschen und das menschliche Wesen zum Thema nimmt, es speziell im Kontext des nachkriegszeitlichen Japans eingehend und eindringlich einer Untersuchung unterzieht, sich ferner kritisch mit der betreffenden Gesellschaft und Reibungen zwischen den Generationen auseinandersetzt. Der in kafkaesken Bedingungen arbeitenden Verwaltungsbeamten Watanabe Kanji siecht gleich einem lebenden Toten auf seinem Posten gleichermaßen stupide wie unproduktiv vor sich hin (weswegen ihm seine lebhafte jugendliche Berufskollegin den unschmeichelhaften Spitznamen "die Mumie" verleiht), ist einer abgestumpften alltäglichen Routine und erkalteten Beziehung zu seinem Sprössling erlegen, bis Magenkrebs sein baldiges Ende ankündet und ihn die ihn umgebene Lethargie durchbrechen, den Entschluss fassen lässt, einmal wirklich zu leben (in diesem Fall eine treffende Wiedergabe des Inhalts in der Übersetzung des Titels) und seinem Leben allerwenigstens im Angesicht des Todes einen seine Existenz überdauernden Sinn zu geben. In seiner Geschichte fließen alle etablierte Kernelemente Kurosawas zusammen und fügen sich zu einem formvollendeten Ganzen. Abermals inspiriert von russischer Literatur, Tolstoi in diesem Falle, und angeregt von Gedanken an den eigenen Tod, vereint er das eindrückliche, skeptische Bild der Nachkriegsgesellschaft Japans, die klagende Feststellung auseinandertreibender Kriegs- und Nachkriegs-Generationen und ihrer Wertvorstellungen, nicht zuletzt eine ätzende Abrechnung mit einem schwerfälligen, ineffizienten, sich selbst genügenden Bürokraten-Apparat, der, bestehend aus karrierefixierten Emporkömmlingen und duckmäuserischen Ja-Sagern, zu keiner Leistung, seinen Aufgaben und den Menschen, denen er ursprünglich dienen sollte, Genüge zu leisten nicht im Stande ist. Für Kurosawa überdies eine symptomatische Inkarnation eines allgemein wuchernden Übels im Zeitgeist des japanischen Wirtschaftsaufschwungs: das Versagen oder genauer gesagt die aus niederen Beweggründen bewusst in Kauf genommene Verdrängung von Ethik, Moral und Menschlichkeit, namentlich eine Kritik am von falschen Ambition angetriebenen, verlogenen Karrieristen und Materialisten, eine Kritik, die Kurosawa und seine Drehbuchautoren Hashimoto Shinobu und Oguni Hideo mithilfe des brillanten Bruchs zur Filmmitte prägnant akzentuieren, ein Kniff, der ein bereits herausragendes Drama zur wahren Größe reifen lässt. Humanistisches Anliegen, Familien-Drama und Gesellschaftskritik in Form einer bitteren Reflexion und schneidenden Vorhaltung legt der Regisseur demzufolge seinem intimen, sensiblen und zutiefst zu Herzen gehenden Portrait eines sterbenden Menschen zugrunde, dass er meisterlich inszeniert und dabei alle Register seines Könnens zieht. Fürwahr eine Meisterleistung. (10)

Die Sieben Samurai [七人の侍 Shichinin no Samurai (Seven Samurai)] (1954)
Der zweigeteilte Höhepunkt in Kurosawa Akiras Nachkriegsschaffen zum Zweiten. Wenn "Ikiru" den moralisch-didaktischen Zweig in seinem kreativen Output verkörpert, darf man "Shichinin no Samurai" rechtmäßig den fulminanten Höhepunkt seines Unterhaltungskinos nennen (auf das sich der Mann ebenso meisterhaft verstand, unterdies nie nötig gehabt hätte, auf Tiefsinnigkeit zu verzichten). Peinlich berührtes Geständnis: obwohl ich von klein auf vielgestaltig Kurosawas Einfluss, "Shichinin no Samurai", dieses Emblem des Meisterregisseur-Kinos, insbesondere, auf das cineastische Universum zu spüren bekam, nicht zu vergessen dank mancher seiner anderen Schaustücke, bin ich bis zu diesem Tage nicht in den vollumfänglichen Genuss des vermutlich namhaftesten Vertreters seines Schaffens im Samurai-Genre gekommen. Ich habe ihn mal begonnen, jedoch aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen frühzeitig beendet. Das sei hiermit nachgeholt und diese gravierende Lücke endlich geschlossen.
Und was soll ich sagen? Ecce: das von allen Seiten als epochemachendes Meisterstück besungene Jidai-geki-Epos, das Erzeugnis, das dem Regisseur sein Cognomen des Tennō einbrachte, hält in jeder Hinsicht ein, was sein imposanter Ruf verspricht: die reichhaltigen 200 Minuten Filmlänge breiten Kurosawa eine umfängliche Spielwiese aus, auf der er sich fröhlich austoben darf. Dementsprechend detailliert widmet er sich jedem Aspekt: den Charakteren, der Inszenierung, der Geschichte - die übrigens unerwarteterweise kleinformatig, in sich gekehrt ausfällt, schließlich bestreiten die eponymen Samurai nicht auf verlorenem Posten ein glorreiches letztes, epochales Gefecht gegen einen übermächtigen Gegner, das ihren gottgleichen Status des unantastbaren, niemals irrenden Heroen untermalen und herausstellen würde, sondern verteidigen "nur" ein politisch betrachtet unbedeutendes Bauerndorf gegen eine Horde räuberischer Banditen (was bei Kurosawa letzten Endes auf einen vergleichbaren Erlösungsgedanken hinauslaufen mag), demonstriert daneben hinlänglich menschlichen Makel. Den Raum, der dem Regisseur zur Charakterisierung zur Verfügung steht, setzt er wohlbedacht ein, um seine sieben unterschiedlichen Helden weitaus differenzierter zu zeichnen. Einige fraglos mehr als andere, diesem und jenen eine hervorstechende Position innerhalb der Ränge der tapferen Recken einnehmen zu lassen war unvermeidlich, dennoch erweisen sie sich allesamt auf ihre Art und Weise markant und nicht immer augenfällig heroisch. Ihre Beziehung zu den Dorfbewohnern legt des Weiteren die problematischen hierarchischen Denkmuster Japans offen, die Kurosawa qua Mifune Toshirōs Wanderer zwischen den Welten weiters unterminiert und hinterfragt. Inszenatorisch müssen selbstredend die Actionszenen ins Auge fallen, bei denen Kurosawas zum ersten Mal Teleobjekte und mehrere Kameras zum Einsatz brachte, um die Scharmützel effektiv aus verschiedenen Perspektiven einfangen zu können, was ihm ermöglichte, ein bis dato ungeahntes Immersionsgefühl zu evozieren.
Es zieht einige Zeit ins Land, bis es zur ersten Auseinandersetzung mit den Widersachern kommt, eine Zeit des Kennenlernens, der Vorbereitungen, des Wartens und des Miteinanders, bei dem es gilt Autoritäten klarzustellen und zarte Bande zu knüpfen, unter den Samurai einerseits, zu den Dorfbewohnern andererseits. Schon vor der ersten blutigen Schlacht herrscht somit eine ungeheure Dynamik unter den Charakteren vor, die spätestens in den gewaltsamen Konfrontationen, vor allem wenn es ans Sterben geht, zusätzlich an Dramatik gewinnt. Und am Ende bekundet Kurosawa gar unbeschönigten Zweifel, ob und was die Samurai unter Einsatz ihres Lebens gewonnen haben, wozu oder wem das Töten und Sterben und die vermeintliche Heldentat letztlich nützte. (10)

Ein Leben in Angst [生きものの記録 Ikimono no kiroku (I Live in Fear aka Record of a Living Being aka What the Birds Knew)] (1955)
aka "Bilanz eines Lebens". Im Anschluss an sein bravuröses Samurai-Epos kehrt Kurosawa Akira zur modernen japanischen Gesellschaft zurück und berichtet vom Leben einer Familie im Angesicht des kalten Krieges und der damit einhergehenden atomaren Bedrohung, der sich Japan, immerhin Verbündeter der USA, in brenzliger Nachbarschaft zu Russland höchlichst ausgesetzt sieht. Was Kurosawa nun im Speziellen beschäftigt, ist die eigene Fassungslosigkeit darüber, wie es menschenmöglich sein kann, sich mit einer solche Situation beinahe fatalistisch zu arrangieren, sie nachgerade leichtsinnig als gegeben hinzunehmen und ein alltägliches Leben fortzuführen. Das führt ihn wie von selbst zur beim ihm häufig anzutreffenden inneren Zerrissenheit, welche besagte Großfamilie plus Mätressen mitsamt unehelichen Kindern zu zerstören droht, eine Zerrissenheit, die er nicht zum ersten Mal als Symptom der Zerrüttung einer modernen japanischen Gesellschaft diagnostiziert, die zusehends humanistische und familiäre Werte zu Gunsten von Materialismus und Karrieredenken aus den Augen zu verlieren droht. Der aus dieser Haltung zu befürchtenden Versuchung einer polemischen Strafpredigt erliegt Kurosawa dankbarerweise nicht (im Gegensatz zu "Shūbun"), ihm liegt die menschliche Tragik am Herzen, die sozio-politischen Verwicklungen erst in zweiter Linie. Aus diesem Grund scheint ihm auch daran gelegen, möglichst allen Akteuren gerecht zu werden, ihrer Lage, ihren konträren Positionen das nötige Maß an Verständnis entgegenzubringen, zumal die drohende nukleare Katastrophe allzeit ein Abstraktum bleibt, die Beteiligten niemals einer konkreten, fassbaren Gefahr gegenüberstehen, wodurch ein unmissverständlich richtiger oder falscher Weg niemals ersichtlich wird, es Schwierigkeiten bereitet, sich bei aller Aufrichtigkeit und guter Absicht vorbehaltlos der einen oder der anderen Position anzuschließen, was ein beachtliches Gefühl der Unsicherheit und der Unabwägbarkeiten erzeugt.
Zu erwähnen seien nebendem die unbestritten starken Darsteller, allen voran der nicht wiederzuerkennende Mifune Toshirō verblüfft in der für ihn untypischen Hauptrolle des alternden Patriarchen und Fabrikbesitzers, der sich um augenscheinlich jeden seiner Liebsten bis zum letzten selbstlos zu sorgen scheint und zu den größten, entsagungsvollen Opfern bereit ist, sowie der Tod von Kurosawas Stammkomponisten Hayasaka Fumio, weswegen sein Schüler Masaru Satō den Score für "Ikimono no kiroku" fertigstellen musste und fortan seinen Posten einnahm. (7,5)

Das süße Leben [La dolce vita(1960)
Federico Fellinis legendäre, episodenhafte Chronique scandaleuse, Marcello Mastroiannis vielbeschworener Streifzug durch Welt der Reichen und Schönen - eine gnadenlose Abrechnung mit der Hautevolee Roms? Ganz so einfach macht es Fellini einem da nicht. In Wahrheit muss sich ein Jeder, der in "La Dolce Vita" eine einseitige Kritik an der Banalität der High Society zu erkennen meint, selbst den Vorwurf einer entlarvenden, möglicherweise ideologisch aufgeladenen, voreingenommenen Oberflächlichkeit oder Projektion gefallen lassen. Bestimmt entbehrt Fellinis schwer fassbares Gebilde weder einer scharfsinnigen, kritischen Sichtweise auf die High Society, auf ihre Illusionen, Verlockungen und Verheißungen, noch eines dekuvrierenden Blickes hinter all die verzweifelten Maskeraden und das glamouröse, blendende Aufspielen, welcher die unter all dem Glanz brodelnde Verzweiflung offenlegt. Bei alledem muss man nichtsdestoweniger einsehen, dass er der abgebildeten Welt, zu der er sich im Endeffekt zugehörig erachtete, eine in gleichem Maße faszinierte, manchmal vielleicht ein Gran weit traurig anmutende Zuneigung entgegenbringt. "La dolce vita" ist keine beißende Satire im engeren Sinne, doch er handelt zweifelsohne von Menschen, mehr noch: von ihrem unerfüllt bleibenden Sehnen nach Sinn, nach Erfüllung, nach Liebe. Dass dieses Sehnen bisweilen arg merkwürdige Formen und Auswüchse annimmt, liegt nun mal in der Natur des Menschen. Daher preist Fellini in gleicher Weise, was er nicht ernstlich verdammt. (9)

Wrong Turn 4: Bloody Beginnings (2011)
Stumpfsinniger Schrott, der sich als Prequel tarnt, nullkommajosef aus seinem Setting zu machen weiß, neben alldem komplett hirnverbrannt dämlich endet. (2)

Wrong Turn 2: Dead End (2007)
Den wiederum fand ich ordentlich, ein brauchbares, unterhaltsames Sequel, das den Vorgänger verwertbar weiterspinnt, fleißig die Sex- und Gore-Keule schwingt und sein Figureninventar emsig dezimiert, bevor sich die Handvoll Überlebenden amüsant zur Wehr setzen dürfen. (6,5)

Das Schloß im Spinnwebwald [蜘蛛巣城 Kumonosu-jō (Throne of Blood)] (1957)
Für seine Macbeth-Bearbeitung greift Kurosawa Akira verstärkt und nachdrücklich auf Noh-Elemente zurück, reduziert den Shakespeare-Klassiker dergestalt auf seinen elementaren Kern, befreit ihn von schmückendem mystischen Ballast und Nebenfiguren, konzentriert sich ohne ausgiebigere Schwänke, dafür hochstilisiert auf Mifune Toshirōs Washizu Taketoki (Macbeth) und Yamada Isuzus Washizu Asaji (Lady Macbeth) und ihren stufenweisen Abstieg in den Wahnsinn und die Verdammnis. Eine im höchstem Maße stimmungsvolle Adaption, die gekonnt die Essenz der Vorlage freilegt. (7,5)

Wallace & Gromit: Auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen [The Curse of the Were-Rabbit(2005)
Eine liebevolle Spielfilmversion aus dem Hause Aardman, die Charme, Witz und Herz der Kurzfilme nahtlos auf die große Leinwand transportiert, ein den Erwartungen entsprechendes temporeiches, fantastisch animiertes Außenseiter-Abenteuer voller subtiler Anspielungen vorlegt. (7,5)

Macbeth [The Tragedy of Macbeth(1971)
Roman Polanskis (vom Playboy (!) finanzierte) Bearbeitung des Shakespeare-Materials suhlt sich voll und ganz im Dreck und Blut einer düsteren, authentischen Mittelalter-Welt, nimmt sich hierneben keinen Deut zurück bei der Bebilderung von Gewalt und Grausamkeiten. Assoziationen zu den Sharon Tate-Morden drängen sich unwillkürlich auf, überhaupt üben die gnadenlose, mitleidlose Grundstimmung, die skrupellosen, kaltblütigen Charaktere gleichauf eine beträchtliche auf das Gemüt drückende Dominanz aus und schaffen eine Umgebung schonungsloser seelischer und physischer Brutalität. "The Tragedy of Macbeth" ist im Endeffekt eine passioniert trostlose Angelegenheit und eine der besten Umsetzungen des Stückes auf Film. (8)

Macbeth (1948)
Rekonstruierte Langfassung. Kommen wir zum Nächstbesten, was man mit dem Stoff anstellen konnte: typisch Orson Welles gibt er der Form Vorrang gegenüber dem Inhalt und mein lieber Schwan, diese Form hat es in sich! Die unbeschreiblich präzis choreografierte, ästhetisch formvollendete Kameraarbeit transformiert das Theaterstück in einen deliriösen Film noir, surreal verzerrt, perspektivisch anamorphotisch, ein Shakespeare-Noir in einem Fiebertraum. Wegen der Gestaltungsmittel eine ungemein fesselnde, unvergleichliche Adaption, ein Erlebnis, ein Geniestreich! (9)

Flashdance (1983)
Oh weh. Natürlich kannte ich das (überhaupt nicht sexualisierte...) "Maniac"-Musikvideo, das es nicht versäumte, sein blutjunges weibliches Objekt der Begierde in jeder formschönen Positur, aus jedem erdenklichen, anlassigen Blickwinkel abzulichten, wohlweislich darum bemüht, ungeachtet aller Tendenzen nicht in den Bereich der offensichtlicher Pornografie abzurutschen, der grobe Inhalt war mir bekannt, über das 80er-Jahre-Gepräge war ich mir im Vorfeld im Klaren... und trotz dieses Vorwissens konnte ich nicht ahnen, dass diese genannten Punkte bereits das Maximum dessen ausmachen, womit sich "Flashdance" auszeichnet. Hübsche junge Frauen tanzen spärlich bekleidet am Rande des Striptease (oft genug überschreiten die Tanzszenen bedenkenlos diese Grenze) in slickem 80er-Gewand zum Gefallen alter Säcke, träumen nebenher vom großen Durchbruch und... mehr ist nicht. "Flashdance" mutet bedenklich und nicht zu beschönigend lüstern triebhaft an in seiner unverhohlenen Fleischbeschau und Eindimensionalität, erklärt zu allem Überfluss einen fast doppelt so alten Lüstling mit Stalker-Attitüde allen Ernstes zum idealen Liebhaber der 19-jährigen Jennifer Beals, dem sie sich bereitwillig hingibt, eine Liaison, die ihr darüber hinaus Connections verschafft - ein Schelm, wer hier böses denkt. Was bleibt sind die ansehnliche Optik und... zugegeben: Jennifer Beals beziehungsweise Marine Jahans (oder gar Crazy Legs?) körperbetonte Räkelübungen SIND hübsch anzuschauen, keine Frage. (3,5)

Footloose (1984)
Holt merklich mehr aus seinem Sujet heraus, präsentiert sich als Generations- und Weltanschauungs-Konflikt primär zwischen Kevin Bacon und John Lithgows nicht vollständig verbohrtem Reverend, ein Spiegel einer Umbruchzeit, des begreiflichen Aufbegehrens und verständlichen Wunsches nach freier Entfaltung von jungen Erwachsenen gegenüber einem bornierten, spießbürgerlichen Establishment, was gleichermaßen in den 80ern, wie in den 50ern seinen Platz hätte finden können. Herbert Ross versucht das derart breit auszuspielen, aus dermaßen vielen verschiedenen Winkeln zu betrachten, dass "Footloose" zwischen all den angeschnittenen Komplexen an allen Ecken ein eine Idee zu kurz kommt. Entgegen den Erwartungen wird das Tanzbein zudem vergleichsweise selten geschwungen, ein vor zorniger, trotziger Energie nur so strotzendes Highlight à la Kevin Bacons Vorstellung in der Lagerhalle ist eine rares Glanzlicht in einem Werk, das nicht hundertprozentig wagt, auf pure visuelle kinetische Ausdruckskraft zu setzen, statt dessen meint, sich nach Art eines filmischen Entwicklungsromans aufführen zu müssen. (6)

Das Leben des Brian [Life of Brian(1979)
Die Mutter aller Blasphemie-Klassiker, eine treffsicher respektlose Verulkung von Religion, Politik und religiösem Monumental-Epos auf bewährte Monty Python-Art. Unübertroffen! (9)

Dogma (1999)
Habe ich den als Jugendlicher vergöttert (gnihihi)! Schlägt naturgemäß in eine ähnliche Kerbe, angereichert um Kevin Smith-Manierismen noch und nöcher. Was ich seinerzeit himmelschreiend komisch fand! Und deswegen und wegen der durchgängig christliche Fantasy auf den Arm nehmenden, sie bis zu einem gewissen Maße andererseits verklärenden Gag-Parade fröhlich abgefeiert habe. Diese wohligen Jugend-Erinnerungen haben das Wiedersehen nicht schadlos überstanden, was vor allen Dingen an Smith recht überschaubaren Art der Inszenierung zu verorten ist, unterdessen das spielfreudige Ensemble auch heute noch die ganze Zeit über die gute Laune aufrecht hält. (7)

Joker (2019)

Top Gun (1986)
Ein weiteres Kuriosum der 80er, das wahrscheinlich homoerotischste Anwerbungs-Video der Welt (oder in Tarantinos treffsicheren Worten: ein schwuler Fantasyfilm), ein mit allerlei ins Nichts laufenden Pseudo-Dramen aufgepolsterter Luftikus, ein inhaltliches Vakuum unter Tony Scotts chic abgelichteten Lobgesang auf die kernige Männlichkeit, die feschen, großspurigen Draufgänger der US-Luftwaffe, die sich unablässig an sich selbst aufgeilen. Dass er inhaltlich und ironischerweise zuvorderst in den brachialen Flugszenen (die ich extrem unübersichtlich und chaotisch (was der Realität entsprechen mag), in der Folge alles andere als involvierend empfand) ausgerechnet seiner Parodie "Hot Shots" unterliegt, die allen Albernheiten zu Trotze wenigstens Plot-Elemente wie den Sabotage-Nebenstrang bot, ja sogar den Bromance-Cock-Contest besser hinbekommen hat, macht vielleicht die Substanzlosigkeit der Chose ersichtlich. Im Besonderen das Problem des Krieges bzw. der Feindes-Darstellung bemüht er sich putzig holprig zu umschiffen. Um fair zu bleiben: was blieb ihm anderes übrig, ohne sich in eine prekäre Zwickmühle zu befördern? Der Verlust eines unzweifelhaft zwingend zu unterwerfenden Feindes geht umstandslos einher mit einem zügigen Verlust an Sinngehalt für die Rolle des Soldaten, der, so eine hammergeile Sau er auch sein mag, ohne zu überkommenen Feind kopfüber an Bedeutung verliert. Also bleibt "Top Gun" vage was das Wer, Wie und Warum der Kampfhandlungen anbelangt, gegen wen, aus welchen Gründen und vor allem mit welcher Berechtigung hier gekämpft wird, damit die affengeile Testosteron-Propaganda-Show nicht in die Verlegenheit kommt, zugeben zu müssen, dass es hier realiter um gar nichts geht, eine affengeile Sau von Pilot ohne eindimensionalen Konflikt seine Geilheit gar nicht erst auszuspielen vermag, in der Konsequenz zu einer ihres Raison d’Être völlig beraubten Tötungsmaschine verkommt. Und da bleibt einfach nicht mehr viel übrig, außer die eigene Sinnlosigkeit des Seins zu zelebrieren. Zu dieser Erkenntnis ist "Top Gun" sehr zu seinem Pech nicht fähig. (4)

Der Leuchtturm [The Lighthouse(2019)
Wahnsinn und das unbändige Meer zum Ersten: Chapeau! zu Robert Eggers bedingungslosen formellen Stilwillen, die seiner Seemansmär eine nicht zu verachtende wiedererkennbare Eigenständigkeit verleiht. Ansonsten spult er die aus "VVitch" bewährte Masche ab: während er sich drüben beflissen am Schatz von Neuenglands Hexen-Schreckgeschichten bediente und diese ohne allzu tiefgreifende Reflexion bebilderte, schöpft er  hüben aus einem Quellenhort reich an allerlei Seemannsgarn, dass er zu einem Geflecht von Abgeschiedenheit, Wahnsinn und rachsüchtigen Meeresgewalten spinnt, nach allen Regeln der Kunst ausgeschmückt mit sexuellen und psychologischen Facetten. Was am Ende im Gedächtnis bleibt, sind zwei sich den Teufel von der Seele spielende Akteure und ein gnadenloser Abwärtsstrudel in den gischt-geschwängerten Wahnsinn - oder man drückt es in den entwaffnend lapidaren Worten meiner besseren Hälfte aus: da werden halt ein bis zwei Männer wahnsinnig! Na und? Trifft es irgendwo genauso gut. (7,5)

Dagon (2001)
Wahnsinn und das unbändige Meer zum Zweiten: einer der dünngesäten geglückten Versuche, Lovecraft'scher Vesania Herr zu werden und wie es nicht anders hätte sein können zeichnete sich der zu meinem Bedauern kürzlich verstorbene Stuart Gordon (R.I.P) hierfür verantwortlich. Die größten Mängel ergeben sich aus den budgetbedingten Grenzen, denen sich das Projekt gegenüber sah, was sich am ehesten an den missratenen CGI-Effekten zeigt, deren Einsatz sich zum Glück in Grenzen hält. Denn abgesehen davon ist Gordon eine überaus stimmige Umarbeitung von Lovecrafts "Shadow over Innsmouth" gelungen (des Autors Kurzgeschichte "Dagon" hat allenfalls am Rande mit seinem Film-Pendant zu tun): das abgeschiedene spanische Fischerdorf weiß er als Setting diesbezüglich wunderbar alptraumhaft in Szene zu setzen, wenn er grotesk gebeugt gehende, bizarre Geräusche von sich gebende, in kaschierendes Ölzeug gekleidete Gestalten zwischen den in sintflutartige Regenschwälle gehüllten gedrängten Gässchen herumhatschen lässt. Eine unheilvolle Stimmung kommt in diesen anfänglichen Minuten in erster Linie dadurch auf, dass man das Abscheuliche höchstens andeutungsweise wahrnimmt oder mitunter nur zu sehen glaubt, bis Gordon zur rechten Zeit den Hund (oder... Fisch...) von der Leine lässt, einen aufgebrachten Mob missgestalteter Mensch-Fisch-Hybriden über die Protagonisten hereinbrechen lässt und die Menschenjagd feuchtfröhlich eröffnet. Was es mit dem Dorf und seinen Bewohnern auf sich hat, von der fürchterlichen Transformation, ausgelöst durch den verhängnisvollen Pakt mit den unheilbringenden Göttern, denen sich die Dörfler willfährig unterworfen haben, erlangt der Zuschauer bloß indirekt Kenntnis, der allem zugrunde liegende Mythos verbleibt überwiegend Lovecraft-gerecht im Dunkeln. Alles in allem überzeugt Gordons "Dagon" namentlich im Bereich der Atmosphäre, die einen guten Eindruck davon gibt, was eine Lovecraft-Verfilmung sein kann und sein sollte. (7)

Wall Street (1987)
Ein stilbildender Klassiker der 80er-Jahre, unterlegt mit Oliver Stones unverkennbaren didaktischem Anspruch, seiner speziellen Sicht auf die Machenschaften an der Börse und auf die Menschen, die sich dafür verantwortlich zeichnen. Es obliegt Michael Douglas in der Rolle (die er übrigens bravourös ausfüllt) des zum skrupellosen Prima inter pares verabsolutierten Börsengurus, für den Profit alles bedeutet, derweil Menschenschicksale zur Nebensächlichkeit geraten, dem abgefeimtem Typus Börsenmakler ein Gesicht zu geben. Was Stone von seinesgleichen hält und für wen er Partei ergreift, liegt auf der Hand. Letzten Endes kann der Filmemacher trotz und allem nicht umhin, eine gewisse Faszination, um nicht zu sagen heimliche Bewunderung für den Charakter Gordon Geckos zu hegen. Umso überzeugender fällt Charlie Sheens Entwicklung vom naiven Anfänger zum hörigen Schüler Geckos aus, der dessen diabolischen Energie und Überzeugungskraft und den süßen Verheißungen eines luxuriösen Glamour-Lebens, das einem jeden materialistischen Wunsch zu erfüllen verspricht, erliegt. Die Kunst von Stones Herangehensweise ist, dass er weder zu subtil, noch zu plakativ arbeitet, seine Meinung in der Sache unmissverständlich vertritt, den Verlockungen des Widersachers dahingegen nicht blind gegenübersteht. Einer von vielen Gründen, weshalb "Wall Street" bis heute einer der besten Beiträge zum Thema Börse ist. (8)

9 1/2 Wochen [Nine 1/2 Weeks(1986)
Auf zum nächsten Kultstück der 80er. Ich muss gestehen, "Nine 1/2 Weeks" ist einer dieser Kandidaten, die tatsächlich erst im Nachhinein ihre Wirkung entfalten und die Gehirnwindungen durchaus in Bewegung zu versetzen in der Lage sind. Unmittelbar nach der Sichtung empfand ich Adrian Lynes Erotik-Drama zunächst einmal als dröge Schlaftablette in der nichts Aufsehenerregendes passiert. Die zahmen erotischen Spielchen locken niemand hinter dem Ofen hervor, die stylische Optik wirkt auf den ersten Blick durchgehend unterkühlt und sinnentleert, die Charaktere erwecken wenig bis gar kein Interesse, wenn Kim Basinger Mickey Rourke schlussendlich eröffnet, dass seine emotionale Öffnung zu spät erfolge, deckt sich das mit meiner Einschätzung der Figuren: bewegendes bekennen sie zu spät. Gleichzeitig muss ich einräumen, dass "Nine 1/2 Weeks" ohne Frage die visuelle Apotheose, das Epitom des mondänen 80er-/90er-Erotik-Thrillers darstellt, zwei äußerst attraktive Schauspieler in fiebriger Fotografie einfängt und nicht zuletzt anerkennenswert eine dysfunktionale Liebesbeziehung, ein Sinnbild 80er-Jahre Machismos und Fetischisierung von Hochglanz-Banalitäten, in Szene zu setzen weiß. Die Wahrheit liegt irgendwo zwischen zwei Antipoden: geleckte Bild-Arrangements, die gleichermaßen hohl und bedeutsam zu sein scheinen, schwach konturierte Charaktere, lähmende Trägheit und Taubheit, was beides selbst zur Sprachmelodie gerinnt, Trivialität und Bedeutsamkeit im Kampf und doch im Verein. Eventuell ohne es sein zu wollen, gerät "Nine 1/2 Weeks" zu einem beachtenswerten Zwitterwesen, in seiner Ausdrucksweise "La Dolce Vita" (s.o.) nicht unähnlich: einerseits findet es sich als Produkt des 80er-Jahre-Kinos selbst dem superfiziellen Fetisch verbunden, zelebriert ihn gewissermaßen lustvoll und schwelgerisch. Andererseits unterläuft er dessen oberflächliche Attraktivität, legt deren schmerzliche Leere und Unterdrückung von Emotionen bestürzend deutlich bloß. Und wäre er nicht Mitglied des Clubs, wäre ihm diese Selbsterkenntnis unter Umständen gar nicht möglich gewesen. (6)

Monsieur Claude 2 [Qu'est-ce qu'on a encore fait au bon Dieu?(2019)
Uff, ganz dünnes Eis. In meiner Verwandtschaft gibt es eine Reihe an Leuten der älteren Generationen, die sich bei dem scheckiglachen, alldieweil ich daneben sitze und mich frage, was ich gerade verpasse. Nach wie vor möchte ich nicht so sehr auf dem Rassismus-Aspekt rumreiten, der unzweifelhaft vorhanden ist. "Qu'est-ce qu'on a encore fait au bon Dieu?" bietet im Wesentlichen mehr vom selben, ist, je nachdem, wen man fragt, etwas besser oder weist Sequel-Ermüdungserscheinung auf. Für mich bleiben die Mängel des Erstlings bestehen. Drum: siehe dort. (5)

Monsieur Claude und seine Töchter [Qu'est-ce qu'on a fait au Bon Dieu?(2014)








































25 - 6,9 (172,0)

2 Kommentare:

Flo Lieb hat gesagt…

La dolce vita ist mein Lieblings-Fellini.

Und Flashdance mochte ich auch. Für mich wird die Fleischbeschauung ein wenig entschwächt durch die Tatsache, dass die Hauptfigur als Schweißerin arbeitet, sich also in einem primär männlichen Gewerbe behauptet. Die Liaison mit dem Boss, der ihr das Vortanzen organisiert braucht es nicht unbedingt, aber Beals' Charme und der Soundtrack haben für mich den Film größtenteils getragen.

Okami Itto hat gesagt…

Stimmt, die zwei Dinge, die den "Flashdance" in der Tat tragen. Wäre zu einer anderen Zeit garantiert ein Guilty Pleasure-Kandidat für mich gewesen. :)